Die Rache ist Dein
schluckte den Köder. »Dein Auto dampft wie eine Wasserpfeife. Da ich im öffentlichen Dienst stehe, dachte ich, daß vielleicht jemand Hilfe braucht.«
Cindy widerstand der Versuchung, zu ihrem Auto zu sehen. »Ja, verstehe. Aber warum bist du hier:« Gedanken schössen ihr durch den Kopf. »Ich schlag hier nur die Zeit tot, bevor ich zu meinem Vater zum Essen gehe. Er wohnt etwa zwanzig Minuten von hier entfernt, und ich will nicht zu früh kommen.« Nervöses Lachen. »Du weißt, wie das ist.«
»Ah, ja.« Hayleys Kichern war ebenso nervös. »Auch ich schlag Zeit tot. Ich treffe mich mit Scott Oliver und will nicht zu früh da sein.« Noch ein Grinsen. »Du weißt, Wiedas ist.« Cindy brauchte einen Moment, um sich von dem Schock zu erholen. Oliver hatte ihr doch erst gestern gesagt, daß er Marx nicht ausstehen konnte. »Oliver?« Sie tat uninteressiert. »Was bist du? Eine Masochistin?«
Hayley lachte. »Kann schon sein.« Sie hob hilflos die Hände. »Ich hab ihm gestern was aufs Band gesprochen. Er hat zurückgerufen.« Ein Schulterzucken. »Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.«
Cindy lächelte, merkte aber, wie sehr es schmerzte. Sie ging auf Hayley zu. »Warum reden wir eigentlich aus drei Metern Abstand miteinander?«
Gemeinsam gingen sie zu Cindys Saturn. »Was um alles in der Welt ist mit deiner Karre passiert? Willst du nicht die Motorhaube öffnen?«
»Ja, ich wollte sie nur vorher abkühlen lassen.«
»Das nennst du abgekühlt?«
Cindy seufzte. »Toller Abschluß für einen absolut beschissenen Tag.« Sie stieg ins Auto und öffnete die Motorhaube. Rauch wogte in den Abendhimmel. Cindy zog am Hebel für den Kofferraum. »Ich hab einen Wasserkanister dabei.«
»Ich hol ihn.« Hayley kam mit dem Kanister und einem dreckigen Lappen zurück. Sie beugte sich über den Motor und wedelte den Qualm weg. »Erstaunlich ... daß wir uns hier oben treffen.«
»Glaubst du an Zufälle?« fragte Cindy.
»Eigentlich nicht«, erwiderte Hayley. »Aber dies ist weiß Gott einer.«
Vielleicht ja, vielleicht aber auch nicht. Im Augenblick war Cindys Skepsis kaum zu übertreffen. »Woher kennst du diesen Fleck?«
»Ich kenne ihn überhaupt nicht, bin früh los, um dem Verkehr aus dem Weg zu gehen, und einfach so rumgefahren ... kann ich den Lappen benutzen, um den Kühler aufzuschrauben?«
»Klar.« Cindy stieg aus, trat zu ihr. »Wann triffst du dich mit Oliver?«
Hayley sah auf die Uhr. »In einer Stunde.«
»Meine Güte, da bist du ja wirklich früh los.«
»Ich bin nervös«, gab Hayley zu. »Fahren beruhigt mich. Sollen wir was trinken gehen vor unseren jeweiligen Verabredungen?«
Jetzt sah auch Cindy auf die Uhr. »Ich muß zu meinem Vater. Wie ist es mit morgen, oder mußt du arbeiten?«
»Nein, ich hab frei. Mittags oder abends?«
»Lieber abends. Samstag abends allein zu sein, ist so deprimierend.«
»Stimmt. Aber falls Oliver doch nicht der Holzkopf ist, den ich in Erinnerung habe, sag ich dir ab.«
»Okay.« Cindy fühlte sich weniger einsam. »Viel Glück.«
»Das kann ich brauchen. Ich komm mir vor wie ein totaler Idiot. Soll ich das ganze Wasser reinschütten?«
»Ja, mach nur. Ich kann nachfüllen, wenn ich bei Dad bin.« Hayley betrachtete Cindy. »Du bist ein bißchen blaß.« Cindy lächelte. »Wie gesagt, der Tag war beschissen ... «
»Warum hast du dich im Auto versteckt?«
Beide beäugten sich aufs neue. »Ziemlich einsam hier oben«, sagte Cindy. »Wollte erstmal sehen, wer da kommt.«
Hayley sah als erste weg. »Du bist ja noch paranoider als ich. Bedrückt dich was, Decker?« Cindy zupfte sich am Ohr. »Die Welt, Hayley. Die Welt bedrückt mich.«
17
Langsam fuhr Cindy den Berg hinunter; Hayley folgte ihr. Die Motorhaube war immer noch heiß, aber der Kühler dampfte nicht mehr. Dads Haus war nicht weit, und Cindy meinte, es zu schaffen. Nach einer Meile trennten sie sich, Hayley winkte ihr lächelnd zu. Vielleicht ein bißchen zu enthusiastisch, dachte Cindy. Wie viel Hayley ihr wohl geglaubt hatte? Und wieweit konnte sie Hayley glauben? Im Moment war Hayley nicht ihr größtes Problem. Ein roter Camry beschäftigte sie, kein weißer Mustang.
Theorien schössen ihr durch den Kopf, angefangen mit Crayton. War sie die nächste auf einer langen Liste von Opfern? Aber wieso? Sie war viel zu unbedeutend, nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Also hatte es vielleicht doch nichts mit Armand zu tun. Cindy wußte, daß es in dieser Gegend in letzter Zeit mehrere
Weitere Kostenlose Bücher