Die Rache. Thriller.
er.
»Ja!«
»Mensch, dann ist dieser Anruf für Sie!«
Duncan nahm den Hörer in die Hand.
»Ja, ja, hallo, ich bin hier!« Er schloß abrupt die Tür vor dem erstaunten Tankwart, der schließlich mit den Schultern zuckte und fortging.
»Das ist ja toll, Duncan! Ich hätte nicht gedacht, daß du es diesmal schaffst! Wirklich, meine Anerkennung«, sagte Olivia mit gespielter Begeisterung.
»Du hast gesagt, es ist die Zelle bei dem Laden!«
»Du mußt eben flexibel sein«, gab sie zurück.
»Du hast gesagt, daß ich dorthin soll!«
»Duncan, jetzt beruhige dich doch! Ich wollte nur wissen, ob du auch mitspielst.« Sie lachte kurz auf. »Ich hätte in ein paar Minuten sowieso die andere Zelle angerufen. Ich wollte nur mal sehen, ob du das hier mitkriegen würdest.« Wieder lachte sie. »Vielleicht hätte ich aber auch nicht drüben angerufen.«
Duncan holte tief Luft. Er versuchte, zur Ruhe zu kommen, merkte aber schnell, daß er dazu nicht in der Lage war. Nur seine Stimme bekam er in den Griff.
»Was passiert jetzt?« fragte er.
»Jetzt gebe ich nur noch Richtungen an, kapiert?«
»Nein, doch, ja gut, rede weiter.«
»Hörst du zu?«
»Ja.«
»Hol den Kompaß raus! Drei Komma drei Meilen nördlich. Zwei Komma sechs Meilen östlich. Bei der Gabelung eins Komma eins Meilen nordöstlich. Hier parkst du. Westlich siehst du ein Feld. Da gehst du rein, bis du einen Hinweis findest. Dort wartest du auf neue Anweisungen. Klar?«
»Bitte wiederhol das noch mal, Olivia.«
»Duncan, also wirklich, ich gebe mir alle Mühe, fair zu sein. Ich glaube, das machst du dir gar nicht klar.« Sie lachte zynisch. »Also gut, ich sag’ es noch mal. Norden drei Komma drei, Osten zwei Komma sechs, Nordosten eins Komma eins. Los Duncan, weiter!« Sie hängte ein und wandte sich an Bill Lewis und Ramon Gutierrez.
»Wie ein Lemming, der auf den Abgrund zurennt. Er hat die Orientierung verloren, ist total verängstigt und macht alles mit. Man kann sagen, er ist reif. Wir haben unsere Mission erfüllt«, sagte sie lächelnd. »Fahren wir!«
Beide Männer antworteten mit einem verlegenen Grinsen. Sie waren zu aufgeregt, um zu sprechen.
Schwächlinge! dachte sie verächtlich. Kaum sind sie am Geld dran, kriegen sie die Muffe. Aber ich brauche sie ja noch. Allerdings nur kurze Zeit. Sie verließ das Einkaufszentrum mit großem Tempo. Die beiden Männer mußten sich beeilen, um Schritt zu halten.
Duncan setzte sich wieder hinter das Steuer und stellte den Wegmesser auf Null. Er legte sich beide Hände an den Kopf, um den Schwindel loszuwerden, der immer mehr Besitz von ihm ergriff. Ihm war, als tauche ihn jemand mit Gewalt in einen Whirlpool. Sein Herz raste wie wild. Er versuchte erneut, sich zu beruhigen, wiederholte die Richtungsangaben und nahm den Kompaß aus der Tasche.
Die Nadel zitterte, beruhigte sich dann aber, und Duncan stellte fest, daß er eine Seitenstraße nehmen konnte, um Richtung Norden zu fahren. Er wendete den Wagen, atmete tief ein und machte sich auf den Weg.
Nach einer halben Meile befand er sich mitten auf dem Land. Die Straße führte an alten Neu-England-Bauernhäusern vorbei. Er bemühte sich, langsam zu fahren und die Gegend zu betrachten. Die Häuser waren zumeist weiß, schindelgedeckt, gezeichnet vom Alter und vielen, harten Wintern. Die Scheunen schienen gebeugt von der Last der Jahre, die Erde war braun, die Baumstämme waren schwarz. Die starr herabhängenden Äste bildeten bizarre Silhouetten gegen den frühen Abendhim-mel. Die Welt erschien ihm plötzlich urtümlich, wie neu erschaffen und erschreckend. Die Straße war kiesbedeckt und rutschig, immer wieder geriet der Wagen in Schlaglöcher. Er fuhr durch Felder und an Hügeln vorbei, kein Auto weit und breit bis auf einige Traktoren, die er hier und da überholte.
Die erste Etappe hatte er hinter sich, er sah auf den Kompaß, fand die Gabelung und fuhr weiter in Richtung Nordosten. Erregung überkam ihn, und für Sekunden dachte er voller Freude daran, daß er bald seinen Sohn wiedersehen würde. Dann wieder kämpfte er gegen jede verfrühte, falsche Hoffnung an. Ein Blick auf den Rich-tungsmesser: gleich eine Meile, eins Komma eins.
Duncan hielt den Wagen an.
Jeder kleinste Rest von Tageslicht war kostbar. Von Sekunde zu Sekunde wurde es weniger, der Himmel war von tiefem Grau bedeckt, das immer schwärzer wurde.
Duncan stieg aus und ging auf das Feld zu, das vor ihm lag. Es war von einer Steinmauer begrenzt, die ihm etwa bis zur
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