Die Rache des Marquis
überwinden – und deinen Stolz.«
»Tatsächlich?«
»Eines Tages wirst du mir sicher für mein Täuschungsmanöver dankbar sein, Caine. Außerdem – nun ist es ohnehin vorbei.«
Langsam schüttelte er den Kopf und lächelte. Jade wußte nicht, was sie davon halten sollte. Weil sie es nicht wagte, ihn aus den Augen zu lassen, hatte sie nicht über die Schulter geschaut und die Entfernung zur Tür falsch eingeschätzt. Plötzlich stieß ihr Rücken gegen die Wand. Sie stand in einer Zimmerecke – in der Falle.
Caines Lächeln vertiefte sich. Offenbar erkannte er ihre Zwangslage und genoß sie in vollen Zügen.
»Es – es ist vorbei«, stammelte sie.
»Nein, es hat gerade erst angefangen, Süße.« Er schlenderte zu ihr und stützte die Hände zu beiden Seiten ihres Kopfes gegen die Wände.
»Du meinst – die Fahndung nach dem Tribunal, nicht wahr?«
»Nein, ich meine dich und mich«, erwiderte er und neigte sich herab. »Hast du mit mir geschlafen um mich zu schützen?«
»Was für eine lächerliche Frage!«
»Antworte.«
»Natürlich nicht«, wisperte sie und starrte auf seine Brust.
»Tatest du es, um dein Gewissen zu beruhigen – weil du mich hintergangen hast?«
»Nein!« schrie sie, dann merkte sie, wie angstvoll ihre Stimme klang, und änderte sofort ihren Tonfall. »Ich fühle mich niemals schuldig, wenn ich lüge. Das kann ich sehr gut, und ich schäme mich meiner Begabung nicht. Ich bin stolz darauf.«
Caine schloß kurz die Augen und flehte den Allmächtigen in einem stummen Gebet an, er möge ihm helfen, Geduld zu üben. »Warum hast du dann mit mir geschlafen?«
»Das weißt du doch.«
»Sag es mir.«
»Weil ich es wollte«, flüsterte Jade.
»Wieso?« Sie versuchte, einen seiner Arme wegzuschieben, aber er rührte sich nicht von der Stelle. »Du wirst dieses Zimmer erst verlassen, wenn du mir die volle Wahrheit gestanden hast, Jade. Keine Lügen mehr!«
Sie schaute auf sein Kinn. »Du verlangst zuviel von mir.«
»Nur das, was auch ich zu geben bereit bin. Und wir werden den ganzen Tag hier stehen, bis …«
»Also gut. Ich wollte mit dir schlafen, weil du sanft und freundlich bist und weil ich merkte, wie sehr ich dich – mag.«
Nun sah sie in seine Augen, denn sie mußte wissen, ob er lachen würde oder nicht. Sollte er nur die geringste Spur von Belustigung zeigen, würde sie ihn ohrfeigen.
Er lachte nicht. Diesem arroganten Mann schien ihr Geständnis zu gefallen, aber sie fand, daß er ein gewisses Recht darauf hatte. »Caine – du bist ganz anders als der Mann, dessen Akte ich las. Nicht einmal dein Vorgesetzter kennt deine wahre Persönlichkeit.«
»Du hast meine Akte gelesen?«
Das hätte sie lieber nicht erwähnen sollen. Doch diese Erkenntnis gewann sie erst, als er ihre Schultern packte und ihr neue blaue Flecken zufügte. »Ja. Dazu brauchte ich eine ganze Nacht. Deine Lebensgeschichte ist bemerkenswert.«
Mehr erstaunt als wütend schüttelte er den Kopf. »Jade, diese Akte müßte unter Verschluß liegen.«
»Oh, so war es auch. Man hatte grandiose Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Lauter stabile Schlösser an den Türen und am Aktenschrank …«
»Anscheinend waren diese Maßnahmen unzulänglich«, murmelte er. »Du bist an die Akte herangekommen und hast sie gelesen. Mein Gott, nicht einmal ich hatte sie jemals in der Hand!«
»Warum solltest du dich dafür interessieren? Du weißt ja, was du erlebt hast. Und es geht in diesem Dossier nur um deine Regierungsaufträge – nicht um deine Privatsphäre … Caine, warum regst du dich so auf?« Er hatte sie noch immer nicht losgelassen. Wollte er ihr die Schulterknochen brechen?
»Du weißt alles, was ich getan habe?«
Jade nickte. »Caine, du tust mir weh.«
Da stützte er die Hände wieder gegen die Wände, um ihr den Fluchtweg zu versperren. »Trotzdem bist du zu mir gekommen? Hast du dich nicht gefürchtet?«
»Ein bißchen schon«, gestand sie »Deine Laufbahn war sehr abwechslungsreich. Ja, ich machte mir Sorgen. Aber nachdem ich dich kennengelernt hatte, begann ich, an der Art und Weise zu zweifeln, in der man dich eingeschätzt hat …«
»Daran solltest du nicht zweifeln. Nichts davon ist übertrieben.«
Seine kalte Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken. »Du hast getan, was du tun mußtest«, wisperte sie.
Caine war sich noch nicht sicher, ob er ihr glauben sollte. »Wie lautet mein Deckname?«
»Hunger.«
»Verdammt!«
»Versuch doch meine Situation zu verstehen. Ich mußte
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