Die Rache des glücklichen Mannes
Maschinen, und du kannst gleich noch in dieser Woche nach Helsinki fahren und losen Sand verkaufen. Nimm Proben mit, dann läuft das Geschäft an.«
»Was für verdammter Sand?«
»Der ganze Flugplatz ist ein einziger Sandkuchen. Die Schicht ist mindestens fünf Meter dick, wahrscheinlich noch viel dicker. Von so gleich bleibender Qualität wie kaum irgendwo, und gerade die rechte Korngröße, schau!«
Jaatinen holte eine Hand voll Sand aus der Jackenta sche und ließ ihn durch die Finger auf Pyörähtäläs Arbeitstisch rinnen. Pyörähtälä sah abwehrend zu.
»Ganz gewöhnlicher Sand. Verdammt, mach mir nicht die Papiere schmutzig, sonst muss ich alles noch mal abschreiben.«
»Das hier ist ein Vermögen, ein gewaltiger Fund! Hat denn in diesem elenden Dorf niemals auch nur ein einziger Geologe die Erde durchwühlt? Ich habe einen ganzen Flugplatz voll von diesem Sand, gib mir den Kognak.«
Obwohl Pyörähtälä Jaatinens Aufregung über den läppischen Sand nicht recht verstand, so verstand er umso mehr von Kognak, wenn er auch neuerdings dem Abstinenzlerverein angehörte. Zwei Schwenker waren schnell aus der Küche geholt, und ein Griff ins unterste Schreibtischfach förderte die Kognakflasche zutage.
»Ich habe noch nie darauf Kognak getrunken, dass jemand eine Hand voll Sand gefunden hat. Aber warum nicht, Prost!«
»Gold kostet, glaube ich, ungefähr viertausend Mark pro Kilo, aber eine Million Tonnen Sand kosten mehr als tausend Kilo Gold. Das ist ein sehr großer Unterschied. Guter Industriesand ist in Südfinnland wertvoller als Gold. Wir gründen hier in Kuusmäki schon zum kom menden Sommer eine große Betonfabrik. Gut, dass die Firma bereits einen Namen hat, wir werden verschiedene Produkte aus Beton herstellen, meinetwegen auch Ba dewannen oder Waschbretter, was auch immer.«
Als Jaatinen sich beruhigt hatte, erzählte er Pyörähtä lä, welch unglaublicher Schatz der Flugplatz im Grunde genommen war. Er lag in passender Entfernung vom Kirchdorf… ein weites, baumloses, ebenmäßiges Gelän de, hervorragend geeignet für die Errichtung der Gebäu de, ganz zu schweigen davon, dass man den Rohstoff direkt vor der Nase hatte.
Es half nichts, auch Manssila musste gerufen werden, damit er die große Neuigkeit hörte.
Gut gelaunt feierten die Freunde in den Winterabend hinein, sie schmiedeten Pläne, rauchten Zigarren und klopften sich gegenseitig auf die Schultern.
In all der Hochstimmung sagte Manssila, der ernst hafteste und verantwortungsvollste der drei, plötzlich zu Jaatinen:
»Du hast wirklich Glück gehabt, Junge, und gerade jetzt, wo sich in zwei Monaten für dich ein neues Fi nanzloch auftun wird.«
Jaatinen erkundigte sich fröhlich, welche Art von Finanzloch das denn angeblich sein sollte.
»Du musst Unterhalt zahlen, Freundchen.« »Unterhalt zahlen?«
»Das nehme ich an. Hast du denn die Frau Rummu kainen nicht gesehen? Leea ist im siebten Monat, und damals im August bist du mit dem Boot auf dem See gewesen.«
Pyörähtälä bestätigte die Nachricht: »Im Dorf erzählen sie es als sichere Tatsache, dass
dem Millionenräuber, dir also, in diesem Frühjahr ein uneheliches Kind geboren wird.«
Jaatinen lief rot an. Leea war also von ihm schwan ger? Das war ihm überhaupt nicht in den Sinn gekom men. Er zählte die Monate an den Fingern ab, und richtig, seit August waren sieben Monate vergangen. Jaatinen erinnerte sich an Heiligabend und ihr gemein sames Treffen vor dem Dorfladen. So also lagen die Dinge! Er wurde ernst, die Kognakflasche war ohnehin leer. Pyörähtälä und Manssila verabschiedeten sich, Jaatinen merkte kaum, dass sie aufbrachen. Er war mit dieser neuen Sachlage beschäftigt, die Vaterschaft, oder das Bewusstsein einer möglichen Vaterschaft, erfüllte seine Gedanken. Ob das Kind auch gesund wäre? Jaati nen versuchte sich zu erinnern, wie Leeas Becken ge baut war. Würde die Frau des Direktors als Gebärerin geeignet sein? Dass nur ja kein Kaiserschnitt oder keine Zangengeburt notwendig würde! Jaatinen konnte sich Leeas Körper in Erinnerung rufen und fand, ihr Becken müsste breit genug sein.
Und war Leea sonst gesund? Wie waren ihre Blutwer te, hatte sie Erbkrankheiten, Plattfüße? Ob Direktor Rummukainen über die Sachlage im Bilde war?
Jaatinen wachte bis spät in die Nacht. Nicht der fan tastische Sandfund raubte ihm den Schlaf, sondern das überraschende Gerücht von seiner Vaterschaft. Als er endlich in dem dunklen
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