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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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allesamt schwarz, ohne Verzierungen – standen in einer offenen Hütte. Doch der Mörder mußte nicht unbedingt in der Drachensänfte gesessen haben; es bestand durchaus die Möglichkeit, daß er auf andere Weise gereist war. Matsui zählte also noch immer zu den Verdächtigen. Und selbst wenn das Gespräch seine Unschuld erweisen sollte, blieben Sano noch drei andere mögliche Täter.
    In Anbetracht des tristen Äußeren des Hauses war Sano erstaunt, welche Schätze er im Inneren zu sehen bekam. Über dem langen Flur hinter der Eingangstür spannte sich eine kunstvolle vertäfelte und vergoldete Decke; die Männer kamen an Zimmern vorüber, die kostbar und üppig ausgestattet waren: mit Truhen und Schränken aus Lackarbeit, Wandgemälden, bestickten Seidenkissen und lebensgroßen Statuen. Tische und Regale beugten sich unter der Last getöpferter Vasen, Schnitzereien aus Elfenbein und Arbeiten aus Gold. Für jedes Zimmer gab es ein eigenes Hausmädchen und einen bewaffneten Wächter. In einem Salon saßen Frauen in kostbaren Kimonos in leuchtenden Farben; sie spielten Karten, rauchten silberne Pfeifen, tranken Tee und aßen Kuchen, der in der Form von Blumen gebacken war. Die Fenster gewährten den Blick auf einen üppigen grünen Garten und einen Miniatur-Tempel mit winzigen Gebetshallen, Glockenhaus und Pagode. Überall roch es nach Weihrauch und Duftwässern. Das ganze Haus war ein Sinnbild für die Geschmacklosigkeit der Händlerklasse, die ihr gleichermaßen den Neid und die Verachtung der Samurai eingebracht hatte.
    »Ich hoffe, mein armseliges kleines Heim gefällt Euch, sōsakan-sama .« In Matsuis Stimme lag ein Anflug von Spott. Die Wächter kicherten.
    Sano fragte sich, weshalb Matsui ihm so bereitwillig sein Haus zeigte. Wollte er ihm damit zu verstehen geben, daß er nichts zu verbergen hatte? Diese Vermutung lag nahe – doch Sano sah noch eine weitere, weniger harmlose Erklärung. Die Luxusgesetze untersagten es Händlern, ihren Reichtum zur Schau zu stellen; das war auch der Grund dafür, daß Matsuis Haus von außen so schmucklos war. Bei einem Verstoß gegen die Luxusgesetze riskierte der Übeltäter die Beschlagnahmung seines Geldes und aller sonstigen Besitztümer. Noch im Jahr zuvor hatte der bakufu das Vermögen der Familie Yodoya eingezogen, darunter Häuser, Reisfelder, Gegenstände aus Gold und Silber sowie 300 000 koku Bargeld.
    Dennoch hatte Matsui seinem Besucher ohne weiteres erlaubt, einen Blick auf seine immensen Reichtümer zu werfen. Offenbar war der Kaufmann sich des uneingeschränkten Schutzes durch die Tokugawa sicher, da er die Geldgeschäfte der kaiserlichen Familie äußerst geschickt handhabte.
    Glaubte er überdies sogar, er würde aus diesem Grund ungestraft davonkommen, falls er der geheimnisvolle bundori- Mörder war?
    »Nun werde ich Euch etwas zeigen, das Euch sehr interessieren dürfte«, riß Matsuis Stimme Sano aus seinen Gedanken.
    Matsui schob ein Brett in einer scheinbar festen Wand zur Seite. Ein kurzer, schmaler Gang kam zum Vorschein, der zu einer eisenbeschlagenen Tür führte. »Besondere Sicherheitsvorkehrungen«, erklärte Matsui, während er die Tür öffnete. »Für meine kostbarsten Besitztümer.«
    Sano folgte dem Kaufmann in eine kleine, fensterlose Kammer und fragte sich, was noch kostbarer sein konnte als die Dinge, die er bereits gesehen hatte. Die Leibwächter nahmen vor der eisenbeschlagenen Tür Aufstellung. Matsui rief einen Diener herbei, der eine Deckenlampe anzündete und dann verschwand. Im Licht der Lampe waren die tönernen Wände einer Kammer zu sehen, die wie ein feuersicherer Lagerraum aussah, der an das Hauptgebäude angeschlossen war. Die hintere Wand wurde von einem lebensgroßen Porträt eingenommen, das einen sitzenden Mann zeigte. Er trug eine Rüstung; den Helm hatte er abgenommen und sich auf ein Knie gelegt.
    »Mein Ahnherr, General Fujiwara«, verkündete Matsui stolz.
    Schockiert starrte Sano seinen Gastgeber an. Dann ließ er den Blick durch die Kammer schweifen. Erst jetzt erkannte er, daß der Raum ein Schrein für den General war. Unter dem Porträt standen Weihrauchschalen, Öllampen, eine Schüssel Reis, eine andere mit Orangen und eine Schale Sake auf einem Altar. Auf niedrigen Sockeln an den Seitenwänden standen Gegenstände, die Sano im schummrigen Licht nicht zu erkennen vermochte. Doch er konnte den Ruß sehen, der die Wände geschwärzt hatte. Die Dochte der Lampen waren heruntergebrannt; die Nahrungsmittel

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