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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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angekommen, sah er, dass der Vorhang, den er aufgespannt hatte, vom Sturm weggerissen worden war. Die Zeit, ihn zu suchen, konnte er sich nicht nehmen. Rasch lud er die Sachen auf, die noch im Freien standen, zurrte alles fest und holte seinen Gaul, um ihn einzuspannen.
    Das Pferd sah älter aus, als es war, und wirkte so knochig und dürr, als könnte es jeden Augenblick zusammenbrechen. Vieles davon war jedoch Täuschung. Nepomuk hatte lange suchen müssen, um diesen Gaul zu finden. Waren die Pferde zu gut, nahmen die Soldaten sie dem fahrenden Volk ab und verwendeten sie für den Tross. Also musste ein gutes Pferd aussehen wie ein schlechtes.
    Der Zwerg grinste, als er daran dachte. Zwar fühlte er sich nicht zum Helden berufen, doch ein schlauer Kopf auf den Schultern war häufig mehr wert als ein starker Schwertarm. Vielleicht konnte er Marie noch einmal auf seine Weise helfen. Zufrieden mit sich trieb er das Tier an und kutschierte seinen Wagen zum Lagereingang. Die Wachen dort sahen ihn kommen und lachten verwundert.
    »Was ist denn in dich gefahren, Nepomuk? Es ist noch nicht einmal Mitternacht. Willst du bei diesem Unwetter in die Dunkelheit hineinfahren?«, fragte ihr Anführer.
    »Ihr könntet mir eine Fackel geben, damit ich etwas sehen kann. Ja, ich muss weg, Freunde. Da der König nicht kommt, ist meine Kunst hier nicht vonnöten«, gab Nepomuk grinsend zurück.
    Während einer der Wachtposten ihm eine Fackel reichte, winkte ein anderer ab. »Dir geht es weniger um den König als um den Sold, den er uns seit Monaten schuldig geblieben ist. Solange wir kein Geld haben, können wir dir auch keines für deine Kunststücke geben.«
    »Aber zu den Huren gehen könnt ihr!«, antwortete Nepomuk und wies auf die Männer, die immer noch vor deren Zelten anstanden.
    Nun lachten die Wachtposten schallend. »Du kennst doch den Spruch: Weib, Wein und Gesang. Wenn man zu wenig Geld hat, ist dein Gesang als Erstes überflüssig, und wir beschränken uns halt auf Weib und Wein.«
    »Wenn wir wenigstens Wein hätten«, stöhnte ein anderer. »Aber der Nachschub stockt schon wieder! Ich kann Nepomuk verstehen, dass er sich einen Platz suchen will, an dem es wenigstens etwas Gutes zu trinken gibt.«
    »Ich wünsche euch auf alle Fälle, dass bald Nachschub und damit auch neuer Wein kommt und euer Sold ausgezahlt wird. Dann bin ich auch wieder da!«
    Nepomuk winkte den Männern noch einmal zu und klatschte der mageren Mähre die Zügel auf den Rücken. Gehorsam zog das Tier an, und das Feldlager blieb rasch hinter ihm zurück.
    Bereits beim nächsten Kreuzweg bog Nepomuk ab und fuhr auf einem schmalen, unebenen Weg in die Richtung, in der er Marie zurückgelassen hatte. Obwohl er ein gutes Orientierungsvermögen hatte, brauchte er eine Weile, bis er die Stelle fand, und atmete erleichtert auf, als der Lichtschein einer Fackel auf ihn zukam und er Marie erkannte. Er hatte bereits befürchtet, sich bei dem unheimlichen Licht der Blitze verfahren zu haben.
    »Da bin ich«, sagte er überflüssigerweise.
    Marie lächelte wie befreit. »Ich war schon in Sorge, du würdest mich verfehlen.«
    »Ich bin keiner von diesen königlichen Fuhrleuten, die ohne einen Führer nicht einmal das große Lager finden«, gab Nepomuk grinsend zurück. Dann stieg er ab, band die Zügel an einen Baumstamm und zuckte bei einem besonders lauten Donnerschlag zusammen.
    »Da hat es ganz in der Nähe eingeschlagen!«
    So ganz war ihm das Toben der Natur nicht geheuer. Er sah aber ein, dass das Unwetter ihr Glück war, denn es würde ihnen einen guten Vorsprung verschaffen. Sowie man die beiden Ritter vermisste, würde Ruppertus Splendidus sich auf ihre Spur setzen und nicht eher aufgeben, bis er entweder sein Ziel erreicht hatte oder tot war.
    »Hilf mir, die beiden Kerle in den Wagen zu legen«, forderte er Marie auf.
    Sie steckte die Fackel so in den Boden, dass er die Toten sehen konnte. »Ich habe sie schon neben den Weg geschleift, damit es schneller geht.«
    Nepomuk nickte anerkennend. »Du bist eine kluge Frau! Wenn ich jemals heiraten sollte, muss mein Weib so sein wie du.«
    Dabei dachte er, dass er nach einer solchen Frau wohl über das Jüngste Gericht hinaus würde suchen müssen.
    Gemeinsam hoben sie Loosen auf und steckten ihn in den Wagen. Ihm folgte Haidhausen, dann nahmen sie auf dem Bock Platz, und Nepomuk lenkte seinen Wagen ostwärts in den beginnenden Wolkenbruch hinein.
    Sie fuhren die ganze Nacht hindurch und gönnten dem Pferd

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