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Die Rache Der Wache

Titel: Die Rache Der Wache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Bewußtsein, daß alles an dieser Frau unheimlich war.
    Sie lächelte ihn an mit weißen Zähnen hinter leicht geöffneten Lippen, einem Blitzen in den dunklen Augen und einer Miene, die verriet, daß ihr gefiel, was sie sah. Und alles an ihm, was er so sorgsam pflegte, seine angenehme Erscheinung, so anders als die der meisten, seine Begabung, seine, obgleich etwas abgetragene, vornehme Kleidung — all das brachte ihn in Gefahr, zeichnete ihn, hob ihn von den andern ab. Und was wohl am meisten zählte: Sie wußte, daß er sich ihr widersetzte.
    Da ging sie weiter, durch die Tür, die Mradhon Vis für sie aufhielt. Mit einem Luftzug und einem plötzlichen Krachen der Tür war sie verschwunden. Cappen brauchte einen Schluck, aber seine Hand scheute vor dem Becher zurück, den sie gerade erst abgesetzt hatte, dem Metall, das ihre Lippen berührt hatten, und dem Wein, den sie gekostet hatte. Er schob die Bank zurück, und sie scharrte laut, über den Lärm der anderen Gäste hinweg zu hören, über den Boden. Zögernd blickte er auf die Tür neben sich, zauderte, in die einbrechende Dunkelheit zu treten.
    Aber da waren Mradhon Vis und der tote Sjekso, so ganz ohne äußere Todesursache; und Hanse, der verschwunden war, auf der Jagd nach Mradhon Vis, wie alle im Labyrinth annahmen ...
    Hanse hatte sich da in etwas hineingeritten, das vermutlich sein Tod war. Doch was das Cappen Varra anging, war Cappen selbst nicht klar. Nur, er hatte in letzter Zeit oft mit Hanse im Einhorn zusammengesessen, mit dem kleinen und seit kurzem erfolgreichen Dieb und Grobian, der — fast pathologisch — vornehm werden wollte; der fast alles, was in seine Hände kam, für feine Sachen ausgab; einen Umhang — ihr Götter! Dieser Umhang! Cappens edle Seele schauderte. Doch zumindest lebte in Hanse, im Gegensatz zu all den anderen Gaunern im Labyrinth, die Sehnsucht nach Höherem, Besserem.
    Sein Gewerbe hatte Hanse gezeichnet ... Aber was war mit ihm selbst? Cappen blieb stehen und starrte vor sich hin. Es war jedenfalls sicherer, den Dingen entgegenzugehen, als sie von hinten auf sich zukommen zu lassen — später und unerwartet. Leise öffnete er die Tür. Mit der Hand um den Degengriff betrat er die hintere Gasse. Er erinnerte sich, daß Sjekso gestern das Einhorn durch dieselbe Tür verlassen hatte. Dunkelheit erwartete ihn zwischen dem Durcheinander von alten Fässern und Flaschen. Die Frau in Schwarz war verschwunden und Vis mit ihr; in welche Richtung wußte Cappen nicht.
    Seine Geduld wurde belohnt. Vis, bei den Göttern, und diese Ischade, zusammen. Hanse kauerte sich tiefer in die Schatten der Gasse. Eisige Schauder rannen über seinen Rücken, seine Finger strichen über den glatten Griff seines linken Stiefelmessers. Das brachte ihm die eigene Rache in Reichweite. Yorl wollte die Frau, und wenn Yorl mit ihr abrechnete, gehörte Vis dazu. Hanse bemühte sich, regelmäßiger zu atmen und beruhigte sich mit wilden Wunschgedanken: zunächst einmal die Beendigung dieser Yorl-Sache, und dann, daß Yorl sich Vis vornahm, damit die Straßen wieder sicherer wurden für Hanse Nachtschatten. Beschatte sie, hatte Yorl ihm aufgetragen, und das würde er tun, aber er wäre glücklich, wenn sie sich für die Nacht zurückzögen ...
    Sie bogen jedoch nicht in die Richtung des Hauses ab, das er beobachtet hatte, sondern in die entgegengesetzte Richtung zum unteren Teil der Serpentine. Fluchend verließ Hanse sein gutes Versteck und folgte ihnen vorsichtig durch den Unrat der Gasse und hinaus auf den breiteren Weg. Der Mond war noch nicht aufgegangen, so kam das einzige Licht aus der Stadt selbst: ein schwaches Glimmen in einem Nebelstreifen, der sich dem Hafen entgegenneigte und mit dem Himmel verschmolz. Es versprach wieder eine Nacht zu werden, in der das Licht sich durch milchige Schleier kämpfen mußte: eine Nacht für Diebe und Schlimmeres.
    Das Paar ging die Serpentine entlang, unerschrocken wie Hafenhuren. Aber im Labyrinth war man vor allem des Nachts so manches gewohnt: Masken, Vermummungen, vornehme Gewänder in leuchtenden Farben, denen man in der Dunkelheit nicht ansah, wie fadenscheinig und abgetragen sie waren. Doch dieses Paar fiel gerade durch seine Unauffälligkeit auf. Die Frau in ihrem schwarzen Kapuzenumhang mochte man für einen Priester halten und den Mann für einen etwas ungewöhnlichen Tempelwächter.
    Hanse folgte ihnen beharrlich; darin war er recht geschickt. Das erklärte zumindest, was Hanse vorhatte, und

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