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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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feige und ehrlos gelten, und kein Graf oder Fürst würde sie jemals wieder in seine Dienste nehmen. Außerdem befürchteten sie, Michel Adler könnte tatsächlich überlebt und die Sängerin geschickt haben, um ihnen seine Rache anzukündigen.
    »Wir müssen die Frau unbedingt verhören«, flüsterte Loosen Haidhausen zu, während sie die Soldaten umgingen und Marie, die durch deren Reihen geschlüpft war, bis zu Nepomuks Gauklerwagen folgten.
    »Keine Sorge! Das wird Seine Exzellenz, der Inquisitor, für uns erledigen«, sagte Hettenheim, der seine Gefolgsleute inzwischen eingeholt hatte, um diese zu beruhigen.
    Er sah ihnen ihre Furcht an, bloßgestellt zu werden, und als er in sich hineinhorchte, entdeckte er bei sich die gleiche Sorge. Auch wenn die beiden Ritter und er bei Michels Tod im Grunde nur Janus Supperturs Werkzeuge gewesen waren, so hatte dieser sich im Hintergrund gehalten. Sie aber hatten die Waffen gegen Michel Adler erhoben. Sollte der Mann tatsächlich überlebt haben, würde er alles tun, um sich an ihnen zu rächen.
    Verärgert, weil diese Tatsache ihn noch fester an den Inquisitor aus Rom band, stiefelte Hettenheim zum Wagen des Gauklers und wies seine Männer an, den Karren zu umzingeln. Dabei achtete keiner von ihnen auf Nepomuk, der auf halbem Weg zu seinem Wagen auf die Gruppe aufmerksam geworden war und hinter einem anderen Wagen Deckung suchte. Nun sah er auch den Anführer der Verfolger herannahen, jenen schwarzen Mönch, der sich an Maries Fersen geheftet hatte. Dieser wechselte ein paar Worte mit Hettenheim, nickte dann zufrieden und ging auf den Vorhang zu, den Nepomuk vor seinem Wagen aufgespannt hatte, damit Marie sich in Ruhe umziehen konnte.

13.
    M arie wischte sich gerade die Schminke aus dem Gesicht, als sie Schritte hörte. »Nepomuk, hast du etwas bemerkt? Ich leider nicht«, sagte sie enttäuscht, aber mit der leisen Hoffnung, ihr Verbündeter könnte mehr Glück gehabt haben.
    Da klang auf einmal eine Stimme auf, die ihr seltsam bekannt vorkam, ohne dass sie im ersten Augenblick begriff, wem sie gehören konnte. »Du bist seit damals noch schöner geworden. Das kann auch die Schminkpaste nicht verbergen.«
    Verwirrt drehte Marie sich um und erstarrte mitten in der Bewegung, als die Erinnerung kam. Sie schüttelte den Kopf und spürte, wie ihr vor Grauen schier das Blut in den Adern gerann.
    »Ruppertus! Nein, das ist unmöglich! Du … du bist doch tot!«
    »Tot? Ja, das war ich! Elf Jahre lang hat mich das Feuer einer Leidenschaft verbrannt, die keine Erfüllung fand. Ich war tot und kalt bis ins Herz und habe im Mantel der Kirche und im Gebet versucht, dich zu vergessen. Doch es war vergebens. Denn du bist meine Bestimmung!«
    Marie zitterte. Es war die Stimme eines Ungeheuers, das geradewegs aus der Hölle zurückgekehrt war, um sie ins Unglück zu stürzen. Sie konnte nicht begreifen, wie der Mann, der vor einem Dutzend Jahren ihr Leben zerstört und sie in die Gosse gestoßen hatte, seiner Strafe auf dem Scheiterhaufen entkommen war. Auch fasste sie es nicht, was sie da hörte, und nahm für ein paar Augenblicke an, sie stecke in einem üblen Traum, aus dem sie bald erwachen würde.
    Ruppertus schob den Vorhang beiseite und kam auf sie zu. Mit seinem gesunden Auge starrte er Marie an, als wolle er sich ihr Bild ins Gedächtnis brennen.
    »Du bist noch schöner geworden und immer noch voller Stolz!«, stieß er leidenschaftlich hervor. »Meine brennende Sehnsucht, die verzehrende Liebe zu dir ist nicht allein von dieser Welt, sondern der Wille des Herrn selbst! Er hat mich zu dir geführt, damit wir eins werden im Fleisch und Kinder zeugen, die weit über allen Menschen stehen und sich erheben werden zu den Herren dieser Welt!«
    »Es war der Wille des Herrn, dich auf dem Scheiterhaufen brennen zu sehen!«, schrie Marie ihn hasserfüllt an.
    Ruppertus winkte mit einem verächtlichen Lachen ab. »Dies war der Wille des Königs. Der Wille des Herrn war jedoch, dass ich errettet wurde! Er hat mir sein Zeichen aufgebrannt, auf dass ich seine Macht erkenne, die den Lebenden den Tod und den Todgeweihten das Leben bringen kann!«
    Bei diesen Worten schlug er seine Kapuze zurück und legte die Maske ab.
    Der Anblick war so grauenhaft, dass Marie glaubte, erbrechen zu müssen. Stirn und Wange waren von dicken, schwarzroten Narben bedeckt, unter denen eine Augenhöhle völlig verschwand. Es erschien ihr unglaublich, dass der Mann diese Verletzungen hatte überleben können.

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