Die Rache des Marquis
auf den Kopf. Ich verlor die Besinnung, und als ich zu mir kam, brannte der Wagen. Die Türen waren mit Ästen verbarrikadiert, und ich zwängte mich durch ein Fenster hinaus, dessen Rahmen ich herausgebrochen hatte.«
»Und dann?« erkundigte sich Richards.
»Ich ging zu Fuß weiter.«
»Die ganze Strecke bis nach London?« fragte Lyon.
»Nein. An einer Postkutschenstation konnte ich mir ein Pferd ausleihen. Es wurde gerade nicht bewacht. Wahrscheinlich saß der Verwalter beim Essen.«
Wenig später hatte Jade ihren Bericht beendet, ohne zu erwähnen, daß sie Pagan war. Caine nahm an, daß es ihm überlassen bleiben würde, Lyon und Richards darüber zu informieren. Was mochte sie planen? Bei ihren letzten Worten hatte sie sich sogar die Lider mit einem Taschentuch betupft.
Jades Erklärungen schienen seinen Vorgesetzten tief zu erschüttern. Er lehnte sich im Sessel zurück und schüttelte den Kopf.
»Wissen Sie, wer die anderen Mitglieder des Tribunals sind?« fragte sie ihn.
»Nein.«
»Aber Sie kennen Hammond? Soviel ich weiß, fingen Sie beide gemeinsam mit Ihrer Tätigkeit an.«
»Ja, aber nach ein paar Jahren wurden wir vom Kriegsministerium in verschiedenen Abteilungen eingesetzt. Hammond befehligte mehrere junge Männer. Einige lernte ich kennen.«
»Wir haben nun ein paar Anhaltspunkte«, warf Lyon ein. »Es dürfte nicht lange dauern, bis wir die Wahrheit herausfinden werden.«
»Der erste Brief ist von einem gewissen William unterzeichnet«, bemerkte Caine. »Damals hatte er noch keinen Decknamen. Verdammt, wie viele Williams arbeiten für das Kriegsministerium?«
»In Hammonds Akte werden nur drei genannt«, entgegnete Jade. Alle starrten sie verwundert an, und sie fügte errötend hinzu: »Pagan hat die Akten gelesen. Das war notwendig. Es gibt einen William Pryor, einen William Terrance und einen William Clayhill. Alle drei arbeiteten für ihre Abteilung, Sir Richards. Zwei leben noch, haben aber den Dienst quittiert. William Terrance starb vor drei Jahren.«
»Sind Sie sich bezüglich dieser Fakten ganz sicher?« fragte Lyon.
»Völlig sicher.«
»Wie kam Pagan zu unseren Akten?« Richards war sichtlich irritiert. »Bei Gott, niemand kann unser Sicherheitssystem durchdringen!«
»Pagan schon«, erwiderte Caine und erklärte etwas genauer, auf welche Weise der Pirat ihn geschützt hatte. Er erzählte auch, daß Colin und Nathan beinahe den Haien zum Opfer gefallen wären. Danach herrschte ein langes Schweigen. Jade schlang ihre zitternden Finger ineinander. Jetzt mußte sie nicht Theater spielen, denn die Erinnerung an jene schreckliche Szene quälte sie immer noch.
»Drei eifrige junge Männer, die auszogen, um die Welt zu retten …«, flüsterte Richards. »Doch dann wurde ihr Machthunger wichtiger als alles andere.«
Jade nickte. »Ist Ihnen aufgefallen, welche Worte unter den ersten Briefen stehen, Sir? ’Zum Wohle Englands.’ Später wurden die Männer immer kühner und änderten ihr Motto.«
»Ja, dann schrieben sie: ’Zum Wohle des Tribunals.’ Und das sagt alles. Es läßt sich nicht mißdeuten.«
»Jades Vater wurde von den zwei anderen Tribunalmitgliedern getötet, weil er sich weigerte, ihren Plänen zuzustimmen«, berichtete Caine. »Und dann brachten sie auch noch Hammond um.«
Richards nickte. »Wir müssen die beiden finden. Glücklicherweise scheint Pagan auf unserer Seite zu stehen. Wenn ich bedenke, welchen Schaden er anrichten könnte, nachdem er den Inhalt unserer Akten kennt, gefriert mir das Blut in den Adern.«
»Oh, Pagan ist ein Ehrenmann – wie die meisten Diebe, Sir«, beteuerte Jade hastig. »Sie müssen nicht befürchten, daß diese Informationen in die falschen Hände gelangen werden.«
»Hat der Bastard auch meine Akte gelesen?« fragte Lyon.
Caine gab keine Antwort, denn er sah keinen Grund, Nein diesbezügliches Wissen mit dem Freund zu teilen und ihn aufzuregen.
»Wie mutig muß dieser Pirat sein!« meinte Richards. Immerhin wimmelt es in diesem Gewässer von Haien …
Jade unterbrach ihn. »Haben Sie noch weitere Fragen, Sir?«
Er tätschelte ihre Hand. »Wir haben Sie ermüdet, nicht wahr, meine Liebe? Das alles ist natürlich sehr schlimm für Sie.«
»Vielen Dank für ihre Rücksichtnahme.« Sie erhob sich, und er stand ebenfalls auf. Als er sie an seine Brust zog, wehrte sie sich nicht und erwiderte die Umarmung sogar.
»Wir werden die Schurken finden, das verspreche ich Ihnen.«
Sie verbarg ihre Hände zwischen den Falten
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