Die Rache
Raines und Mario Valenti. Morddezernat. Kennst du sie?«
»Nein. Aber ausgerechnet Jungs vom Morddezernat?«
»Ich weiß.« Drysdale schnappte sich einen mit Autogrammen geschmückten Baseball und warf ihn hin und her. »Dazu kommt noch meine wohlbekannte Diskretion.« Er warf den Ball zu Hardy. »Aber was ist mit dir, Sir? Kommst du zurück ins Geschäft?«
Hardy lachte und verneinte. Dann erstattete er Bericht über die letzten vierundzwanzig Stunden.
Drysdale dachte einen Moment lang nach. »Ingraham hat nach dir aufgehört, nicht wahr?« Er schloß die Augen und konzentrierte sich. »Irgendwas lief schief.«
»Was war das?«
»Gib mir den Ball.«
Hardy warf ihn zurück. Er schoß so schnell in den Händen Drysdales hin und her, daß Hardy ihm mit dem Blick nicht folgen konnte. Drysdale schloß erneut die Augen. Ein Jongleur in Trance. Endlich hielt er inne. »Nein, ich erinnere mich nicht.«
Hardy hob die Schultern. »Na, egal, er ist tot. Wird jetzt keine große Rolle mehr spielen, denke ich.«
»Immerhin kenne ich einen Burschen hier, der nicht gut auf ihn zu sprechen war. Vielleicht willst du mit ihm reden. Tony Feeney.«
»Er hätte vor langer Zeit umkommen sollen.«
Feeney gehörte zwar Hardys Jahrgang an, aber einer anderen Weinsorte. Dunkles Haar, gebügelter, dreiteiliger Anzug, durchtrainierter Körper, blankgeputzte Schuhe und keine Spur des Alterns.
»Er ist heute morgen umgekommen.«
Feeney schien etwas in seinem Innern zu ordnen. Seine anschließende Reaktion setzte Hardy in Erstaunen – er reckte die Daumen in die Höhe und sagte zu sich selbst: »Endlich, verdammter Mist«, als hätte er im Lotto gewonnen.
Dann wurde ihm bewußt, was er getan hatte, und er wandte sich wieder Hardy zu: »Es tut mir leid, wenn er Ihr Freund war, aber …«
Hardy unterbrach ihn: »Bis gestern hatte ich ihn ein halbes Dutzend Jahre lang nicht gesehen.«
»Wie ist es passiert?«
»Sieht aus, als hätte ihn jemand erschossen.«
»Wer auch immer es getan hat – ich hoffe, er entkommt.«
»Nun, wer auch immer es getan hat, hat auch seine Freundin erschossen.«
»Sie wissen, wer es war?«
»Ja, man nimmt es an. Ich nehme es an.«
Feeney öffnete eine Schreibtischschublade und entnahm ihr eine Packung Kaugummis. Er bot Hardy einen an. »Verdammter Ingraham. Immer eine Frau an der Angel. Das Mädchen hätte es besser wissen sollen.«
Hardy wußte nicht, was das zu bedeuten hatte. Er würde darauf zurückkommen. »Was hat er Ihnen getan?«
Feeney hatte ein faltenloses, kantiges Gesicht mit je einem kleinen Leberfleck an genau derselben Stelle auf beiden Wangen. Hardy fand, er hätte ein Modell sein können – nicht unbedingt gutaussehend, aber mit dem gewissen Etwas.
»Wir hatten hier mal einen Beamten namens Hector Medina«, begann er. »Er war beim Morddezernat. Jetzt leitet er den Sicherheitsdienst im Sir-Francis-Drake -Hotel.«
Feeney fuhr fort und erzählte, daß Rusty Ingraham bei einem Abendessen mit ein paar Freunden von der Staatsanwaltschaft vor sieben Jahren erklärt habe, es sei allgemein bekannt, daß Hector Medina einen gewissen Raul Guerrero umgebracht habe, statt ihn zu verhaften. Guerrero, erklärte Feeney, sei aus einfachen Verhältnissen gekommen, habe jahrelang Frauen in der Gegend um die untere Mission Avenue belästigt und sei schließlich des Mordes und der Vergewaltigung verdächtigt worden. Die offizielle Version habe gelautet, daß Guerrero, als Hector ihn aufgesucht habe, um ihn zu verhören, eine Waffe gezogen habe und Medina gezwungen gewesen sei, ihn zu erschießen.
Wie immer in solchen Fällen, habe es eine Untersuchung gegeben, und Medina sei freigesprochen worden.
Dann aber, während dieses Abendessens, habe Ingraham sich eingeschaltet. Feeney vermutete, er habe vor der Frau, mit der er befreundet war, mit seinem Insider-Wissen angeben und sie beeindrucken wollen. Er habe behauptet, es sei allseits bekannt, daß Medina auf Guerrero angelegt und ihn einfach über den Haufen geschossen habe.
Nun, es sei nicht verboten, Dreck über andere zu erzählen. Doch dann habe der Generalstaatsanwalt von der Geschichte gehört und Ingraham zu sich bestellt. Der habe nichts zurückgenommen. Es sei die Wahrheit, habe er gesagt. Jeder wisse das.
Also sei eine weitere offizielle Untersuchung gegen Hector Medina anberaumt worden, deren Leitung er, Feeney, übernommen habe.
»Wissen Sie, wie es ist, gegen einen Polizisten vorzugehen?«
Hardy nickte. »Drysdale hat gerade
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