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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Mut geriet ins Wanken, doch er verharrte, ließ sich auf die Knie fallen und sprudelte hervor: »Sagt mir bitte, ehrenwerter Kammerherr, wodurch ich mir Euren Unwillen zugezogen habe. Was es auch sein mag – ich habe es nicht mit Absicht getan. Und ich möchte Wiedergutmachung leisten.« Falls Yanagisawa ihm dies zugestand, würde er sich vielleicht zu einem Gespräch bereit erklären, das seine Unschuld erwies – an der Sano keinen Augenblick zweifelte.
    Statt einer Antwort holte Yanagisawa mit dem Bein aus und verpaßte Sano einen heimtückischen Tritt. Seine dick besohlte Holzsandale traf Sano an der Schulter. Sano wurde nach hinten geschleudert und stieß einen Schrei aus, in dem sich Schmerz und Erstaunen mischten. Zorn loderte in ihm auf; am liebsten hätte er sein Schwert gezogen und es gegen diesen Mann gerichtet, von dem die Regeln des bushidō geboten, ihn als Stellvertreter seines Herrn zu sehen und sich entsprechend zu verhalten. Sano wünschte sich beinahe, beweisen zu können, daß Yanagisawa der bundori -Mörder war …
    Yanagisawa stand über ihm, die Fäuste in die Hüften gestemmt. Weiße Linien heißen Zorns spannten die Haut um seinen Mund. »Ihr könnt weder durch Worte noch durch Taten wiedergutmachen, daß Ihr versucht, mich als Mörder hinzustellen.«
    »Aber das versuche ich doch gar nicht«, protestierte Sano, noch immer entsetzt über den untypischen Temperamentsausbruch des Kammerherrn. Wenn er nicht beim Shōgun war, hielt er es offenbar für unnötig, seine glatte, überlegene Art zur Schau zu stellen. Sano erhob sich schwankend. Er erkannte, daß die Spione im Palast Yanagisawa von Noguchis Suche nach den Nachkommen General Fujiwaras berichtet haben mußten. »Ich habe bloß eine Spur verfolgt. Ich konnte ja nicht wissen, daß Eure Herkunft Euch mit den Morden in Verbindung bringt. Sämtliche Nachforschungen, die ich über Euch anstelle, sind bloße Formalitäten, damit eine umfassende Untersuchung des Falles gesichert ist. Ich habe niemandem gesagt, daß Ihr ein Verdächtiger seid, und ich habe nicht versucht, Euch zu belasten. Denn ich kann mir unmöglich vorstellen, daß Ihr der bundori- Mörder seid.«
    Yanagisawa schien Sanos Worte gar nicht zu hören. Er rückte vor, drängte Sano in Richtung des Tores. »Ihr wollt meinen Ruf zunichte machen und den Shōgun gegen mich aufbringen, indem Ihr meine Ahnen verleumdet und Lügen über mich verbreitet.« Seine Worte drangen wie die Spritzer einer ätzenden Flüssigkeit aus seinem verzerrten Mund. »Aber das werde ich nicht zulassen. Habt Ihr verstanden?«
    Sano brachte kein Wort hervor. Er war wie betäubt von den Behauptungen des Kammerherrn. Eine solche Intrige wäre ihm nie in den Sinn gekommen – obwohl er vermutete, daß andere Beamte des bakufu einen Widersacher auf diese Weise in Verruf brachten. Jetzt wurde ihm klar, daß der anfängliche Grund für die Feindseligkeit des Kammerherrn unbedeutend war im Vergleich zu der vermeintlichen Anschuldigung Sanos, daß Yanagisawa ein Mörder sei. Sano erkannte, daß er nichts mehr zu verlieren hatte. Er beschloß, den Kammerherrn gleich hier und jetzt zur Rede zu stellen.
    »Ehrenwerter Kammerherr«, sagte er, »Ihr könnt Eure Unschuld beweisen, indem Ihr mir sagt, wo Ihr Euch zum Zeitpunkt der Morde aufgehalten habt. Falls Ihr ein stichhaltiges Alibi habt, wird die Sache fallengelassen, und …«
    Sano stieß scharf den Atem aus, als der Kammerherr ihn am Kragen packte und ihn so nah an sich heranriß, daß ihre Gesichter sich beinahe berührten.
    »Hört mir zu, sōsakan , und hört gut zu«, zischte Yanagisawa, dessen Gesicht vor Wut zu einer häßlichen Fratze verzerrt war. Sano versuchte sich aus dem Griff zu befreien, doch Yanagisawa hielt ihn mit einer Kraft fest, die für einen so schlanken Mann wie ihn erstaunlich war.
    »Ich bin der höchste Beamte des Shōgun. Und Ihr seid bloß noch für drei Tage sein Lakai. Ihr habt kein Recht, mich zu befragen, so wie ich nicht verpflichtet bin, Euch zu antworten. Und wenn Ihr mich weiterhin mit Euren unverschämten Fragen und falschen Anschuldigungen belästigt, werde ich …«
    Kammerherr Yanagisawa hielt inne, bevor er eine offene Drohung aussprach. War ihm bewußt geworden, daß er, der höchste Beamte des bakufu , sich wie ein Straßenschläger aufführte? Oder fürchtete er sich davor, sich einen Mann zum Todfeind zu machen, der ihn vernichten konnte?
    Was immer der Grund sein mochte, Yanagisawa ließ Sano los und atmete tief

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