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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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den sōsakan-sama Seiner Hoheit.«
    Magistrat Ueda musterte Sano mit sorgfältig prüfenden Blicken, während er sich verbeugte. Er hatte volles graues Haar, derbe, fleischige Züge und eine frische, jugendliche Gesichtshaut. Die Augen unter den schweren Lidern blickten wach und voller Intelligenz. Die Falten um seinen Mund verrieten, daß er oft und gern lächelte. Im Augenblick allerdings nicht.
    »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, Sano- san «, erwiderte er, nachdem Sano ihm seine Achtung und Dankbarkeit bekundet hatte. Ueda besaß eine leise, aber feste Stimme – die Stimme eines Mannes, der es nicht nötig hatte, mit seiner Macht zu protzen. »Und das ist meine Tochter Reiko.«
    Sano verbeugte sich und war höflich genug, nicht zu lange oder zu eingehend hinzuschauen. Und Reiko, eine wohlerzogene junge Dame, hielt den Kopf züchtig gesenkt, wobei sie den unteren Teil ihres Gesichts hinter ihrem Fächer verbarg. Sano konnte nur einen kurzen Blick auf ihre langen Wimpern, die weiße Stirn und die hohen, dünnen, geschminkten Brauen erhaschen.
    »Nun denn«, sagte Noguchi und rieb sich in übertriebener Unternehmungslust die Hände. »Laßt uns um die Kiyomizu-Halle spazieren. Einverstanden? Dort sind die Kirschblüten besonders schön.«
    Sie stiegen den Hügel hinauf. Sano wußte, daß er seinen möglichen Schwiegervater nun durch seine Intelligenz und geistreiche Bemerkungen hätte beeindrucken sollen; doch ihm wollte nichts Intelligentes oder Geistreiches einfallen. Dieses Treffen, das mitten in seine schwierigen und gefährlichen Nachforschungen hineinplatzte, kam ihm unwirklich vor. Er konnte ja nicht einmal sicher sein, daß er überlebte, um heiraten zu können.
    Noguchi brachte ein Gespräch in Gang, indem er ein Gedicht vortrug, das dem Anlaß angemessen war:

    »Nur kurz steht es in voller Blüte –
    Ach, unser aller Leben …«

    Dankbar, daß sein Freund ihm einen Anstoß gegeben hatte, vollendete Sano das Gedicht:

    »Doch wenn erst vier Tage vergangen –
    wo sind die Kirschblüten geblieben?«

    Sano trug weitere, ähnliche Gedichte vor, um seine literarische Bildung unter Beweis zu stellen, und erkundigte sich, wie die Reise der Familie Ueda zum Tempel verlaufen war. Dann aber gingen ihm wieder die Worte aus; die Gedichte erinnerten ihn an die knappe Zeit, die ihm blieb, um den Mörder zu finden. War seine Hoffnung auf Erfolg so flüchtig wie die sterbenden Kirschblüten?
    Schließlich ergriff Magistrat Ueda das Wort und beendete das peinliche Schweigen. »Darf ich ein Wort unter vier Augen mit Euch reden, Sano- san ?«
    Sano schaute Ueda in unbehaglichem Schweigen an. Eigentlich verlangte es der Brauch, daß die zwei Familien sich in der Gruppe unterhielten. Bevor Sano antworten konnte, kam Noguchi ihm zuvor.
    »Aber gewiß, ehrenwerter Magistrat. Selbstverständlich«, sagte er, offensichtlich darauf bedacht, Wiedergutmachung für Sanos bedauerliche Verspätung zu leisten. »Geht nur schon voraus. Ich werde die Damen allein begleiten.« Durch scheuchende Handbewegungen bedeutete Noguchi seinem Schützling, mit dem Magistraten vorauszugehen; dann gesellte er sich zu Sanos Mutter, Reiko, Hana und den Dienerinnen.
    Sano ging mit Magistrat Ueda voraus. Da er befürchtete, seine bisher vorgebrachten Entschuldigungen wären unangemessen gewesen, sagte er: »Mein Zuspätkommen ist unverzeihlich. Ich bitte Euch und Eure Tochter um Verzeihung – auch wenn ich nicht das Recht habe, Eure Vergebung zu erwarten.«
    »Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen, Sano- san .« Magistrat Uedas Stimme war ernst, aber nicht unfreundlich. »Die Aufgabe, die der Shōgun Euch übertragen hat, soll, ja muß den größten Teil Eurer Kraft und Zeit in Anspruch nehmen. Euer Zuspätkommen vergebe ich Euch gern, doch ich habe andere Sorgen, was Euch betrifft. Darf ich offen sprechen?«
    Sano nickte, mißtrauisch und gespannt zugleich.
    »Meine Informanten haben mir mitgeteilt, Kammerherr Yanagisawa habe dafür gesorgt, daß Ihr nicht mehr das Wohlwollen des Shōgun genießt. Überdies sollt Ihr den Kammerherrn auf irgendeine Weise gegen Euch aufgebracht haben.« Während sie über den Pfad schritten, der sich zwischen Kirschbäumen dahinschlängelte und um eine kleine Bodenvertiefung herum führte, betrachtete Magistrat Ueda eine Gruppe ausgelassener, lärmender Männer, die einander mit Reiswein zutranken. Dann fügte er hinzu: »Und ich hörte, daß Ihr auf die Insel Sado verbannt werdet, falls Ihr den Mordfall nicht

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