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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Sie nicht gesagt …«
    Hardy fuhr mit seinem Bericht fort – Maxine Weir, der Mann in Holly Park, die Schießerei mit den Polizisten, der Selbstmordversuch … »Meine Frage an Sie«, schloß er, »lautet: Ergibt das für Sie einen Sinn? Hat ihn der Bewährungsausschuß nicht Tests unterzogen, Gespräche mit ihm geführt, so etwas in der Art?«
    »Natürlich. Und nach langer Begutachtung empfohlen …«
    »… ihn freizulassen?«
    »So ist es.«
    »Wie oft kommt es vor, daß Sie sich irren?«
    Hardy bereute die Frage sofort. Hazenkamp zog sich zu rück, von seiner sympathischen, resignierten Offenheit war nichts mehr zu spüren. Er antwortete jetzt als korrekter, pflichtbewußter Polizist, der in die Defensive gedrängt worden war.
    »Die Rückfälligkeit ist ein großes Problem, das wissen Sie. Aber wenn man überzeugt davon ist, daß Rehabilitation möglich ist, und sich prinzipiell entschließt, Häftlinge vorzeitig aus der Haft zu entlassen, tut man es in dem Moment, wo die Wahrscheinlichkeit …«
    »Das verstehe ich ja alles. Ich hatte nur den Eindruck, daß Sie in Bakers Fall noch etwas anderes empfunden haben. Etwas Persönliches.«
    Eine lange Pause entstand. Hardy sah aus dem Fenster. Vielleicht, dachte er, tat Hazenkamp dort oben in Marin dasselbe.
    »Wissen Sie, Mr. Hardy, beim Militär gibt es einen Haufen Kerle wie Baker – harte, brutale junge Burschen, die nichts anderes wollen als zerstören … Sie wollen die Stärksten sein, nie zeigen, daß sie Schwächen haben, denn dort, wo sie herkommen, wird man, wenn man Schwächen hat, zusammengeschlagen. Zwischen Schwarzen und Weißen gibt es da keinen Unterschied, der springende Punkt scheint die Armut zu sein. Keine Perspektiven zu haben. Für eine Zeitlang gewinnen wir als Autoritätspersonen – ob im Gefängnis oder in der Armee – ihre Aufmerksamkeit. Wir stampfen sie ein, bis sie ganz klein sind, damit wir sie hinterher wieder aufbauen können.«
    »Ich war auch bei der Marine, Sir«, sagte Hardy.
    Wieder eine Pause, diesmal kürzer. »Dann erinnern Sie sich bestimmt. Sie sind wie tolle Hunde. Dann passiert etwas, und sie werden zu einem Team. Einer rettet ihnen das Leben, oder sie retten jemandem das Leben.«
    Hardy erinnerte sich daran, wie er nach dem Tod seiner Eltern gewesen war, als er zu den Marines gegangen war und sich ausgetobt hatte. Dann schickten sie ihn nach Vietnam, und er zog Moses McGuire, der jetzt sein bester Freund war, bei Chi Leng aus dem Kugelhagel. Hazenkamp hatte recht: Es konnte einen verändern.
    »Und dasselbe geschah mit Baker?«
    »Jedenfalls habe ich es geglaubt. Wissen Sie, Mr. Hardy, es gibt Jungs, die durch und durch Sträflinge sind, und es gibt andere, bei denen man schwören könnte, daß sie sich bessern würden, bei denen man irgendwann fast vergißt, daß sie überhaupt Sträflinge sind. So war Baker. Er war natürlich noch immer ein harter Kerl, mit dem man sich besser nicht anlegen sollte, aber er mußte sich nicht mehr beweisen. Verstehen Sie, was ich meine? Nun, das gleiche habe ich Ingraham gesagt – lassen Sie ihn in Ruhe, und Sie werden keine Probleme mit ihm haben.«
    »Ingraham hat ihn nicht in Ruhe gelassen.«
    »Ich bekomme langsam das Gefühl, daß jemand mit Louis Baker ein verdammt mieses Spiel getrieben oder ihn unter starken Druck gesetzt haben muß, bevor er bereit war zu kapitulieren.«
    »Was wäre geschehen, wenn Sie recht hätten?«
    »Er wäre rückfällig geworden. Wenn man bedrängt wird, kehrt man zu dem zurück, was man kennt.«
    Das leuchtete Hardy ein. Wenn Baker nach der langen Haftstrafe in San Quentin und wenigen Tagen in Freiheit dreier Morde beschuldigt wurde, die er tatsächlich nicht begangen hatte, war es verständlich, daß er sich verfolgt fühlte. Er würde versuchen sich zu wehren und vielleicht auf jemanden losgehen, der die repräsentierte, die ihm das alles angetan hatten – Hardy. Aber dann hatte er es vermasselt, weil er aus der Übung war, und all die Fortschritte der vergangenen neun Jahre waren ausgelöscht. Hoffnung auf ein normales Leben gab es nicht mehr, und so hatte er versucht sich umzubringen. Konnte das die Antwort sein?
    Hardy sah auf seinen Notizblock, während er Hazenkamp noch in der Leitung hatte. Oben auf die Seite hatte er die Zahl ›zwei‹ geschrieben und mit einem Ausrufungszeichen versehen.
    »Ein letzter Punkt, wenn Sie noch eine Sekunde Zeit haben, Sir. Als Ingraham Sie angerufen hat – ging es da beide Male um die gleiche

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