Die Rache des glücklichen Mannes
Zimmer in seinem Bett lag, dachte er:
»Das sollte also ihr Zigarrengeschenk am Heiligabend bedeuten! Es war eine Art Wink, wirklich raffiniert!«
17
Eine kleine Gruppe von Männern marschierte an einem sonnigen Märztag im Takt über die Hauptstraße des Kirchdorfes Kuusmäki. Anlass war ein Ehrenbesuch am Denkmal der weißen Befreiungssoldaten. Der Verein der Reserveoffiziere von Kuusmäki pflegte nämlich traditio-nell am Jahrestag jenes weit zurückliegenden Kampfes all der Soldaten zu gedenken, die aufseiten der Weißen im Kampf um die Blutbrücke gefallen waren.
Panzerleutnant Jaatinen marschierte ebenfalls mit. Man hatte ihn in den Verein der Reserveoffiziere aufge nommen, und da er nun dort Mitglied war, musste er auch an Gedenkmärschen teilnehmen. An der Spitze der Abordnung marschierten Kommissar Kavonkulma und Wehrleiter Jokikokko, hinter ihnen der Schuldirektor: Major Rummukainen trug einen großen Fichtenkranz.
Am Ziel angekommen, formierte sich die schneidige Gruppe um das Denkmal und wartete auf das Eintreffen des Kirchenchores. Der ließ nicht lange auf sich warten, und unter den Chormitgliedern befand sich Bürochef
Pyörähtälä.
Der Chor sang das Lied »Ein feste Burg ist unser Gott«.
Propst Roivas sprach ein paar gewichtige Worte, und dann trugen Rummukainen, Jokikokko und Kavonkul ma den Kranz zum Denkmal. Der ungestüm wirkende Bronzesoldat schaute trotzig zur Blutbrücke, er würdigte den Kranz, den man zu seinen Füßen niederlegte, keines Blickes.
Nach der Zeremonie trafen sich Jaatinen und Pyöräh tälä. Der Besuch am Denkmal der weißen Helden des Bürgerkrieges hatte sie beeindruckt. Dieser Eindruck war allerdings zwiespältig: Sie hatten den Gegnern der Arbeiterklasse Ehre erwiesen. Pyörähtälä meinte:
»Wir sind richtige Arschlöcher.«
»Du sagst es.«
»Hier müsste unbedingt auch ein Denkmal für die Ro ten errichtet werden, sie hatten nämlich fünfmal mehr Tote am Fluss zu beklagen. Manssila setzt sich schon lange dafür ein.«
»Wir könnten ja dem Vornanen, oder wie dieser Zug-führer gleich hieß, hier im Kirchdorf ein Denkmal aus Beton setzen«, überlegte Jaatinen laut.
»Warum gerade aus Beton?«, fragte Pyörähtälä. Jaatinen erklärte, dass er hin und her überlegt habe,
welche Art von Guss er jetzt im Winter machen könnte, um den Sand vom Flugplatz zu erproben. Er habe das Material chemisch untersucht und für gut befunden, aber das Fließverhalten des Sandes müsse noch experi mentell erprobt werden: Zu dem Zweck müsse er unter winterlichen Bedingungen irgendeine anspruchsvolle Gussarbeit anfertigen, ein Brückenbogen oder etwas in der Art. Eine Skulptur wäre vielleicht genau das Richti ge, ein Guss, der Festigkeit erfordere.
Als Manssila von diesen Überlegungen hörte, war er hocherfreut. Es stellte sich heraus, dass der Ortsver band der Gewerkschaften bereits vor fünf Jahren eine Denkmalkommission gewählt und diese beauftragt hatte, für Zugführer Vornanen ein Monument zu errich ten. Manssila trieb Jaatinen zu schnellem Handeln an:
»Wenn du sowieso wegen der Festigkeitsberechnungen des Betons unter Winterbedingungen einen Probeguss machen musst, dann gieß ein Denkmal für die Roten. Ich bestelle sofort aus Helsinki einen Bildhauer, der das
Modell zeichnet.«
Manssila tat, wie angekündigt.
Der Bus aus Helsinki brachte einen schmuddeligen kleinen Mann mit Schnauzbart, der sich als Künstler Kasurinen vorstellte. Jaatinen und Manssila empfingen ihn an der Haltestelle, er roch nach abgestandenem Schnaps. Die beiden Abholer werteten das als gutes Zeichen. Kasurinen war ganz offensichtlich ein erfahre ner Künstler.
Warum auch nicht.
Man brachte ihn im Motel unter. Manssila gab ihm Hinweise für seine Arbeit:
»Entwirf ein recht drohendes Denkmal. Aber zeichne keinen Kerl, so was kriegt man im Winter sowieso nicht aus Beton gegossen. Ansonsten kannst du so viel Beton verwenden, wie du willst.«
Mit dem unermüdlichen Elan des kreativen Künstlers nahm Kasurinen seine anspruchsvolle Arbeit in Angriff: Als Erstes bestellte er sich eine tüchtige Mittagsmahlzeit und reichliche Mengen Bier aufs Zimmer. Am Abend sah man den Bildhauer im Restaurant des Motels, er war in seine Entwürfe und ins Wodkaglas vertieft; die Denk malkommission spähte ihm über die Schulter, um zu sehen, wie es mit der Arbeit voranging.
Eine Woche lang arbeitete Kasurinen, äußerlich schmuddelig, aber innerlich eine starke Künstlernatur,
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