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Die Rache ist Dein

Die Rache ist Dein

Titel: Die Rache ist Dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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steiler wurde.«
    Sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. »Das war verrückt, Dad. Ich hatte den Sichtkontakt mit dem Auto verloren. Aber ich war die ganze Zeit hinter ihm. Ich fuhr nicht viel langsamer als er. Dann endete die Straße, und das Auto war nirgends zu sehen. Ein Camry ist kein Geländewagen. Wohin kann er verschwunden sein?«
    »Uber die Felskante«, sagte Marge trocken.
    »Nicht, solange ich dort war. Ich hätte es gehört, wenn zweitausend Tonnen Stahl auf die Felsen geprallt wären.«
    »Nachdem du den Camry verloren hast, ist er wahrscheinlich irgendwo abgebogen und dir entwischt«, meinte Decker.
    »Ich hab nach Abzweigungen von der Straße gesucht. Ich konnte keine finden.«
    »Der Wald ist dicht«, sagte Marge. »Er kann den Wagen nur ein kleines Stück von der Straße weggefahren und im Gebüsch versteckt haben, bis du wieder runterkamst.«
    »Ein qualmendes Auto wäre mir aufgefallen.«
    »Das Auto hat gequalmt?« fragte Decker.
    Cindy seufzte. »Vielleicht nicht. Das hab ich wohl gesagt, weil mein Auto qualmte. Ich weiß nur, daß ich keine Abzweigung gesehen und keinen Aufprall gehört habe.« Sie schüttelte den Kopf, froh, daß es im Wagen so dunkel war. »Ich hätte es sofort melden sollen. Vielleicht hätte jemand mit mehr Erfahrung den Camry anhalten können, bevor er hundertfünfzig Meter in die Tiefe stürzte. Indirekt fühle ich mich für den Tod des Fahrers verantwortlich.«
    »Wer sagt, daß der Fahrer tot ist?« fragte Decker. »Du hast gerade gesagt, daß du keinen Aufprall gehört hast. Vielleicht ist das Auto über die Felskante gestoßen worden, als du weg warst.« Cindy setzte sich auf. »Glaubst du?«
    »Hat jemand was von einer Leiche gesagt, Marge?«
    »Ich hab mit niemand vom Tatort gesprochen«, antwortete Marge. »Der Deputy, den ich am Apparat hatte, sagte, sie wären noch dabei, das Wrack zu untersuchen.«
    Marge drehte das Fenster halb runter. Ein modriger Geruch wehte in den Wagen, dicht und feucht. Das Brummen des Motors klang künstlich und laut im Vergleich zu den nächtlichen Geräuschen der Natur. Marge schaltete, kroch den Berg hinauf. Selbst das Fernlicht konnte die Dunkelheit kaum durchdringen. Marge knipste das Innenlicht an und reichte Decker einen Zettel. »Kannst du mir die Wegbeschreibung vorlesen?«
    »Mit angeschaltetem Innenlicht zu fahren, ist strafbar.« Cindy nannte den Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch. »Ich hätte lieber Jura studieren sollen.«
    Decker drehte sich um und lächelte mitfühlend. »Als dein Vater würde ich mir wünschen, daß du vergißt, was passiert ist, und einfach weitermachst. Als Polizist muß ich dir sagen, daß du darüber nachdenken solltest, was schiefgegangen ist. Gott weiß, daß Selbstbefragung das persönliche Glück beeinträchtigt. Und Gott weiß, daß ich dich vor allem glücklich sehen möchte. Aber was ich will, ist nicht so wichtig wie das, was du willst. Du möchtest eine gute Polizistin sein. Was manchmal heißt, mit sich unzufrieden zu sein.«
    Tja, die Sache mit der Unzufriedenheit bekam sie bisher gut hin. »Danke für deine Ehrlichkeit.«
    »Danke, daß du es so gut aufnimmst.« Decker entfaltete die Wegbeschreibung und las laut vor. »Etwa einen Kilometer bergauf. Du mußt sehr langsam fahren und genau hinsehen. Zwischen zwei Platanen findest du eine Wagenspur. Das ist die Abzweigung ... « Wieder drehte er sich zu Cindy um. »Da hast du deine verpaßte Abzweigung.«
    »Jep.« Sie versuchte, ganz professionell zu bleiben, kam sich aber noch blöder vor. Sie hatte nicht nur den Wagen verloren, sondern auch noch die Abzweigung übersehen.
    »Bleib anderthalb Kilometer auf dem Weg«, fuhr Decker fort. »Fahr ganz langsam, weil er schmal ist und zum Teil steil abfällt ... «
    »Wie steil?« unterbrach Marge.
    »Steht hier nicht«, murmelte Decker. »Ich hätte zu Hause bleiben sollen. In dieser Dunkelheit kann man ja kaum was erkennen.«
    »Ich hab dir doch gesagt, ich schaff das alleine.« '»Niemand sollte hier allein unterwegs sein.«
    »Ich hätte Scott über seine Pager benachrichtigt. Klang nicht so, als hätte er ein heißes Date. Er wäre bestimmt eingesprungen, damit du deinen Sabbat in Ruhe verbringen kannst.«
    Klang nicht so, als hätte er ein heißes Date. Cindy unterdrückte ein Lächeln, tadelte sich aber gleich. Warum denkst du immer noch an ihn? Natürlich wußte sie, warum. An Scott zu denken, war angenehmer, als sich wie ein Versager zu fühlen.
    Marge war noch langsamer geworden.

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