Die Rache ist Dein
Marge unterdrückte ein Lächeln. »Vega ... findet sich sehr gut zurecht.«
»Und wie kommst du als Mutter zurecht?« wollte Decker wissen.
»Ganz gut«, erwiderte Marge. »Na ja, das Ganze ist doch zeitlich begrenzt, selbst wenn die nächsten paar Jahre vielleicht noch etwas stürmisch werden. Sie ist jetzt dreizehn. Wenn sie achtzehn ist, verschwindet sie ja sowieso aus meinem Leben, oder?«
Die beiden Männer brachen in Gelächter aus.
»Was ist?« Marges Blick schoß von Oliver zu Decker. »Klärt mich auf. Ich würde auch gern lachen.«
Decker schüttelte den Kopf. »Margie, das ist eins der Dinge, die mit dem ... Elternsein zu tun haben. Man muß einfach da sein.«
»Nimm ihr doch nicht die Illusion«, sagte Oliver. »Denn genau das ist es - eine Illusion.«
»Redet ihr nur. Ich beachte euch einfach nicht.«
Decker lachte in sich hinein, nahm sich eine andere Mappe vor. Eine der unmarkierten. Ein paar Minuten lang las er konzentriert. »Du glaubst also, der Fall mit der Lady und dem roten Ferrari gehört nicht dazu.«
»Zum einen ist es schwierig, einen Ferrari zu klauen. Der Wagen hat Handschaltung. Und auch wenn man damit umgehen kann, muß man wissen, wo die Gänge liegen. Und selbst wenn man sich mit der Gangschaltung auskennt, muß man ein derart temperamentvolles Auto fahren können. Außerdem war die Frau allein und trug nichts, was sie behindert hätte. Die Vorgehensweise ist nicht dieselbe. Entführung gegen Lösegeld. Sie war reich.«
»Klingt wie der Armand-Crayton-Fall«, meinte Marge.
»Außer, daß sie nicht gestorben ist, wie Crayton. Oder doch?« Decker sah zu Oliver. »Was ist aus ihr geworden?«
»Ich nehme an, daß das Lösegeld gezahlt wurde und es ihr gut geht.«
»Und die Entführer wurden nie geschnappt?«
»Offensichtlich nicht. Sonst wäre der Fall nicht mehr offen.«
»Merkwürdig«, sagte Decker. »Entführung hat die höchste Aufklärungsrate. Haben die das Auto wiederbekommen?«
»Keine Ahnung. Ich ruf Osmondson an und frag ihn.«
»Die Frau fuhr einen roten Ferrari, Crayton eine rote Corniche. Glaubst du, da besteht eine Verbindung?«
»Was? Eine Bande, die auf zwei Ebenen arbeitet?«
»Eine für die ausgefallenen Modelle, eine für die normalen.«
»Bei zwei der Mutter-Kind-Überfälle ging es jeweils um einen Mercedes«, warf Marge ein. »Zwei Mercedes, fünf Volvos, ein BMW, ein Jeep«, sagte Decker. »Nicht dieselbe Klasse wie Ferraris und Corniches.«
»Im Crayton-Fall haben die Entführer kein Lösegeld verlangt«, erinnerte ihn Marge.
»So weit sind die nie gekommen. Der Wagen ist einen Abhang runtergestürzt und explodiert.
Crayton verbrannte.«
»Ich sag ja nur, daß die Witwe nie kontaktiert wurde.«
»Armand Crayton war in kriminelle Aktivitäten verwickelt«, mischte sich Oliver ein. »Er hatte mit Verbrechern zu tun. Wir haben Auftragsmord nie ausgeschlossen.«
»Stimmt«, meinte Decker. »Als er starb, liefen diverse Verfahren gegen ihn.«
»Die Fahrerin des Ferrari ... wie heißt sie noch?« Decker blätterte in den Unterlagen. »Elizabeth Tarkum.«
»Soweit ich weiß, hatte sie keine Vorstrafen. Sie war einfach eine reiche Frau am falschen Ort zur falschen Zeit.«
»Eine reiche junge Frau«, korrigierte Decker. »Sechsundzwanzig, und sie fuhr einen Ferrari.«
Oliver hob die Augenbrauen. »Crayton war wie alt? Dreißig?«
»Einunddreißig.«
»Womit war Crayton beschäftigt?« fragte Marge. »Verkauf nach dem Schneeballprinzip?«
»Er verkaufte Land, das ihm nicht gehörte ... so was in der Art.«
»Nein, das Land, das er verkaufte, gehörte ihm schon. Aber aus irgendeinem Grund ist er bankrott gegangen. Einzelheiten waren schwer rauszukriegen.« Decker lehnte sich im Stuhl zurück. »Bei dem Fall hatte ich ständig das Gefühl, daß mich jemand behindert.«
»Wer denn?«
»Weiß ich nicht. Ich hab Webster auf die Frau angesetzt, aber er hat nichts erreicht.«
»Vielleicht hatte diese Tarkum auch ein paar Leichen im Keller«, überlegte Marge. »Wenn man bedenkt ... fährt mit sechsundzwanzig einen Ferrari.«
»In den Unterlagen deutet nichts darauf hin«, sagte Oliver.
»Wie alt ist ihr Mann?« fragte Decker.
Oliver zuckte die Schultern. »Keine Ahnung.«
Marge griff nach ihrer Tasse und tropfte Kaffee auf ihren Schoß. Mit gerunzelter Stirn rieb sie an dem Fleck herum. »Deshalb trage ich Schwarz. Ich kann kleckern, und niemand merkt es.« Decker reichte ihr die Schachtel mit Papiertüchern. »Darum trage ich braun. Da
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