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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Gesicht. Olivia schloß die Augen und durchdachte ihren Plan. Sie war zufrieden mit sich, dann aber verschwand die Sonne hinter einer Wolke, und mit ihr schwand Olivias Selbstsicherheit. Vielleicht habe ich Fehler gemacht, dachte sie.
    Wieder ließ sie das Gespräch mit Megan Revue passieren. Es waren nicht die Worte, die sie verunsicherten.
    Megan hatte genauso reagiert, wie sie vorausgesehen hatte. Sie ist schon immer sehr verletzlich gewesen durch ihre Emotionalität, dachte Olivia. Sie war immer aufrichtig und loyal, und das machte sie schon damals schwach.
    Irgend etwas in Megans Ton hatte sie irritiert. Es war kein Trotz, aber eine Haltung, mit der sie nicht gerechnet hatte. Da war etwas gewesen, das in ihrer Planung nicht vorgesehen war. Aber was?
    Sie schob diese Gedanken beiseite und sah sich in dem Zimmer um. Die Wände waren nackt, der Kamin hatte schon lange nicht mehr gebrannt, die Möbel waren alt und schäbig. Sie hörte Geräusche. Bill Lewis und Ramon Gutierrez machten sich hier und da im Haus zu schaffen.
    Bald hat der Laden hier seine Schuldigkeit getan, dachte sie. Zwei Monate haben wir uns hier vorbereitet für die paar Tage, und jetzt ist bald alles vorbei. Ich möchte irgendwohin, wo es warm ist. Hier im Haus zieht es immer so. Der typische Neu-England-Wind, der in alle Flure und Ritzen dringt.
    Im Gefängnis war es immer warm gewesen. Riesige Heizkörper strahlten enorme Hitze aus, wenn es draußen kalt wurde, und diese unangenehme Überwärme wurde noch unerträglicher durch all den angestauten Schmerz und Frust der Gefangenschaft.
    Was machst du, wenn du rauskommst?
    Diese Frage war im Gefängnis immer präsent. Sie war Gegenstand fast aller Gespräche, bei jeder Mahlzeit dachte man daran, an jedem der so endlos langsam vergehenden Tage, in jeder schlaflosen Nacht. Ich will hier raus!
    Selbst die Frauen, die wegen Mordes einsaßen und zwanzig, dreißig Jahre zu verbüßen hatten, beschäftigten sich damit. Ich werde einen Mann finden, der mich wirklich liebt. Ich haue aus diesem verdammten Land für immer ab. Ich mache meine Kinder ausfindig und gründe ein neues Heim. Ich möchte einmal ganz ohne Beschränkungen leben. Ich möchte endlich mal tun, was ich will.
    Ich kaufe mir ein Häuschen und führe ein ganz alltägliches Leben. Ich werde Sekretärin, arbeite im Büro oder im Lokal, ich werde Putzfrau, ich gehe auf den Strich oder deale. Ich verdiene Geld als Straßenhändlerin und kaufe mir ein Häuschen für die Zeit, wenn ich alt bin. Ich mache dasselbe wie früher, aber ich stelle mich nicht so dumm an wie bisher. Dann erwischen sie mich nicht. Ich gewinne einmal dick beim Spiel und hab’ für immer ausgesorgt.
    Tausendmal hatte sie so etwas gehört. Ich mache dies, ich tue das. Und nichts davon wurde je wahr. Wieviele kamen nach kurzer Zeit zurück mit ein paar neuen Tätowierungen, neuen Narben, neuen Plänen und neuen Träumen. Ihr fiel eine große Schwarze mit einer Figur wie eine Statue ein, und sie fühlte einen kleinen Stich. Ein bißchen liebte ich sie, dachte Olivia, nicht so wie Emily, aber doch ein wenig. Sie war die einzige, der sie ihren Plan verraten hatte. »Ich schnapp’ mir die Leute, die mich hier reingebracht haben«, sagte sie. Die Frau nickte und sagte: »Denk daran, sie sind nicht mehr dieselben wie früher. Du mußt dir ganz schön was ausdenken, um an sie ranzukommen.«
    Ob sie gestorben ist? fragte Olivia sich. Wahrscheinlich ist sie irgendwo in der Anonymität ihres Elends verschwunden.
    Nie hatte sie den Rat vergessen und fortwährend überlegt, was Megan und Duncan ihr über ihre Herkunft erzählt hatten, damals, in den ersten Tagen der Phönix-Brigade. Ganz beiläufig hatte sie ihnen Fragen gestellt wie: »Woher kommst du?« - »Wie ist es in deiner Familie?« - »Wann warst du zuletzt zu Hause?« Sie hatte sich alle Antworten genau gemerkt. Und so wußte sie, wo sie sie suchen mußte, als sie aus dem Gefängnis kam. Sie hätte sämtliche Mitglieder der Brigade wiedergefunden, selbst nach achtzehn Jahren.
    Olivia holte tief Luft. Alles läuft genau nach Plan, ich darf nicht nervös werden, sagte sie sich. Sie stand auf und suchte Ramon Gutierrez. Sie fragte sich, ob sie ihn nicht ein bißchen auf die Gefangenen loslassen sollte. Seine Phantasie kannte keine Grenzen, wenn es darum ging, andere zu quälen.
    Tommy kratzte munter am Gips, mit dem die Zwischenräume der Bretter an der Mansardenwand ausgeschmiert waren. Er konnte schon mit der Hand den kalten

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