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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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Burgund fortgenommen, um dem Blut endlich abzuschwören? Haben wir ihn nicht ohne Worte wie Schicksal und Geburtsrecht aufgezogen? Vielleicht ist es längst keine Sache des Blutes mehr. Vielleicht ist es eine Sache des Vertrauens. Wir sollten Sigurd mehr vertrauen.«
    Elsa wählte ihre Worte mit Bedacht. »Und vielleicht sollten wir ihm endlich die Wahrheit sagen.«
    Im Licht der Fackeln, die an beiden Seiten neben dem Bett an den Wänden hingen, sah Gernot seine Frau an. »Bist du dir klar, was du da sagst? Die Wahrheit würde diese Familie zerreißen. Sigurd wäre nicht mehr unser Sohn, Lilja nicht mehr seine Schwester!«
    »Natürlich wäre er noch unser Sohn«, hielt Elsa dagegen. »Mehr noch als vorher, denn die Familie gründete sich nicht mehr auf einer Lüge!«
    Gernot schüttelte den Kopf. »Du irrst – und es schmerzt mich, das zu sagen. Mit der Wahrheit werden die Fragen kommen, und Sigurd wird nach Antworten dürsten. Bevor unsere Worte verklungen sind, sehe ich ihn schon auf dem Schiff gen Festland segeln. Er wird sein Erbe suchen, um zu ersetzen, was ihm die Wahrheit genommen hat.«
    Elsa ahnte, dass Gernot recht hatte. Aber sie fand es schwerer und schwerer, in Sigurds Augen zu sehen, die Siegfrieds Augen waren. Sie hatte nie gedacht, dass das Ehrenhafte so viel Schmerz in sich trug.
    Gernot drückte sie sanft an sich. »Ich glaube, du machst dir zu viele Gedanken. Ich hätte dir die Sache mit Wulfgar nicht erzählen sollen. Du wirst sehen – der Narr fällt bald vom Pferd und bricht sich das Genick. Dann vergessen wir Xanten und Burgund für weitere fünfzehn Jahre.«
    Elsa dachte daran, Gernot von ihren Albträumen zu erzählen, von dem Feuer und von Brunhilde. Aber was für einen Zweck konnte das schon haben? Es würde ihre Seele nicht erleichtern und Gernots Herz nur noch schwerer machen. Sie wusste, dass ihre Aufgabe als Königin nicht darin bestand, dem König Kummer zu bereiten.
    »Vergessen wir Xanten und Burgund – heute Nacht.«
    Ihre Lippen suchten seinen Hals, küssten seine Schulter. Mit langen Fingernägeln kratzte sie sanft über seinen Bauch. Es dauerte nicht lange, bis seine Lippen ihre fanden und seine Hand durch Elsas Haare strich.
    »Wie kann es sein, dass ich König bin – und du es bist, die mich regiert?«, fragte er leise.
    Elsa schob sich langsam über ihren Mann, und das Nachtkleid rutschte von ihren bleichen Schultern. »Wenn es dich danach drängt zu regieren – dann befiehl mir, was du willst.«
    Sie flüsterte die Worte mit wachsendem Hunger in sein Ohr, und es erregte sie, dass Gernots Körper sich unter ihr spannte. »Was immer du willst.«
    Seine Hände glitten über ihre kleinen Brüste, die Fingerspitzen fühlten ihre Schauer. »Weil ich dein König bin?«
    Elsa atmete schneller, und mit den Handflächen drückte sie ihn in das Laken. »Nein, weil du mein Leben bist.«
    Und sie liebten sich, als wäre es das erste Mal – und das letzte Mal zugleich.

    Eolind hatte nicht gut geschlafen, aber das war auch nicht wichtig. In seinem Alter kam der Körper mit weniger aus, sei es bei Tisch oder im Bett.
    Er warf sich ein Hemd über, band es mit einem Gürtel um die Taille und schnürte Stiefel an die Füße. Er verzichtete auf die wattierte Hose gegen die Kälte – wie die meisten Isländer hatte er sich mit dem Wetter arrangiert, und es fror ihn nicht so schnell wie das Königspaar.
    Er mochte diese Zeit, wenn keine Seele sich mehr rührte, wenn sowohl der Nachtvogel als auch der Morgenvogel schliefen. Man war dann mit seinen Gedanken allein – und mit Island. Weit im Osten nannte man diese Zeit »die Stunde des Wolfes«, hatte er einmal gehört.
    Eolind stieg die Stufen zum Turm hinauf, und er ächzte dabei wie der alte Mann, der er war. Den Stock hatte er in seiner Kammer gelassen. Solange seine Hand sich an etwas stützen konnte, ging es noch ganz gut. Aber schon die kleine Lilja zeigte ihm täglich aufs Neue, dass sie wohl die letzte Generation des Königshauses war, die er noch aufwachsen sehen würde.
    Selbst der Wind schien noch zu schlafen, und Eolind hatte einen klaren Blick auf das weite Meer.
    Er dachte nach. Gernots Erwähnung von Brunhilde hatte alte Erinnerungen geweckt. Erinnerungen, die er weggeschlossen und vergessen gewähnt hatte. Doch jetzt waren sie so klar wie die Morgenluft, und sie drängten sich störrisch in seine Gedanken.
    Eolind hatte Brunhilde vergöttert. Sie war eine wilde Prinzessin gewesen, widerspenstig und gierig nach Grenzen, die

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