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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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kein Schmuckstück enthalten.
    »Mach es auf!«, forderte Hiltrud sie auf.
    Zögernd gehorchte Marie und hielt wenige Augenblicke später ein Gewebe in der Hand, das so dünn war wie Spinnweben und so durchscheinend, dass sie die Linien ihrer Hand dahinter erkennen konnte.
    »Wofür soll das sein?«, fragte sie verblüfft.
    Michel wand sich ein wenig. »Das ist ein hauchzarter Seidenstoff und bei den Damen an Sigismunds Hof die ganz große Mode.«
    »So laufen die herum? Da sehen sie ja ganz nackt aus«, rief Hiltrud erstaunt.
    »Nein, der Stoff ist für Hemden gedacht. Darüber tragen sie natürlich ganz normale Kleider«, versicherte ihr Michel.
    Marie sah zuerst das Tuch an und dann ihn. »Hast du eine der Damen ausgezogen, weil du weißt, dass sie solche Hemden tragen?« Ein Hauch von Eifersucht färbte ihre Stimme und brachte Michel dazu, heftig den Kopf zu schütteln.
    »Natürlich nicht! Der Tuchhändler, bei dem ich war, hat es mir erzählt.«
    »Das soll ich dir glauben?«
    Ihren Worten zum Trotz lächelte Marie. Sie kannte Michel gut genug, um zu wissen, dass er nicht log. Sein Unbehagen bezog sich darauf, ob sie dieses Geschenk auch mögen würde. Für einen Augenblick stellte sie sich vor, wie sie darin aussehen würde. Allerdings würde sie so ein Hemd nur selten anziehen können. Hier auf dem Land galten andere Werte als in einer großen Stadt wie Nürnberg. Was dort in Mode war, würde hier zumeist nur Missbilligung hervorrufen. Andererseits konnte sie das Hemd tragen, wenn Michel und sie allein waren, und damit sein Blut erhitzen.
    Bei dem Gedanken freute sie sich auf die kommende Nacht. Sobald Trudi schlief, würde sie dafür sorgen, dass Michel kein durchsichtiges Hemd brauchte, um Lust und Leidenschaft zu verspüren.
    »Da es ein Geschenk von dir ist, werde ich es selbstverständlich in Ehren halten«, sagte sie und berührte kurz seine Hand. »Aber jetzt sollten wir uns an die Holunderküchlein machen. Ich hole noch einen Topf Honig zum Süßen.«
    »Das mache ich!«, wandte Hiltrud ein. »Bring du nur dein Geschenk in Sicherheit. Ich wundere mich allerdings, dass es Frauen gibt, die so etwas tragen wollen!«
    Mit einem ablehnenden Schnauben verschwand sie in der Vorratskammer.
    Trudi fasste nun selbst nach der Seide und krauste die Nase. »Ich würde so etwas nicht anziehen. Es wärmt ja nicht einmal.«
    Nun mussten die anderen sich das Lachen verkneifen, und Hiltruds Ehemann Thomas zwinkerte Michel kurz zu. »Ich könnte mir vorstellen, dass so ein Hemd einem ganz schön einheizt!«
    »Wenn ihr noch länger so redet, werde ich euch auch einheizen«, drohte Marie und brachte das Geschenk in ihr Schlafzimmer.
    Als sie zurückkam, hatte Hiltrud nicht nur den Honigtopf gebracht, sondern auch einen großen Teller mit köstlichen Holunderküchlein.
    »Lasst es euch schmecken!«, forderte sie die beiden Männer und Trudi auf. Das Mädchen griff sofort zu und badete ihr Küchlein buchstäblich in Honig.
    Marie seufzte. »Gib acht, damit du dich nicht beschmierst. Sonst kommst du vor dem Bettgehen noch in die Wanne und wirst abgeschrubbt.«
    Damit konnte sie ihre Tochter nicht beirren. Trudi aß ihr Holunderküchlein mit Genuss und leckte sich danach den Honig von den klebrigen Fingern.
    »Die schmecken wirklich gut«, lobte sie und nahm sich das nächste.
    Nun griffen auch die anderen zu. Als Michel ein Tropfen Honig auf das Hemd fiel, jubelte die Kleine auf. »Jetzt muss Papa in die Badewanne!«
    »Das muss er sowieso. Sonst riecht unsere Schlafkammer die nächste Zeit nach Pferd«, sagte Marie lachend und fand ebenfalls, dass die Holunderküchlein ausgezeichnet schmeckten.
    Dennoch konnte die heitere Stimmung am Tisch nicht verbergen, dass irgendetwas Michel bedrückte. Wenn er sonst von einer Reise zurückgekehrt war, hatte er es gar nicht erwarten können, ausführlich zu erzählen, was er gesehen und erlebt hatte. An diesem Tag blieb er ungewohnt still und in sich gekehrt. Marie wollte ihn nicht vor den Ohren ihrer Freunde und ihrer kleinen Tochter fragen, was geschehen sei, und zügelte ihre Neugier. Waren Michel und sie erst allein, würde sie gewiss alles erfahren.

8.
    T rudi hatte so tief in den Honigtopf gegriffen, dass sie tatsächlich am Abend gebadet werden musste. Ihr Kleid und das Unterhemd waren ebenso klebrig wie ihr Haar. Daher scheuchte Marie die Kleine in die Badestube. Viel Wasser und einiges an Seife waren nötig, bis man Trudi wieder anfassen konnte.
    Während Marie ihre Tochter

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