Die Rache Der Nibelungen
gönnen.«
Elsa strich ihrem Mann mit der Hand über die kalte Wange. »Und was hoffst du damit zu erreichen? Der geprügelte Hund lernt keinen Respekt vor dem Herrn. Nimm Sigurd nicht den Stolz der eigenen Entscheidung.«
»Aber ich kann das nicht durchgehen lassen«, verkündete Gernot wütend, während er das Gewitterflackern am Horizont beobachtete. »Ich bin der König, er ist der Prinz. Sich mir zu unterwerfen sollte keine Schande sein.«
Elsa nutzte nun beide Hände, um das Gesicht ihres Mannes in ihre Richtung zu drehen. »Dann lass ihn sich unterwerfen – aus freien Stücken! Vielleicht dreht er bei, bevor er das Ziel seiner Reise sieht. Vielleicht wird er erkennen, dass die viel gelobte Freiheit nur ein flüchtiger Traum ist, welcher der Heimat kaum ebenbürtig sein kann. Und dann wird er mit Freuden heimkehren und nicht in Unmut.«
»Unser Sohn müsste all deine Güte und Weisheit geerbt haben, um so zu handeln«, sagte Gernot und küsste seiner Frau die Stirn. »Ich fürchte jedoch, es treibt ihn gerade das Xantener Blut voran.«
Der König atmete tief durch und wandte sich an seinen Ratgeber. »Eolind, ich folge dem Rat meiner Frau. Doch sende einen Boten an den Hof Dagfinns. Wenn jemand dem isländischen Prinzen begegnet, so ist er zu behandeln wie ein Mann aus dem Volke. Keine Privilegien. Sigurd wollte das einfache Leben – er soll es haben.«
Eolind nickte und ließ das Königspaar allein. Elsa sah Gernot dankbar an. »Sigurd wird es dir mit Liebe danken, wenn er zurückkehrt.«
»Mir würde Gehorsam schon reichen«, murmelte Gernot und zog seine Frau an sich.
2
Aus dem Jungen den Mann, aus dem Mann den Krieger ...
D ie Überfahrt hatte dank der günstigen Winde kaum vier Tage gedauert, und die Nacht brach schon herein, als das Schiff in Fjällhaven, dem kleinen dänischen Provinzhafen, einlief.
Sigurd und Gelen halfen dabei, die für Dänemark gedachten Waren mit auszuladen. Jon, der schon einmal hier gewesen war und dessen Knochen harte Arbeit kaum zuzumuten war, machte sich auf den Weg, um eine Unterkunft für die Nacht aufzutun.
Sack um Sack, Kiste um Kiste luden sie auf den breiten Holzsteg, an dem das Schiff vertäut war. Crassus, der Kapitän des Schiffes, kam zu ihnen. Er war ein dunkelhäutiger römischer Bürger, dessen Männer erzählten, er habe sich als Sklave die Freiheit mit dem Schwert verdient. »Prinz Sigurd, es wäre mir lieber, wenn Ihr Euch an meiner Ladung nicht plagt. Euer Vater ...«
Sigurd winkte gut gelaunt ab. »Ihr habt mir einen großen Dienst erwiesen, und den will ich jenseits barer Münze abarbeiten. Außerdem wärmt es die Muskeln, die nach Tagen auf See doch ein wenig steif und kalt waren.«
Crassus lachte. »Dann solltet Ihr mal eine Reise an den Kontinenten vorbei mit uns machen. Mitunter sehen wir für Monate kein Land. Man meint, den eigenen Körper verwelken zu spüren, wenn man nicht gerade das Ruder in der Hand hat.«
»Es ist nicht so, dass eine weite Reise mich nicht reizen würde«, nickte Sigurd freundlich.
»Dann sprecht mit Eurem Vater – ich bin sicher, er wird ...«
Sigurd hob die Hand. »Es wäre mir sehr recht, wenn Ihr mich fortan nicht mehr als meines Vaters Sohn bezeichnet. Wir möchten die Zeit in Dänemark ohne großes Aufsehen erleben.«
Crassus runzelte die Stirn. »Wie Ihr wünscht. Aber sobald der Name Sigurd von Island fällt, wird jeder Wirt und Schmied ...«
»Dann werde ich den Namen nicht mehr führen«, entschied Sigurd spontan. »Wie hört sich ein einfaches Sig für dänische Ohren an?«
»Nach einem ebenso einfachen Mann«, versicherte Crassus.
Sigurd strahlte. »Dann also Sig.« Er drehte sich zu Gelen. »Hast du gehört, alter Freund? Ich bin ein einfacher Mann! Von nun an wirst du mich Sig nennen.«
Gelen japste, während er eine Kiste kratzend über die Bohlen des Stegs schob. »Ein einfacher Mann hat mir gar nichts zu sagen.«
Crassus hielt Sigurd den starken Arm zum Abschied hin, und der Prinz ergriff ihn mit beiden Händen. »So wünsche ich dem Sig eine gute Zeit auf dem Boden des Kontinents. Fjällhaven ist weder Burg noch Kloster – was Euer Herz sich wünschen kann, das lässt sich hier für Münze kaufen.«
Sigurd lächelte. »Ich kann mir sehr vieles wünschen.«
Crassus zog den jungen Heißsporn etwas an sich heran. »Dann einen letzten guten Rat, Hoheit – klingelt nicht zu laut mit Eurer Börse. Die schweren Münzen solltet Ihr gut versteckt halten. Mit Freunden seid Ihr hergereist –
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