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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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den anderen; und sicher habt ihr gehört, daß wir im Frühjahr … etwas unternehmen wollen.«
    Jorgo schnaufte. »Das wissen die Herren doch auch ohne uns. Wem sollten wir es verraten?«
    »Sie wissen es nicht. Vielleicht ahnen sie es, sicher befürchten sie es, aber sie wissen nicht, wo wir sind, und auch nicht, wie gut oder schlecht der Zustand, die Bewaffnung, die Pläne sind. Und schon gar nicht, wer uns zu führen versucht.«
    Den Rest des Weges zum großen Lager dachte ich über dies »versucht« nach; ich bildete mir ein, einen seltsamen, halb traurigen, halb verächtlichen Unterton gehört zu haben.
    Als wir nachmittags das Lager erreichten, war ich zunächst enttäuscht. Ich hatte mit gewaltigen Bauernmengen gerechnet, mit Wällen aus Geschützen, Hügeln aus Arkebusen und Hainen aus Lanzen. Insgesamt mochten es vielleicht zweihundert Männer sein, dazu einige Frauen und etliche Dirnen, die sich in dem kleinen Tal am Rande des Odenwalds aufhielten.
Es gab dort zwei Bauernhäuser und ein paar Scheunen oder Hütten sowie Ställe; dazwischen hatten sie notdürftige Unterkünfte aus kaum behauenem Holz errichtet, mit Rinde gedeckte Unterstände und ärmliche Zelte.
    »Ist das alles?« sagte ich leise, als wir die kaum noch von Schnee bedeckte, zerstampfte Fläche zwischen den Gebäuden erreichten.
    Jorgo warf mir einen schrägen Blick zu. »Was erwartest du denn? Die meisten werden zu Hause sein und im Frühjahr zurückkommen, wenn - wenn’s losgeht.«
    Wendel Hipler, den sie »Meister Wendel« nannten, war nicht da; er halte sich in einer der näheren Städte auf, um zu verhandeln und Vorbereitungen zu treffen, sagte man. Er werde in zehn oder fünfzehn Tagen zurückkommen. In seiner Abwesenheit leitete ein Bauernrat alles, und noch am ersten Abend beriet er über uns.
    Acht Bauern saßen um den Tisch in der größten Stube des oberen Hauses; Jorgo und ich hatten zu stehen. Als die Räte hören wollten, wie man uns gefangen oder gefunden habe, drängte Junker Leopold sich vor. Mit hoher, immer wieder kippender Stimme behauptete er, wir seien eigentlich seine Gefangenen, man solle nichts auf unsere Worte geben - »sie werden sich nur herausreden wollen« - und uns am besten gleich totschlagen.
    Die acht Räte wechselten Blicke; dann sagte der älteste von ihnen: »Ist der Kaiser da? Holt ihn her.«
    Jemand von den etwa anderthalb Dutzend Männern, die sich mit uns in der Stube drängten, verschwand und kam bald darauf mit Karl zurück.
    Jorgo murmelte: »Natürlich; wenn man Karl heißt, ist man auch Kaiser. Kaiser, Einsiedler, Schrat, was noch?«
    »Weißt du, was wir …«

    »Ihr antwortet nur auf Fragen!« Der Mann neben dem Ältesten starrte uns finster an. Er hatte nicht gerade gebrüllt, aber doch sehr laut und harsch gesprochen.
    Jorgo verschränkte die Arme vor der Brust und setzte ein freches Grinsen auf. »Und wenn uns eure Fragen nicht gefallen? Und wenn wir keine Antwort wissen?«
    Der Mann wandte sich an den Ältesten. »Sollen wir sie zuerst prügeln, Hans?«
    »Das haben die Herren oft genug mit uns gemacht, und findest du, es war gut?«
    Hier und da hörte ich ein Murmeln; ich war mir jedoch nicht sicher, ob es beifällig oder mißmutig klang. Ich beschloß, Jorgo das Reden beziehungsweise Antworten zu überlassen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich verhalten sollte, und ich hoffte auf den erfahrenen Gefährten und seine schnelle Zunge.
    Karl trat ächzend ein. »Ich wollte meine Füße aufwärmen«, murrte er. »Was wollt ihr von mir?«
    Die Stube des Bauernhauses, dachte ich, müßte nun eigentlich bersten. Mit den Räten, den Zuschauern und uns war sie ohnehin überfüllt. Ich stellte mir vor, wie sie sich von außen betrachtet ausbeulte, und unterdrückte das Kichern, das in mir aufsteigen wollte.
    »Was hast du zu diesen beiden zu sagen?« Der Älteste - Hans Dengler, wie ich später erfuhr - deutete auf uns und schaute dabei die Masse namens Karl an.
    »Die beiden? Sie sagen, sie wollen sich uns anschließen.«
    »Glaubst du das?«
    Karl grunzte. »Ist das wichtig? Sie können uns helfen, und wenn sie es tun, wenn sie uns nützlich sind, ist es mir gleich, ob sie freiwillig bleiben oder ein bißchen bewacht werden müssen.«

    Einer der Räte schüttelte den Kopf. »Das Reich Gottes auf Erden errichten mit einer Lüge?«
    »Wenn ich einen Nagel ins Holz treiben will, kümmert mich die Farbe des Hammers nicht.«
    Der Älteste runzelte die Stirn. »Welche Nägel willst du mit ihnen

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