Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
Vom Netzwerk:
Sano zu ihm gekommen war. Da Ausflüchte unmöglich und eine Verstellung sinnlos waren, beschloß Sano, direkt zur Sache zu kommen.
    »Ich möchte Euch um Hilfe bitten, den bundori- Mörder zu fassen«, sagte er.
    Die Verkäufer stießen scharf den Atem aus; dann trat Totenstille ein. Matsuis Lächeln wurde breiter; seine Augen verschwanden beinahe in dicken Fettwülsten. »Es wäre mir eine Ehre, Euch zu helfen«, sagte er gemessen, »aber ich wüßte nicht, was ich für Euch tun könnte.«
    Sano erwiderte Matsuis Lächeln. Er kam sich wie ein Händlergehilfe vor, der mit einem erfahrenen, durchtriebenen Kaufmann über ein Geschäft verhandelte. Matsuis Behauptung, nichts über den Fall zu wissen, zwang Sano, eine Karte auszuspielen, die er gern in der Hinterhand behalten hätte.
    »Ich könntet mir helfen, indem Ihr mir erklärt, welche Beziehung zwischen drei Männern bestand: Araki Yojiemon, Endō Munetsugu – an den abgeschlagenen Köpfen wurden Schildchen mit ihren Namen gefunden – und einem gewissen General …«
    Er hielt inne, doch Matsui erwiderte nichts; er wartete, daß Sano fortfuhr. Die Wächter nahmen eine gespannte Haltung ein, und die Verkäufer warfen sich unruhige Blicke zu. Sano wagte den Sprung ins kalte Wasser.
    »Und einem gewissen General Fujiwara«, endete er.
    Zu Sanos Freude wurde Matsuis Gesicht starr: Der zögerliche Schuß hatte ins Schwarze getroffen. Doch plötzlich brach Matsui in Gelächter aus, als wollte er seinen Sieg in dieser ersten Runde kundtun.
    »Das ist allerdings eines eingehenderen Gespräches wert. Ich lade Euch in mein Haus ein. Kommt, es ist nicht weit.«
    Er schlug Sano auf die Schulter und nickte den Wächtern zu. Wollte er seine Unschuld zeigen, oder wollte er den Zuhörern entrinnen?
    Draußen vor dem Laden wurden die Männer von der Menge verschlungen. Matsuis Wächter trieben die Leute zurück, indem sie ihre Schwerter erhoben. Ihre Drohungen und die düsteren Blicke sorgten dafür, daß niemand ihnen folgte. Ungehindert bewegten Sano und die beiden Samurai sich den Suruga-Hügel hinunter; Sano ritt zu Pferde, Matsui und seine Wächter gingen zu Fuß. Doch die Anwesenheit der Samurai konnte Sanos Furcht vor einem Angriff nicht mindern. Falls Matsui derjenige war, der es auf Sanos Leben abgesehen hatte, waren die Samurai alles andere als seine Beschützer.
    »Eure Wächter sind sehr tüchtige Männer, wie mir scheint«, meinte Sano und fragte sich, ob sie ihrem Herrn bei den Morden geholfen hatten. Der eine trug frische Schnittwunden im Gesicht und an den Händen. Stammten sie von Bruder Endōs Speer? »Welche Dienste leisten sie Euch?«
    Matsuis wissendes Lächeln ließ erkennen, daß er Sanos Absicht durchschaut hatte. »Sie halten mir Feinde vom Leib. Und da ich stets viel Geld bei mir trage, sind oft Diebe hinter mir her.« Er wies auf die Schnittwunden im Gesicht des einen Wächters. »Der Gauner, der das getan hat, sieht allerdings sehr viel schlimmer aus.«
    »War es ein Dieb?« fragte Sano und mußte an die Wunden des Priesters denken.
    »Wenn Ihr so wollt.«
    Sano erkannte, daß Matsui ihn zu einer offenen Beschuldigung herausfordern wollte, die er dann abstreiten konnte – wodurch er Sano zwang, entweder aufzugeben oder ihn, den Händler und Bankier der Tokugawa, zu verhaften und das bakufu ins finanzielle Chaos zu stürzen. Sano wechselte das Thema.
    »Kennt Ihr einen fuchsgesichtigen Kaufmann, der ein geübter Schwertkämpfer ist und gern Melonensamen kaut?«
    Matsui zuckte die Schultern. »In Edo wimmelt es von Kaufleuten.«
    Sano zügelte seine Ungeduld und versuchte, eine andere Taktik einzuschlagen. »Ich sehe Euch oft zu Fuß reisen. Besitzt Ihr keine Sänfte?« Mit einem aufgemalten Drachen wie dem, den Kenji vor dem Zōjō-Tempel gesehen hatte?
    »Ich besitze drei Stück.« Falls diese Frage Matsui Unbehagen bereitete, war es ihm nicht anzumerken; vermutlich war er durch seine geschäftlichen Verhandlungen sehr geübt darin, seine wahren Gedanken zu verbergen. »Aber die Sänften werden von meiner Familie benützt. Ich gehe lieber zu Fuß. Das ist gut für den Körper. Ah, da sind wir ja schon. Willkommen in meinem bescheidenen Heim, sōsakan-sama .«
    Matsuis Haus war ein großes, zweigeschossiges Gebäude mit verwitterten Holzwänden und schlichtem braunem Ziegeldach. Der Türeingang war unbewacht. Ein kleiner, kahler Hof und ein Zaun aus Bambus trennten das Haus von der Straße und den benachbarten Händlervillen. Die Sänften –

Weitere Kostenlose Bücher