Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
zurück, aus der sie auf einer Anrichte etwas auf Teller löffelte.

    Das wiederholte sich mehrmals; nachdem sie den Inhalt von drei Terrinen verteilt hatte, setzte sie jedem Gast einen vollen Teller vor. Danach brachte sie Brot, Wein- und Bierkrüge und Becher. All dies mit einem Lächeln; ich bildete mir ein, das für mich bestimmte sei wärmer als die übrigen.
    Auf dem Teller fand ich in Wein gekochtes Sauerkraut, gekochte Birnenstückchen, Bohnenmus, eine große dunkle Wurst, die köstlich roch, und ein Stück Schweinefleisch. An einem der anderen Tische sprach jemand aufdringlich laut ein Tischgebet. Avram murmelte etwas über die Tugend der Schweine und den Glauben seiner Vorfahren; dann langten wir zu.
    »Daran könnt ich mich gewöhnen«, sagte ich, als ich den Teller geleert hatte. »Besser und gründlicher hab ich lange nicht gegessen.«
    »Gewöhnen?« Karl runzelte die Stirn. »Gewöhnen könnt ich mich auch, aber … hm. Symonds.«
    »Ja. Die Frage stellt sich jetzt. Was tun wir? Alle zusammen oder getrennt marschieren?«
    »Alle zusammen ist ein bißchen schwierig. Symonds in die Niederlande und nach England, Zamora mit ein paar Welser-Schreibern nach Westindien.« Avram schüttelte den Kopf. »Liegt nicht gerade an derselben Strecke.«
    »Zamora«, sagte ich.
    Avram und Karl sahen einander an; sie schwiegen eine Weile. Schließlich seufzte Karl und sagte: »Symonds. Und Avram sollte mit dir reisen, Jakko. Wenn er nicht unbedingt anders will.«
    »Warum?«
    »Ihr kennt euch länger, du bist der Herr - bitte um Vergebung, wenn ich das unter Brüdern so sage -, und Symonds
ist vermutlich demnächst allein, während Zamora immer mit seiner Truppe reisen wird.«
    Avram blickte ihn an, dann mich. »Scheiden«, murrte er, »entscheiden, verscheiden … Aber - ja, ich sollte dich begleiten, Jakko. Westindien … Heißt inzwischen wohl Amerika, nicht wahr? Wohin genau wollen die Welser eigentlich?«
    Élodie kam, fragte, ob es uns gemundet habe, und stapelte die leeren Teller.
    »Wenn ich Marañón richtig verstanden habe«, sagte ich, »geht es um das Land am Unterlauf eines großen Flusses, der Orinoko oder so ähnlich heißt. Ich glaube, man nennt die Gegend Venezuela, Klein-Venedig.«
    »Schon wieder Venedig?« Karl grinste. »Na, viel Vergnügen. Ich nehme vorlieb mit den Niederlanden und vielleicht England. Aber wieso heißt dieses Gebiet so?«
    »Keine Ahnung.« Ich hob die Schultern.
    »Der Navigator und Kartograph Amerigo Vespucci …« Élodie unterbrach sich. »Vergebung, Eure Unterredung geht mich nichts an.«
    »Der, nach dem inzwischen der ganze Erdteil benannt ist?« sagte ich. »Laßt uns an Eurem - ah, laß uns an deinem Wissen teilhaben, und möge es unseren Geist ebenso ergötzlich nähren wie dies Mahl unsere Leiber.«
    Sie hob eine Braue. »Du träufelst mir Honig ins Ohr; gleich ist es verklebt, und ich muß mich waschen. Vespucci hat mit Ojeda große Teile der Küste erforscht und darüber berichtet. Ein Kartograph in Deutschland hat dann aus seinem Vornamen Amerigo den Namen für den neuen Erdteil abgeleitet. Vespucci hat Dörfer auf Pfählen in flachem Wasser gesehen, das hat ihn an Venedig erinnert, und ich muß weiter abräumen.«
    Ich schaute ihr nach; Karl kicherte.

    »Du blickst versonnen, mein Freund. Aber habe ich nicht gesagt, sie hätte schon bessere Tage gesehen? Und nicht immer als Schankmagd gearbeitet?«
    »Also du willst nach Norden?« Avram klopfte auf den Tisch. »Wann?«
    Karl legte die Hände auf den Tisch und betrachtete seine Finger. »Am besten bald.« Er schaute auf und sah uns an. »Er hat Vorsprung, deshalb. Oder wollt ihr, daß ich bleibe, bis wir den alten Waffenbruder da oben unter die Erde gerammt haben?«
    »Den kriegen wir allein beerdigt. Aber laßt uns nach ihm schauen. Vielleicht ist ihm noch was eingefallen. Und wir haben ihm ja Brühe und Fleisch versprochen. Dabei könnten wir einen Blick in die besseren Zimmer werfen.«
    »Willst du bleiben?« sagte Avram.
    »Ein paar Tage. Hier draußen ist die Luft besser als in der Stadt. Das Essen war gut, und ehe wir aufbrechen, müssen wir uns ohnehin noch ein wenig umhören. Vielleicht erfahren wir noch etwas - wie man nach Venezuela kommt, zum Beispiel, und ob die Welser tatsächlich dorthin reisen.«
    Ich ging in die Küche, bat den Koch um Brühe oder Sud und ein wenig Fleisch und erkundigte mich nach seinen Gastzimmern.
    »Schaut Euch um, Herr«, sagte er. »Im Winter reist kaum jemand; sie sind alle zu

Weitere Kostenlose Bücher