Die Rache. Thriller.
Das FBI besaß Geräte, die noch die feinsten Spuren eines Kugelschreibers auf den Blättern unterhalb der ersten Seite lesen konnten.
Duncan fertigte in jeder Lebenslage Listen an. Wenn sie in die Ferien fuhren, achtete er darauf, daß der Seesack mit Ersatzschuhen und Pullovern gepackt war, daß Saft und Kekse für die Kinder im Auto bereitlagen. Er achtete auch darauf, daß alle Rechnungen bezahlt wurden, und sams-tags morgens fuhr er in den Supermarkt, um Vorräte einzukaufen. Organisation und Planung waren sein Steckenpferd. Er wußte auch immer, welches Wetter es am nächsten Tag gab, welche Kleidung man auf einer Party tragen mußte. Wenn er mal bei Regen die Regenmäntel vergessen hatte, war das ein regelrechter Schock für seine Familie.
Hätte bloß ich den Raubüberfall in Lodi geplant. Ich hätte vorausgesehen, wie die Wächter reagieren. Ich hätte mir den Platz vorher genau angesehen und alle Situationen bis ins Detail durchgespielt, wochenlang hätte ich genau beobachtet, was in der Bank vor sich geht. Ich hätte das zweifellos durchgezogen. Dann wären wir jetzt alle nicht in diesem Schlamassel.
Plötzlich wurde Duncan bewußt, daß diese Gedanken nichts anderes bedeuteten als: Ich wäre ein besserer Verbrecher als sie.
Er stand auf und öffnete seine Bürotür. Der große Schalterraum war voller Leben. Die Angestellten bereiteten die Schließung der Schalter vor. Die Kassierer addierten die Einnahmen und ordneten Belege und Schecks. Alles lief ganz routinemäßig ab. So muß es in einer Bank zugehen, dachte er.
Jetzt betrat einer der Bankassistenten den Gang, der zu den Geldautomaten führte. Duncan kannte seine Aufgabe: Er öffnete die Automaten und kontrollierte, ob sie genug Bargeld bis zum nächsten Morgen enthielten. Am nächsten Tag um die gleiche Zeit würde er dasselbe tun, allerdings mußten die Automaten dann ganz gefüllt sein.
Vier von ihnen standen in der Halle, jeder enthielt 25000 Dollar in Zehner- oder Zwanzigerscheinen. An Wochenenden mit besonderen Ereignissen wie dem Beginn der College-Ferien oder dem Tag der Arbeit oder dem Columbus-Gedenktag wurde im Schnitt pro Automat etwa die Hälfte dieser Summe abgehoben, von zwanzig bis zweihundert Dollar pro Klient.
An diesem Wochenende passiert das nicht, dachte Duncan.
Inzwischen kam der Assistent von den Automaten zurück und betrat das Büro des Direktors. Dort wurden in einer Schublade die Schlüssel aufbewahrt. Fast alle Bankangestellten wußten von dem Zweitschlüssel im Büro des Chefs, das kam Duncans Plan sehr zugute. Beinahe allen war bekannt, wie das System funktionierte, auch, wo man die Alarmanlage stillegen konnte. Letzten Endes sind wir eine kleine, überschaubare Firma, dachte Duncan. Und das macht uns verletzlich. Unser Sicherheitssystem ist auf drei Zwischenfälle eingestellt: daß jemand von innen oder außen in das Computersystem eindringt, daß ein Fremder in die Bank einbricht, wenn alle Angestellten weg sind, daß ein Bankräuber mit Knarre durch den Haupteingang stürmt.
Er konnte sich noch an das Gespräch zwischen dem Bankdirektor und den Sicherheitsspezialisten erinnern, die die Alarmanlage eingebaut hatten. Sie hatten die Computer auf die Verhinderung der gängigsten Betrugsmanöver programmiert. Sie hatten auch der Tatsache Rechnung getragen, daß in jedem Menschen und auch in jedem Bankangestellten ein potentieller Dieb steckt.
Daß aber jemand, der die Bank kannte, sie ausrauben würde wie Jesse James oder Willie Sutton, das hatte man nicht in Betracht gezogen.
Duncan kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und schrieb auf die Liste unter die Rubrik Kleider: Handschuhe, Turnschuhe, Jeans, Sweatshirt. Im Einkaufszentrum besorgen.
Seine Sekretärin klopfte und betrat das Büro. Duncan versuchte nicht, seinen Schreibblock zu verdecken, sondern nahm ihn auf, griff zum Kugelschreiber und lehnte sich im Schreibtischsessel zurück.
»Mr. Richards, ich wollte gerne nach Hause. Brauchen Sie mich noch?«
»Vielen Dank, Doris, ich gehe selbst auch gleich.«
»Geht es Ihnen besser?«
»Eigentlich nicht. Immer auf und ab. Wird wohl irgendein Virus sein. Ich hatte den ganzen Tag etwas Fieber.«
»Sie sollten besser zu Hause bleiben.«
»Morgen ist ja schon Freitag. Da werde ich früh gehen und mich das Wochenende über ins Bett legen.«
»Kein sehr amüsantes Wochenende.«
»Wissen Sie, Doris, in meinem Alter sieht man das etwas anders. Da ist man froh, wenn man sich am Wochenende etwas erholen
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