Die Rache des Kaisers
einschlagen?«
Karl sah sich um; er wandte sich eher an die Zuschauer als an die Räte. »Was haltet ihr von einem guten Fiedelspieler? Für die langen Winterabende, und dann im Frühjahr, zur Erheiterung zwischen den Kämpfen?«
»Viel«, sagte einer; ein anderer ergänzte: »Wenn er wirklich gut ist.«
»Was haltet ihr von einem, der am Feuer und vorm Einschlafen gute Geschichten erzählen kann?«
»Weiter, Mann«, sagte der Älteste; ich sah ein Lächeln um seinen Mund zucken und schwinden.
»Was halten wir von einem tüchtigen, wenn auch nicht eben erfahrenen Kämpfer? Das wäre der dritte Mann. Der vierte Mann ist ein sehr tüchtiger, sehr erfahrener Krieger. Der fünfte und sechste, also die beiden letzten Männer, können beide lesen und schreiben. Ich biete euch damit sechs nützliche Männer, und alles, was ihr tun müßt, ist, diese zwei hier nicht totzuschlagen.«
Der mißmutige Rat, der vorhin nach der Lüge im Aufbau des Gottesreichs gefragt hatte, hob die Hand. »Alles schön und gut«, sagte er, »aber brauchen wir Musik, um unsere Ziele zu erreichen? Haben wir nicht genug Männer, die dreinschlagen können, und zum Schreiben die evangelischen Prediger?«
»Die werden auch predigen müssen, die Seelen aufrichten, wenn der Mut stolpert, und sie können nicht all das niederschreiben, was Meister Wendel geschrieben haben will.«
»Trotzdem - ein paar Zeichen kritzeln … Zum Kämpfen brauchen wir sie sicher nicht.«
»Nicht zum Kämpfen, mein guter Sebastian; ziellos dreinschlagen und hoffen, etwas zu treffen, das kann jeder. Sogar du.«
Die Zuschauer kicherten und tuschelten.
Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war, wandte Karl sich an Sebastian, der ihn und uns mürrisch betrachtete.
»Ich dachte eher daran, daß sie, vor allem aber er da« - er wies auf Jorgo - »uns im Umgang mit Waffen unterweisen kann. Uns beibringen kann, wie wir nicht nur jeder für sich, sondern alle zusammen kämpfen, wie ein großer Leib.«
Weiter hinter murmelte jemand: » Hoc est corpus …«
»Kein Hokuspokus da.« Karl grinste. »Und was die Musik angeht - fürs Marschieren braucht man gute Sohlen und zwischendurch Brot und Wasser, aber ist euch schon einmal aufgefallen, daß man leichter geht, wenn dabei gesungen wird? Es ist nicht nötig, nicht so nötig wie Sohlen, aber es hilft.«
Der Älteste blickte die übrigen sieben Räte an. »Ich glaube«, sagte er langsam, »wir sollten die beiden dem Kaiser übergeben. Karl, es gilt deinen Kopf, wenn sie etwa fliehen. Und alles muß von Wendel gebilligt werden; bis dahin ist es vorläufig. Nun geht.«
So begann unsere Gefangenschaft bei den Bauern, und sie sollte den ganzen Winter andauern.
An jenem ersten Abend geschah nicht mehr viel. Karl nahm uns mit zu einer der kleineren Hütten. Darin gab es einen offenen Feuerplatz mit verhängtem Abzug an der Rückwand, einen rohen Tisch, ein paar Schemel und zwei lieblos zusammengefügte
Pritschen mit Strohsäcken und Decken, all dies kaum beleuchtet von einer vereinsamt stinkenden Unschlittkerze und ein wenig Glut. In der hinteren rechten Ecke sah ich, als meine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten, die Umrisse einer schmalen Leiter in einem Loch in der Bretterdecke verschwinden.
»Hier unten«, sagte Karl, »schlafe ich, und manchmal noch einer. Ihr holt eure Sachen und bringt sie nach oben, und beschafft euch am besten einen Eimer, den ihr mit hochnehmen könnt. Nachts, wißt ihr, machen wir dann den Käfig zu, damit die Vögel nicht entfliegen. Wir werden die Leiter entfernen und die Luke verriegeln. So seid ihr sicher vor Anfechtungen aller Art.«
Ich blickte Jorgo an; er hob die Schultern. »So ähnlich würde ich es auch machen«, sagte er, »wenn ich so mißtrauisch wäre wie du. Komm, Jakko, holen wir unsere Sachen.«
»Noch etwas.« Karl bemühte sich nicht einmal, das Grinsen zu unterdrücken. »Bringt aus euren Satteltaschen all das mit, was wir euch bisher nicht abgenommen haben. Bei uns gehört alles allen, und wenn wir euch den Winter über füttern, wollen wir zu unserer Erbauung dafür euer Geld zählen.«
Drei Männer - bewaffnet - begleiteten uns zu einer Art Stapelplatz, wo die Sättel und alle Lasten lagen, die die Pferde getragen hatten. Unsere Pferde, die nicht mehr uns gehörten, waren auf eine umzäunte Weide getrieben worden, wo sie mit den wenigen anderen Reittieren grasten. Unsere Sättel, die nicht mehr uns gehörten, mußten wir liegen lassen, wie uns einer der Männer sagte. Wir
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