Die Rache des Marquis
hätte, würde ich es jetzt bestimmt nicht mehr zugeben. Du bist einfach zu ekelhaft.«
»Jade?«
»Ja?«
»Hast du mir sonst noch irgendwelche Lügen aufgetischt?«
»Ich wollte dir mal einreden, ich sei verheiratet. Aber ich kann nicht so gut Geschichten erfinden. Deshalb fürchtete ich, du würdest mir nicht glauben.«
»Warum wolltest du mir erzählen, du seist verheiratet?«
Geistesabwesend streichelte er ihre Schultern.
»Nun ja, damals in der Taverne – da hast du mich angesehen wie ein Tiger, der seine nächste Mahlzeit plant. Und ich glaubte, wenn du mich für eine Ehefrau oder Witwe hieltest, würdest du mich bemitleiden.«
»Du wolltest also mein Mitleid – nicht meine Begierde?«
Jade nickte. »Wie du zugeben mußt, fühlen wir uns zueinander hingezogen. Früher haßte ich allein schon den Gedanken, von einem Mann angefaßt zu werden. Bei dir ist es anders.«
»Das freut mich. Liebes.«
»Schau nicht so selbstgefällig drein! Irgendwann mußte es ja passieren.«
»Was?«
»Daß ich jemanden treffe, dem ich gern ein bißchen näherkommen würde.«
»Ich finde es wundervoll, dieser Mann zu sein«, gestand er und umarmte sie. »Jetzt würde ich dich gern berühren. Willst du es auch?«
Jade riß sich los und trat einen Schritt zurück. »Was ich will oder nicht, spielt keine Rolle. Du bist mein Beschützer, also darfst du nicht …«
Sofort drückte er sie wieder an sich, und sie spürte seine harten Schenkel, seine wachsende Erregung. Das dünne Nachthemd schirmte sie nicht gegen die Hitze ab, die sein Körper ausstrahlte. »So wie du dir das vorstellst, geht es nicht, Jade.«
»Warum nicht?«
»Weil ich dich begehre.«
Seine rauhe Stimme lähmte ihre Widerstandskraft. Die Empfindungen, die er in ihr weckte, hätten sie erschrecken müssen, das wußte sie. Statt dessen glaubte sie in seinen Armen dahinzuschmelzen, und der Wunsch, liebkost zu werden, war eine süße Qual, die sie völlig verwirrte. Noch nie hatte sie jemandem erlaubt, sich ihr zu nähern. Die Liebe bereitete mehr Kummer als Freude – das hatte sie schon in jungen Jahren gelernt. Sogar Nathan hatte sie im Stich gelassen, und seit der Trennung fühlte sie sich so verletzlich … Nur eine Närrin würde sich einem Mann wie Caine ausliefern …
Die Donnerschläge verhallten in der Feme. Weder Jade noch Caine achteten jetzt noch auf das Wetter; sie waren ganz im Bann der Dinge, die zwischen ihnen geschahen. Sie schauten sich in die Augen, eine halbe Ewigkeit lang.
Letzten Endes war es unausweichlich. Als er den Kopf herabneigte, hob sie ihm das Gesicht entgegen, und ihre Lippen fanden sich. Jade erwiderte den verzehrenden Kuß mit gleicher Glut, aufreizend spielte ihre Zunge mit seiner, und ihr Stöhnen antwortete drängend auf sein heißes Verlangen.
Caines Hunger ließ sich nicht so leicht stillen. Er gestattete Jade keinen Rückzug, und Sie wollte ihn auch gar nicht loslassen. Sie legte die Arme um seinen Hals, schlang die Finger in sein lockiges Haar, klammerte sich mit aller Kraft an ihn.
Schließlich beendete er den Kuß, und sie seufzte verwirrt. Würde sie ihr Herz unwiderruflich verlieren? Sie preßte eine Wange an seine Brust und lächelte, als das Kraushaar ihre Nase kitzelte. Wie wunderbar er roch, nach Erde und Regen …
»Gibt es noch andere Lügen, die du mir gestehen willst?« flüsterte er.
»Nein.«
Er lachte leise über die Scheu, die in ihrer Stimme mitschwang. »Nein? Was heißt das? Gibt es sonst keine Lügen, oder möchtest du kein Geständnis ablegen?«
Sie rieb ihr Gesicht an seiner warmen Haut. »Da waren noch mehr Lügen …« Als sie spürte, wie er sich versteifte, fügte sie rasch hinzu: »Aber die sind so unwichtig, daß ich sie vergessen habe. Sobald ich mich daran erinnere, werde ich dir alles erzählen, das verspreche ich.«
Da entspannte er sich wieder, und sie dachte: Die Lüge muß für ihn die schlimmste aller Sünden sein.
»Jade?«
»Ja, Caine?«
»Begehrst du mich?« Ohne eine Antwort abzuwarten, stieß er hervor: »Verdammt, sei ehrlich zu mir! Keine Lügen mehr! Ich muß es wissen. Sofort!«
»Ja, Caine, ich begehre dich – sehr sogar.« Das hörte sich so an, als hätte sie sich zu einem schrecklichen Verbrechen bekannt.
»Jade, wenn sich eine Frau und ein Mann nacheinander sehnen, ist das ein Grund zur Freude – nicht zur Verzweiflung.«
»Sowohl das eine wie auch da andere …« Was nun geschehen würde, ließ sie erschauern. Einerseits konnte sie es kaum
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