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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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Sigurd hingegen zwang sich, die Wut zu zähmen und den Menschen ihre Dummheit zu verzeihen. Mochten sie doch Hagens Namen aussprechen, ohne dabei zu würgen. Die Missachtung Gernots jedoch, den er als seinen Vater ansah, traf ihn tief.
    Eolind hatte Sigurd erzählt, dass sein Vater um den Respekt Burgunds gekämpft hatte, um die Liebe seiner Prinzessin. Er hatte das Volk vom Joch des Drachen befreit und reich mit Gold beschenkt. So wie Island und Xanten das Erbrecht Sigurds war, so war es Burgund allemal, denn seine leibliche Mutter hatte ihm ihr Blut genauso gegeben wie sein Vater.
    Doch an diesem Abend in der Taverne, während der Schnee von scharfem Wind durch die Gassen von Worms getrieben wurde, verzichtete Sigurd in einem stillen Schwur auf das verlorene Reich. Burgund war der Traum Siegfrieds gewesen – und sein Tod. Es hatte ihn nicht verdient, und die Freiheit ebenso wenig.
    Burgund, das Reich der Mutter, war ihm gleich.
    Xanten, das Reich des Vaters, war sein Ziel.
    Was zählte, war die Befreiung Islands.
    Und der Tod Wulfgars.

    Die Ratten waren leise gestorben, ohne großes Aufheben. Hatten sich hingelegt, noch ein wenig in der Luft geschnüffelt, dann waren sie tot gewesen.
    Doch Wulfgar war keine Ratte, und anscheinend hatte er keine Absicht, wie eine zu sterben.
    Er schrie.
    Er grölte.
    Er warf sich hin und her.
    Es hatte drei Stunden gedauert, bis das Gift erste Wirkung gezeigt hatte, und noch einmal zwei Stunden, bis der König merkte, dass seine Schmerzen nicht der Völlerei zuzuschreiben waren. Xandria hatte sich aus dem Festsaal gestohlen, war aber in der Nähe geblieben. Der Diener, der sie vom Unwohlsein des Königs unterrichten sollte, fand sie schnell und musste wenig Worte machen.
    Als sie den Saal betrat, fand die Prinzessin eine seltsam unwirkliche Szenerie vor. Die Männer, die eben noch gefeiert hatten, standen ernüchtert in einem großen Kreis, in dessen Mitte sich der König auf dem Tisch wälzte. Drei seiner engsten Ratgeber versuchten ihn festzuhalten, aber im Schmerz trat und schlug Wulfgar um sich. Immer wieder griffen seine Hände den beträchtlichen Bauch, rissen am Stoff seines Hemdes und kratzten mit dreckigen Nägeln rote Striemen in die Haut.
    Niemand sprach ein Wort. Alle sahen zu, als ginge es um ein verendendes Pferd. In keinem Gesicht war Sorge zu lesen oder gar Mitleid. Eine Mischung aus unsicherer Ablehnung und verschämter Neugier hatte die Männer ergriffen.
    Hede tauchte neben Xandria auf. »Wir sollten nicht hier sein, meine Herrin.«
    Die Prinzessin schüttelte unmerklich den Kopf, während sie flüsterte: »Wo sonst sollten wir sein?«
    So hatte sie sich den Tod ihres Vaters nicht vorgestellt. Was war geschehen? Hatte sie die Wirkung des Giftes überschätzt, oder steckte in Wulfgar mehr Kraft, als man dachte? Waren Ratten für die Experimente ungeeignet gewesen? Vielleicht hatten die Gewürze des Fleisches einen Teil der tödlichen Beimischung unwirksam gemacht.
    Wulfgar schrie wieder, und Xandria war sicher, noch keinen Mann so schreien gehört zu haben. Wie lästige Fliegen schubste der König seine Leute fort, rappelte sich auf, kroch ein wenig über den Langtisch und hieb mit den Fäusten auf das Holz, um den Schmerz zu dämmen.
    Xandria war schlecht. Vor ihren Augen flimmerte es, und sie fürchtete, ohnmächtig zu werden. Das wäre auch bei Hofe sicher mit Respekt gesehen worden – welcher Tochter konnte man verdenken, beim Anblick des leidenden Vaters dahinzusinken? Doch die Prinzessin taumelte nicht aus Furcht um Wulfgars Leben, sondern aus Furcht um das eigene. Er konnte, nein, er
durfte
nicht überleben! Hätten die Krämpfe ihn doch nur im eigenen Gemach überfallen – allein im Raum hätte sie ihm ein Tuch in den Mund stopfen können, auf dass er daran erstickt wäre ...
    Nun rutschte der König vom Tisch, hielt sich mühsam aufrecht, den Oberkörper immer wieder im Schmerz hin und her werfend. Er sah die teilnahmslosen Gesichter seiner Männer, und Wut mischte sich in seine Grimasse. Ein, zwei mühsame Schritte stapfte er auf Henk, seinen Schatzmeister zu, während er sich mit der Faust selbst in die Magengrube schlug. Essensreste flogen aus seinem speichelnden Mund, als er schrie: »Tritt mich!
Tritt mich!
«
    Niemand fiel es ein, dem Herrscher Folge zu leisten – schon die Absicht galt als strafbar.
    Xandria hörte Hede leise neben sich beten, und sie wusste nicht, warum oder wofür.
    »Tritt mich!«
, schrie Wulfgar wieder, diesmal die Hand am

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