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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Wind fühlen, der gegen die Hauswand blies. Einen Moment schien es ihm, als wäre der Wind draußen gefangen und als ließe er ihn frei.
    Seit dem Morgen hatte Tommy schon sechs Bretter freigekratzt. Jedesmal, wenn er so weit war, daß die Planke sich aus dem Rahmen löste, stoppte ihn der Großvater und holte die Metallstange, die sie vom Bett losgemacht hatten. Er schob sie hinter die Planke und drückte vorsichtig, bis sich die Nägel so weit gelöst hatten, daß man mit einem Zug die Planke herausbrechen konnte.
    Die Arbeit ging nur langsam vorwärts. Sobald sie irgendwo im Haus ein Geräusch hörten, hielten sie inne, beseitigten den Staub und legten sich auf die Betten. War es dann wieder still, sprang Tommy gleich auf und bearbeitete die Wand weiter mit seinem Nagel, trotz aller Müdigkeit und obwohl ihm die Hand weh tat. Während der Arbeit dachte er an Flucht. Er stellte sich vor, wie er durch das Loch in der Wand kroch und dann auf das Teerdach sprang. Er würde am Dachfirst entlangbalancieren, sich an der Dachrinne herunterlassen, bis er das Vordach erreichte, und dann auf den kalten Erdboden springen. Er rannte durch den Wintertag über die Felder, über die Landstraßen. Hinter dem Wald lag freies Feld, dann kamen die ersten einsam gelegenen Häuser, und schließlich erreichte man den Rand der Stadt. Er stellte sich die Straßen von Greenfield vor. Zuerst kam er an seiner Schule vorbei, dann an Mutters Büro, schließlich an Vaters Bank, und dann gelangte er zu Karens und Laurens High School. Jetzt brauchte er nicht mehr so zu rennen, er könnte wieder besser atmen, er wäre nicht mehr müde, hätte keine Angst mehr, und das letzte Stück legte er zurück wie im Flug.
    Er kratzte energischer. Hin, zurück, rauf und runter. Er bearbeitete die Wand wie ein Nagetier. Ich bin eine Maus, dachte er, und ich mache mir ein Mauseloch.
    Er sah das Haus vor sich und seine Schwestern und Eltern, die dort saßen und auf ihn warteten.
    Er biß die Zähne zusammen. Seine Hand rutschte aus, ein Splitter drang in seinen Finger. Er hielt den Schmerz jedoch tapfer aus. Ich bin eine Soldatenmaus, und ich will tapfer sein.
    Wieder hatte er ein großes Stück der Wand gelockert. Er dachte an seine Mutter und freute sich auf den Moment, in dem sie ihn in die Arme nehmen und trösten würde. Sein Vater würde ihn umarmen wie ein Bär, und ihm würde ganz warm dabei werden. Karen und Lauren würden ihn streicheln und küssen, viel mehr, als er es mochte, aber diesmal würde er es sich gefallen lassen, obwohl er eigentlich schon viel zu groß war dafür.
    »Großvater, ich habe wieder eine locker gemacht. Hol mal die Metallstange.«
    Richter Pearson zog das Eisen aus dem Bettgestell, dachte einen Augenblick daran, wie gerne er es einem der Entführer auf den Kopf fallen lassen würde, und näherte sich der Wand. »Ganz toll machst du das, Tommy. Wir sind in null Komma nix draußen.«
    »Versuch’s mal.«
    Pearson stemmte die Stange hinter das Brett und drückte es nach vorne. Das Holz knarrte und knackte laut, als das Brett langsam nachgab.
    »Sehr schön, Tommy«, sagte er.
    »Soll ich weitermachen?« fragte der Junge.
    Der Richter drückte das Brett wieder gegen die Wand.
    »Mach doch eine Pause«, sagte er. Dann hob er plötzlich die Hand. »Pst!«
    »Da kommt einer«, sagte Tommy. Ihm war, als drücke ihm jemand die Luft ab, und er atmete tief.
    Sie hörten eine Tür knarren, dann näherten sich Schritte.
    »Schnell!« sagte Pearson.
    Tommy wischte mit der Hand den Boden sauber, fegte Schmutz und Holzsplitter in die Ecken. Dann sprang er durchs Zimmer zu seinem Bett und versteckte den Nagel unter der Matratze. Pearson hatte die Metallstange wieder am Bett befestigt. Sie hörten, wie der Schlüssel im Schloß gedreht wurde, und blickten zur Tür. Bill Lewis kam mit einem Tablett herein.
    Pearson atmete auf. Er legte Tommy, dessen Atem immer schneller ging, eine Hand auf die Schulter, um ihn zu beruhigen.
    Er wird nichts merken, dachte er. Olivia hätte längst unseren Augen angesehen, daß etwas nicht stimmt. Aber Lewis ist nicht so aufmerksam.
    »Leider gibt’s schon wieder Sandwiches«, sagte Lewis.
    Je länger sie eingesperrt waren, desto vertrauter waren sie miteinander. Lewis’ Stimme hatte einen beinahe freundschaftlichen Klang. »Tommy, ich hab’ dir besonders schönes Gelee draufgemacht. Und für heute abend treibe ich was Warmes auf. Vielleicht Pizza oder Hähnchen. Was möchtest du lieber?«
    »Pizza«, sagte

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