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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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hatte, ausgehändigt. Ich vermute, das sind die üblichen Gebühren. Ein Drittel der Gesamtsumme.«
    »Aber in bar?« Ray Weir mußte sich setzen. Er hatte keine Kraft mehr zu kämpfen. »Ich gab ihr, unter vier Augen, zu verstehen, daß es sehr unüblich sei und ich die Auszahlung – wie jeden Barbetrag über zehntausend Dollar – der Polizei melden müsse. Wegen der Drogen, Sie wissen ja. Aber sie hatte sich entschlossen – sie wollte das Geld mitnehmen. Und da es ihr gehörte, der Scheck gedeckt und sie eine Kundin war … Was hätte ich tun können?«
    »Aber das Geld gehörte zur Hälfte mir … Mir !«
    »Das tut mir leid, aber der Scheck war auf sie ausgestellt, nicht auf Sie beide.«
    »Wir waren verheiratet. Wir lebten getrennt, waren aber verheiratet, als der Unfall geschah.«
    Kevin überlegte fieberhaft, was er tun könnte, denn der Mann wollte nicht aufhören zu reden.
    »Wir sind als Freunde auseinander gegangen und haben uns geeinigt, alles zu teilen. Wir hatten noch nicht einmal die Scheidung beantragt … Vielleicht hätten wir uns wieder zusammengerauft!«
    Kevin erinnerte sich, wie diese Frau an ihrem Anwalt gehangen und ihm strahlend beinahe dreißigtausend Dollar in bar ausgehändigt hatte. Abgesehen von den paar Minuten, die Kevin unter vier Augen mit ihr gesprochen hatte, hatte sie keinen Moment lang den Körperkontakt mit dem Anwalt verloren. Ray Weir und seine Frau hätten sich nie wieder zusammengerauft. Sie war mit ihrem Anwalt zusammen, und sie hatte sich eng an ihn geschmiegt.
    Kevin fühlte eine Welle der Verachtung, dann holte ihn von neuem die Müdigkeit ein. Er saß zwei Stühle entfernt von Ray Weir, der in sich zusammengesunken war.
    Plötzlich hob der Kunde den Kopf. »Was kann ich jetzt tun?« fragte er.
    Auf dem Konferenztisch aus glänzendem Mahagoni tanzten die Lichtreflexe der hellen Morgensonne. Kevin schloß die Augen vor dem blendenden Licht, zwang sich aber, sie wieder zu öffnen, um Ray Weir zu antworten. »Ich kann Ihnen in dieser Angelegenheit nicht helfen«, sagte er.
     
    Hardy war joggen gewesen und hatte Glitskys Anruf verpaßt. Als Glitsky ihn endlich erreichte, beschwerte er sich, daß Hardy soviel unterwegs und so schwer zu erreichen sei, und berichtete dann von Bakers Selbstmordversuch.
    In Shorts und Sweatshirt stand Hardy schwitzend im Büro. Draußen war es wieder warm.
    Warum hatte Baker versucht, sich umzubringen?
    Der erste Gedanke war natürlich: Es kam einem Geständnis gleich. Doch wie Abe, wurde auch er die ambivalenten Gefühle den alten Louis betreffend nicht los. Seit er mit Baker gesprochen und Ray Weir kennengelernt hatte und wußte, daß Hector Medina Hunde umbrachte, war Hardy beinahe überzeugt davon, daß Baker Maxine Weir nicht umgebracht hatte. Er hatte sicher eine Menge angestellt, aber der Mord ging nicht auf sein Konto.
    Hardys Zweifel resultierten nicht so sehr daher, daß er Bakers Unschuldsbeteuerungen Glauben geschenkt hätte. Nein. Aber Baker hatte definitiv nicht gewußt, daß Maxine auf dem Kahn war, denn man sollte doch annehmen, daß Menschen, die daran gewöhnt sind, Menschen zu töten, diese Menschen wenigstens wahrnehmen. Das war das ausschlaggebende Moment.
    Aus der Vermutung, daß Baker Maxine nicht getötet habe, ließ sich zwar nicht mit Sicherheit ableiten, daß er auch Rusty nicht getötet habe, aber diese Möglichkeit schien Hardy zu weit hergeholt zu sein.
    Das warf die Frage auf, warum Baker dann überhaupt auf Rustys Lastkahn gewesen war. Bakers Version kam ihm reichlich dünn vor. Er versuchte sich vorzustellen, wie Rusty, eine Waffe in der Hand, Baker auf den Kahn zwang. Besonders plausibel fand er es nicht. Aber andererseits: Warum nicht? Wie gut hatte er Rusty denn letztendlich gekannt? Er war davon ausgegangen, Rusty sei ihm selbst sehr ähnlich – ein ehemaliger Staatsanwalt, aus derselben Abteilung, der schlimme Zeiten durchgemacht hatte und jetzt nur noch in Ruhe gelassen werden wollte. Deshalb war er zu Hardy gekommen. Er hatte Angst, schien jedenfalls soviel Angst zu haben, daß Hardy, der keinen Anlaß zur Skepsis sah, sich überzeugen und sogar von der Angst anstecken ließ. Also …?
    Aber war Rusty ihm wirklich so ähnlich gewesen? Die äußeren Biografien ähnelten sich vielleicht, doch Karen Moores Beschreibung ergab ein ganz anderes Bild von Rusty und zeigte ihn als verwirrten, von der Spielsucht getriebenen Mann, als Weiberheld.
    Es hing also offensichtlich davon ab, wem Hardy glaubte – Rusty

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