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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Nagel aus dem Versteck holen, als er im Flur Schritte hörte.
    »Schnell zurück zum Bett, Tommy!« flüsterte er. Zugleich dachte er: Sie hat uns bewußt in diese Zelle eingesperrt. Aber sie hat uns außerdem, ohne es zu merken, klargemacht, was wir zu tun haben. Als sie im Gefängnis war, was tat sie da? Am ersten Tag schlug sie ihren Bewacher nieder. Dann hat sie sich alle Details für ihre spätere Rache genau ausgedacht. Eins aber hat sie sicher nicht getan: tatenlos herumzusitzen und sich in Selbstmitleid üben so wie ich.
    Tommy sprang behende durch den Raum, und Pearson folgte ihm. Da ging die Tür auf, und Olivia trat ein, in der Hand einen kleinen Kassettenrecorder.
    »Guten Tag, meine Herren!« sagte sie barsch. »Na, unterhalten wir uns gut?«
    Der Richter sah sie zornig an. Er bemerkte, daß auch Tommy böse dreinblickte und keineswegs ängstlich zusammenzuckte.
    »Während meiner achtzehn Jahre Urlaub auf Staatsko-sten habe ich genau sechshundertsechsunddreißig Tage in strenger Einzelhaft verbracht. So nennen es die Schließer, für uns war es nur das Loch. Da war es nicht so hübsch wie hier oben, Herr Richter. Aber vielleicht begreifen Sie das allmählich.«
    »Was soll das?« fragte Pearson verärgert.
    »Ich will Ihnen einen Teil Ihres Lebens stehlen, und diesem Jungen da auch. Mit mir wurde ja nicht besser verfahren.«
    »Ach hören Sie doch auf«, sagte der Richter.
    Sie antwortete, nicht. Ein unbehagliches Schweigen legte sich über den Raum.
    »Sie erinnern sich doch sicher an die Getty-Entführung, nicht wahr, Herr Richter? Der Enkel des Milliardärs. Noch gar nicht so lange her. Also, diese Kidnapper damals wirkten zuerst unglaubwürdig. Sie stießen bei den alten Geldsäcken auf Widerstand. Sie wollten einfach nicht zahlen. Eine Dummheit, finde ich. Sie mußten deshalb damals ziemlich deutlich werden, um Wirkung hervorzurufen. Wissen Sie noch, was sie da taten?«
    Die Frage traf Pearson wie ein Tiefschlag. Bilder, Fernsehnachrichten und Zeitungsartikel wurden in ihm wach.
    Die Kidnapper hatten dem Jungen ein Ohrläppchen abgeschnitten und es dem zahlungsunwilligen Milliardär zugeschickt.
    Er sprang auf, stellte sich vor Tommy. »Sie werden ihm nichts tun«, sagte er in ruhigem, kaltem Ton.
    Olivia näherte ihr Gesicht dem seinen bis auf wenige Zentimeter. »Sie haben mir nichts zu befehlen«, sagte sie.
    »Sie fassen ihn nicht an!«
    »Für wen halten Sie sich, daß Sie mich herumkommandieren?« Unverzüglich hielt Olivia Pearson ihren Revolver unter die Nase.
    Er blieb unbeweglich stehen und ignorierte die Waffe.
    »Sie rühren ihn nicht an«, sagte er wieder.
    Eine Weile standen sie da, ohne sich zu bewegen. Der Richter fühlte den Revolverlauf an seinem Gesicht und sah Olivias Finger am Abzug.
    Schließlich ließ sie die Waffe sinken.
    »Ein toller Kerl sind Sie, ungeheuer stark. Was für ’ne Show Sie da abziehen!«
    Sie trat einige Schritte zurück und klatschte ironisch Beifall.
    »Na, ihr spielt ja wunderbar Theater! Wille und Entschlußkraft sind Eigenschaften, die ich echt bewundere. Wahrscheinlich die einzigen, die es verdienen.« Sie lachte kurz auf. »Vielleicht haben wir beide mehr gemein, als Sie glauben.«
    Der Richter war erleichtert. Aber mit zusammengekniffenen Augen blickte er sie weiter böse an. »Ja«, antwortete er, »wir lernen uns jetzt wohl etwas besser kennen.«
    Olivia antwortete durch langsames Nicken. »Ich brauche etwas von Ihnen«, sagte sie. »Und hierbei weigern Sie sich gefälligst nicht. Ich frage auch ganz freundlich. Bitte, bitte.«
    Sie versuchte, ihn durch Ironie zu reizen. Aber das mißlang ihr vollends. Der Ärger darüber war in ihren Augen abzulesen. Pearson meinte sogar, in ihrem Blick einen Anflug von Selbstzweifel zu erkennen. Einen Moment später lag aber wieder die alte Entschiedenheit darin.
     
    Megan rief Karen und Lauren zu sich. Sie kamen sogleich herbei und fragten besorgt: »Hast du was?« - »Ist etwas passiert?«
    Megan schüttelte den Kopf. »Ich brauche nur ein wenig frische Luft. Ich hab’ den Hörer vom Telefon abgenommen, und wir gehen ein bißchen spazieren. Zieht eure Mäntel an!«
    Megan beobachtete sie dabei und dachte bei sich, daß sie beide auf verschiedene Weise gern hatte, auch wenn sie eigentlich immer an beide zugleich dachte. Karen hatte die Entschlossenheit ihres Vaters, seinen kritischen Verstand.
    Lauren war eher gefühlsbetont, phantasiebestimmt und ein wenig abenteuerlustig. Sie ist mehr wie ich, dachte

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