Die Rache des Kaisers
zufällig zu Jorgo schaute, sah ich ihn grinsen.
»Und?« Karl hob die Schultern. »Das Reich brennt, aber die Bauernhaufen vereinigen sich nicht. Jeder kämpft für sich allein. Das evangelische Heer wird sich auflösen - ein Teil mit Hipler, ein Teil mit Geyer, ein Teil mit Jäcklein. Wir haben in Weinsberg gewonnen, dabei ist alles verloren.«
»Und?«
Er grinste mich von der Seite an. »Ich habe ein paar Gulden mitgenommen, Brot, Fleisch, Wasser, Wein. Braucht ihr einen kräftigen Reisegefährten?«
TEIL II
ELF
B is zum Abend ließen wir Heilbronn hinter uns. Auf Nebenwegen ritten wir nach Westen; ich glaube, auf einer Karte hätte unser Weg sich arg windungsreich ausgenom-Karte hätte unser Weg sich arg windungsreich ausgenommen. Die Überlegung, dem Neckar folgend zunächst nach Norden zu reiten, ließen wir nach kurzer Beratung fallen; dort gab es zahlreiche Städte und Burgen, die möglicherweise belagert wurden. Genau nach Westen mochten wir ebenfalls nicht reiten, da wir die Gegend um Sinsheim vermeiden wollten. Das große Kloster würde zweifellos eines der Hauptziele der dortigen Bauern sein. Nebenwege, Hinterland, allem ausweichen, was Menschenmengen anziehen konnte, gleich ob Bauern oder Fürstentruppen.
Acht Tage brauchten wir so, um den Rhein dort zu erreichen, wo die Pfinz in ihn mündet. Karl kannte sich in der Gegend ein wenig aus; genug jedenfalls, um zu wissen, daß der Fluß dort kaum schiffbar ist und sich in großen Schleifen zwischen Auwäldern und morastigem Flachland windet: keine Herrenhäuser oder Burgen, ein paar Dörfer und einzelne Gehöfte. Andererseits ist es von dort nicht weit bis nach Speyer, so daß wir damit rechnen durften, von Bauern und Fischern Nachrichten zu erhalten.
Der Beutel, den mir Lukas Haspacher widerwillig hinterlassen hatte, enthielt neben einigem Kleingeld fast achtzig Gulden. Da auch Karl einiges an Münzgold besaß, in Weinsberg erbeutet, hatten wir keine Schwierigkeiten, unterwegs
bei Bauern und in abgelegenen Dörfern Nahrung, zuweilen auch Unterkunft zu finden.
»Weit kommen wir damit nicht.« Jorgo hatte sich auf einen Steinblock am Rheinufer gesetzt, die Stiefel ausgezogen und ließ die weitgereisten Füße vom Wasser umspülen, zu allgemeiner Abschreckung, wie er sagte. »Wohin wollen wir eigentlich?«
»Ich will nach Süden.« Karl stand bei den Pferden, die trotz Jorgos Füßen Rheinwasser soffen. »Weit nach Süden.«
»Wie weit?« sagte ich.
»Istrien. Es gibt, ah, es gab da eine Witwe.« Er schüttelte den Kopf und spuckte auf den Boden. Als er weitersprach, klang er verdrossen und wehmütig zugleich. »In Capo d’Istria, falls euch das was sagt. Gehört zu Venedig. Ich hatte mit den Venezianern ein bißchen Ärger und habe mich über die Grenze abgesetzt, nach Triest - zu den Österreichern. Dann war ich bei einer Truppe, die in der Nähe von Verona aufgerieben wurde, und wir, die Überlebenden, haben uns nach Norden begeben. Ich zu Gott, die anderen zum Teufel, fürchte ich.«
»Karge Auswahl«, murmelte Jorgo. »Hat sich Gott immer noch nicht bei dir gemeldet?«
»Vielleicht wartet er in Capo d’Istria auf mich, unter ihrem Bett. Oder unter einem anderen. Es gibt da viele Witwen. Und das Wetter ist besser. Ich glaube, eigentlich waren die Gebiete nördlich der Alpen nicht für Menschen vorgesehen.«
»Weiter Weg«, sagte ich. »Und nicht ungefährlich, vor allem, wenn man allein reist.«
Karl hob die Schultern. »Das ist, wie es ist. Und ihr? Ihr wollt wirklich den ganzen Rhein hinunter nach euren beiden Freunden suchen?«
»Nicht den ganzen. Kassem hat sicher irgendwo eine Nachricht hinterlassen. Wahrscheinlich an einer Stelle, wo sie niemandem auffällt.«
»Hast du eine Vorstellung, wo?«
»Zwei oder drei, ja.«
»Und danach?«
»Danach wollte er nach Venedig. Zu fünft reist man besser, nehme ich an. Wenn du magst, und wenn Kassem nichts dagegen sagt.«
Jorgo hob den Kopf. »Nur unter einer Bedingung.«
»Welche?«
»Du müßtest dein Schnarchen einschränken.« Er grinste.
Ich nahm an, daß Kassem und Avram nichts gegen einen umgänglichen Gefährten einzuwenden haben würden, der allein durch seine Ausmaße jene Wegelagerer verscheuchen mochte, die sich durch unsere Waffen nicht abschrecken ließen.
»Es sei denn, du wärest sehr in Eile«, sagte ich.
Karl rümpfte die Nase. »Die Eile ist vom Teufel. Und Witwen halten sich länger als Jungfern.«
In den folgenden Tagen ritten wir vorsichtig und, so gut es
Weitere Kostenlose Bücher