Die Rache des Marquis
niederbrannten. Danach führte ich ein kurzes Gespräch mit ihnen. Konntest du mich nicht auf andere Weise beschäftigen lassen, als du meinen Vater besuchen wolltest, Jade?«
Zerknirscht senkte sie den Kopf. »Nun ja, vielleicht hätte ich Matthew und Jimbo genauere Anweisungen geben sollen. Aber die beiden waren immer sehr tüchtig, und so überließ ich es ihnen, das Ablenkungsmanöver zu organisieren.«
»Außerdem hast du ein überflüssiges Risiko auf dich genommen, als du allein weggeritten bist. Verdammt, Jade, du hättest getötet werden können.«
»Ich war sehr vorsichtig.«
»Den Teufel warst du!« fauchte er. »Du hattest nur Glück.«
Jade beschloß, das Thema zu wechseln. »Wenn du mich dauernd unterbrichst, werde ich nie mit dieser Schreiberei fertig.« Sie beugte sich wieder über den Tisch.
»Wollt ihr nicht Colin besuchen? Sicher freut er sich über eure Gesellschaft.«
»Komm, Caine«, sagte ihr Bruder. »Soeben wurden wir weggeschickt.«
Caine schüttelte den Kopf. »Jade, ich gehe nur, wenn du mir versprichst, nie wieder ein sinnloses Wagnis einzugehen.«
Ohne Zögern nickte sie. »Ich gebe dir mein Wort.«
Sein Ärger verflog, und er beugte sich hinab, um sie zu küssen. Sie versuchte, ihm auszuweichen und wisperte:
»Nathan ist hier.«
»Ignorier ihn einfach.«
Ihre Wangen waren hochrot, als er seine Lippen von ihren löste. »Ich liebe dich«, flüsterte er, ehe er Nathan aus der Bibliothek folgte.
Minutenlang starrte Jade untätig auf das Papier. War es möglich? Liebte er sie wirklich? Darüber durfte sie nicht nachdenken, sonst würden ihre Hände niemals zu zittern aufhören. Und Richards würde die Briefe nicht lesen können. Außerdem – was spielte es für eine Rolle, ob er sie liebte oder nicht? Sie mußte ihn ohnehin verlassen, nicht wahr?
Im Lauf des Tages wurde sie immer nervöser, und beim Dinner ertrug sie die innere Anspannung kaum noch. Nathan hatte beschlossen, oben bei Colin zu essen, und Jade saß mit Caine und Sterns im Speisezimmer. Während der Mahlzeit entfachte sich ein hitzige Debatte über die Trennung von Kirche und Staat. Anfangs plädierte Caine lebhaft für die Trennung, und Jade vertrat den entgegengesetzten Standpunkt. Als er sich dann auf ihre Seite schlug, verteidigte sie sofort die Meinung, die er zuvor geäußert hatte. Es war eine sehr animierte Diskussion, bei der Sterns als Schiedsrichter fungierte.
Das Tischgespräch machte Caine wieder hungrig, und er nahm sich die letzte Hammelfleischscheibe, die ihm prompt von seinem Butler entrissen wurde. »Die wollte ich haben, Sterns.«
»Ich auch, Mylord«, entgegnete Sterns und verschlang seine Beute. Jade hatte Mitleid mit Caine und gab ihm die Hälfte von ihrer Portion ab.
Als es an der Haustür pochte, starrten sich Herr und Diener an. Caine verlor den stummen Kampf und stand seufzend auf. »Ich gehe schon.«
»Wie Sie wünschen, Mylord«, erwiderte Sterns mit vollem Mund.
»Sei vorsichtig!« rief Jade.
»Keine Bange«, wurde sie von Caine beschwichtigt.
»Niemand kann unbemerkt von meinen Leuten bis zum Haus gelangen.«
Zehn Minuten verstrichen, während der Butler seine zweite Tasse Tee genoß. Schließlich wandte er sich an Jade. »Vielleicht sollte ich mal nachsehen, wer da ist.«
»Wahrscheinlich Caines Papa.«
»Nein, Mylady. Ich habe dem Herzog und der Herzogin befohlen, sich vorerst von Harwythe fernzuhalten. Es würde Argwohn erregen, wenn sie ihren Sohn plötzlich Tag für Tag besuchten.«
»Sie haben es ihnen tatsächlich befohlen?«
»Natürlich, Lady Jade.« Der Butler erhob sich und verließ mit einer formvollendeten Verbeugung den Raum.
Ungeduldig trommelte Jade mit den Fingern auf die Tischplatte, bis Sterns endlich zurückkehrte. »Sir Richards und der Marquis von Lyonwood sind angekommen«, verkündete er von der Tür her. »Mylord wünscht sowohl Brandy als auch Ihre Anwesenheit in der Bibliothek, Mylady.«
»So früh sind die beiden da?« Verwirrt sprang Jade auf und glättete den Rock ihres goldgelben Kleides. »Heute war ich nicht mehr auf Besuch vorbereitet.«
»Sie sehen sehr hübsch aus, Lady Jade«, versicherte der Butler eifrig. »Und Sie werden unsere Gäste sehr sympathisch finden. Es sind wirklich nette Gentlemen.«
»Oh, Lyon kenne ich schon. Und Richards werde ich sicher auch mögen.« Trotz ihrer zuversichtlichen Worte nahm ihr Gesicht einen besorgten Ausdruck an, während sie zur Tür ging.
Sterns bemerkte es sofort. »Mylady, Sie haben
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