Die Rache Der Nibelungen
Krone, und die Prinzessin senkte demütig ihr Haupt. Als das Gold ihre Stirn berührte und die Haare sanfte drückte, brandete noch mehr Jubel auf.
»So grüßt ab heute nicht mehr die Prinzessin, sondern die Königin Xandria!«, vollendete Alban das Ritual.
Königin Xandria.
Es war gekommen wie in der Prophezeiung.
Erst Waise.
Dann Königin.
Xandria winkte den Untertanen, die nun ihre Untertanen waren, und als sie ihren Blick über die Menge schweifen ließ, sah sie Siegfried, der mit einigen Getreuen zu Pferde durch das Burgtor geritten kam.
Sie winkte ihm zu.
Mit vielen Fragen im Herzen war Siegfried zur Xantener Burg geritten, das Dokument von Xandria als Passierschein in der Hand. Doch als er den Hof des Feindes erreicht hatte, fand er die meisten bereits beantwortet.
Er kam gerade recht, um die neue Königin Xantens auf dem Balkon zu sehen, wie sie die Huldigungen ihrer Untertanen entgegennahm, dabei so gnädig wie entschlossen lächelnd.
Xandria war Königin.
Und er, der ihr Herz erobert hatte, war nun in der Lage, den Krieg zu beenden. So hatte Brunhilde es nicht nur prophezeit – so hatte sie es versprochen. Die Liebe, der Krieg, der Thron, alles fand seinen geordneten Platz, und bald würde das Leid diesseits und jenseits der Grenzen vorbei sein. Vor seinem inneren Auge konnte Siegfried von der Freiheit Islands erstmals nicht nur träumen – er konnte sie sehen, wie ein Land am Horizont.
Mehr als eine Stunde musste er warten, während die neue Königin dem Volk versprach, als Herrscherin auch Dienerin zu sein. Die schweren Mauern dröhnten förmlich von der Begeisterung der Xantener, und es erfrischte Siegfrieds Herz, das Land seiner Vorfahren wieder glücklich zu sehen, im strengen Kontrast zum mondbeleuchteten Ritt der letzten Nacht.
Schließlich kam Xandria zu ihm und befahl allen Ratgebern, den Thronsaal zu verlassen. Als angemessene Geste schickte Siegfried auch seine Begleiter davon.
So standen sie voreinander, Königin und Prinz – die Herrscherin von Xanten und sein rechtmäßiger Erbe.
Siegfried ging auf die Knie. »Meine Königin.«
Die Art, wie er das Wort »Königin« sprach, respektvoll und besitzergreifend zugleich, ließ Xandria wohlig erschauern, doch sie gab sich keine Blöße. »Siegfried, Sohn von Siegfried, Erbe von Island.«
Es war ein Misston, der Siegfried nicht gefallen konnte. Xandria nannte seinen Anspruch auf Island, Xanten jedoch blieb unerwähnt.
Er richtete sich auf. »Es gibt so vieles, zu dem es zu gratulieren gilt. Respekt verbietet mir, den Tod Wulfgars zu preisen, doch die neue Zeit für Xanten, unter einer gerechten und schönen Königin, macht mich glücklich. Nun kann Frieden sein.«
Alles zog Siegfried zu Xandria hin. Er wollte sie in die Arme schließen, ihr Herz an seinem pochen spüren, und von ihren Lippen das Versprechen küssen, dass die Königin so sehr sein war wie die Prinzessin der Nacht zuvor. Doch etwas riet ihm, Zurückhaltung zu wahren.
Xandria sah ihn an, und ihr Blick hatte etwas seltsam Entferntes, als müsse sie den Prinzen neu abschätzen. »Du magst den Tod meines Vaters nicht preisen wollen – doch meine Abwesenheit in der Burg letzte Nacht kam deinen Plänen sehr gelegen.«
Siegfried verstand nicht. »Was hat unsere letzte Nacht mit dem Tod des Königs zu tun?«
»Vielleicht nichts, vielleicht alles«, sagte Xandria. »Doch fragen werde ich dürfen, ob es Schicksal war, dass Euer Meuchelmörder in der Stunde kam, da Ihr mein Herz zu binden trachtet.«
Der Ton war jetzt formell geworden, und sie sprach ihn wieder an wie einen Fremden. Jede Freude entglitt Siegfried, jede Hoffnung auf ein Wiedersehen in reinem Glück. »Mein ... Meuchelmörder? Königin, wenn Ihr auch nur eine Sekunde glaubt, es wäre meine Niedertracht, die ...«
»Es braucht den Glauben nicht«, unterbrach Xandria, »wo es den Beweis gibt.«
Siegfrieds Magen zog sich schmerzhaft zusammen, und in seinem Kopf drängte ein Gedanke an die Oberfläche, der zu entsetzlich war, um ausgesprochen zu werden. »Zeigt mir den Beweis – und ich werde ihn Euch widerlegen.«
Steif und mit zwei Schritten Abstand geleitete Xandria Siegfried in den Kerker, wo an die zehn Mann die schwer verriegelte Tür sicherten, hinter der der Königsmörder ruhig und gefasst auf seine Bestrafung wartete.
Siegfried blickte durch die eisernen Stäbe. Nun war der entsetzliche Gedanke nicht mehr aus seinem Kopf zu verbannen – im Anblick seines Freundes Nazreh wurde der böse Traum
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