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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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knallte den Hörer auf die Gabel. »Verdammter Hundesohn.«
    Er schwang sich mit seinem Stuhl herum. »Ja?« begann er, dann erkannte er Hardy. »Hey!« Er stand auf und streckte die Hand aus. »Was sehen meine entzündeten Augen! Was treibt denn dich hierher?«
    Obwohl er auf die Sechzig zuging, wirkte Drysdale noch immer, als könne er jederzeit ein Trikot anziehen und auf dem Spielfeld mitmischen. Bevor er sich der Justiz zugewandt hatte, war er der Star der USC gewesen, hatte dann drei Jahre in der Baseballprofiliga gespielt und unter anderem 1964 zweiundvierzig Spiele als Innenfeldspieler für die San Francisco Giants gemacht. Ein gerahmter Zeitungsartikel an der Wand seines Büros war überschrieben mit der Schlagzeile: ›Drysdale nicht verwandt mit Dodger Don.‹ Ein wichtiger Hinweis in einer Stadt, die die Bums haßte. Don Drysdale, der Werfer der Dodgers , hatte nur den Namen, aber keine Gene mit Art gemeinsam.
    Art arbeitete seit mehr als dreißig Jahren bei der Staatsanwaltschaft und war wieder und wieder mit Disziplinarverfahren, Rauschgiftdelikten, Wirtschaftsverbrechen und Mord befaßt gewesen. Inzwischen diente er als eine Art Minister ohne Geschäftsbereich und erledigte inoffiziell einen Großteil der Arbeit, für deren Erledigung die Bevölkerung Christopher Locke gewählt hatte.
    Drysdale selbst war nicht Chefankläger, weil seine pragmatische Lebenseinstellung sich mit der politischen Struktur von San Francisco nicht vertrug. Er ließ sich auf keine Heuchelei innerhalb der Staatsanwaltschaft ein und war einmal so töricht gewesen, einer Gruppe von Reportern, die über mögliche Kandidaten für öffentliche Ämter geschrieben hatten, eine deutliche Antwort zu geben:
    »Falls Sie zum Generalstaatsanwalt gewählt werden …«
    »Ich kandidiere weder für das Amt des Generalstaatsanwalts noch für sonst etwas.«
    Ein solches erstes Dementi, das zu den meisten Kampagnen gehörte, hielt niemanden auf. »Wenn Sie Generalstaatsanwalt wären, wie hoch wäre bei Neueinstellungen der Prozentsatz an Schwulen, Schwarzen, Hispanics und Frauen?«
    Drysdales Antwort, die in die Annalen der Stadt eingegangen war, lautete: »Wenn sie den Job machen könnten, würde ich Schimpansen einstellen. Wenn sie es nicht können, sind sie wertlos für mich.«
    Natürlich drehten die Medien es so hin, als wäre Drysdale der Ansicht, Frauen, Schwule und andere Minderheiten seien wertlos. Er hatte seinem Aphorismus die etwas zurückhaltendere Bemerkung folgen lassen, daß manche Jobs – Pilot, Gehirnchirurg, Bezirksanwalt – mit qualifizierten Kandidaten und nicht über Quoten besetzt werden sollten. Aber San Franciscos Journalisten erkennen eine Sensation, wenn sie ihr begegnen. Auch wenn Drysdale nicht gesagt und noch weniger gemeint hatte, daß Schimpansen intelligenter als gewisse Minderheiten der amerikanischen Gesellschaft seien, war es doch eine gute Story.
    Aber das war Schnee von gestern, und Art Drysdale kümmerte sich nicht darum. Er trainierte sein Baseballteam aus dem Innenbezirk, das im letzten Jahr in der Polizeiliga den zweiten Platz belegt hatte, ging nach Hause zu seiner Frau, die eine eigene Designfirma hatte, und beriet ansonsten die jungen weiblichen, schwulen, schwarzen, spanischstämmigen, weißen und auch die schwerfälligen (manchmal hatte er diesen Eindruck) Staatsanwälte, jene, die es einfach nicht schafften, üble Gesellen hinter Gitter zu bringen, obwohl das doch ihr Job war. Er war der beliebteste Mann in der Behörde.
    »Welcher Tatsache haben wir diese Überraschung zu verdanken, Diz?«
    »Ich glaube, viel überraschender ist es, daß du jemanden anschreist.«
    Drysdale winkte ab. »Ach was, das war bloß Locke. Manchmal ist der alte Tattergreis wahrlich kein Segen.«
    »Was macht er?«
    »Jemand soll eine Untersuchung gegen ein paar Polizisten einleiten.«
    »Das ist häßlich.«
    »Ja. Wir hätten uns das nie selbst aufgeladen. Aber wir müssen schließlich unser tiefes Verständnis für die armen Schwulen beweisen, die von der faschistoiden Polizei gefoltert worden sind. Irgendein Mist in der Art.«
    »Warum hast du das übernommen?«
    Drysdale grinste. »Weil es eine heikle Sache ist. Übergibt Locke sie einem Anfänger, ist dessen Karriere schnell vorbei. Zumindest die Zusammenarbeit mit der Polizei wäre für ein paar Jahre gelaufen. Ich bin immun – höhere Weihen. Ich habe jeden hier mindestens einmal beleidigt und kann niemandem mehr schaden.«
    »Wer sind die Jungs?«
    »Clarence

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