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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Dan White Bürgermeister Moscone und seinen Leibwächter Harvey Milk ermordet hatte, war die gleiche Atmosphäre in der Luft gewesen wie heute morgen. Glitsky öffnete die Tür zum Morddezernat, ging an dem kleinen, leeren Aufnahmeraum vorbei und öffnete die nächste Tür.
    Das große Zimmer war voller Leute, als wären die Beamten aller Dezernate – Mord, Raub, Betrug, Rauschgift in dieser Abteilung zusammengekommen. Der Chef selbst, Dan Rigby, stand vor Lieutenant Frank Batistes Büro und sprach zu den Männern.
    Niemand bemerkte Glitskys Ankunft. Er lehnte sich gegen den Pfosten der Tür, durch die er gekommen war, verschränkte die Arme und hörte zu. Rigby sprach sehr leise.
    »…den Leuten, die dafür verantwortlich sind, wird gekündigt. Wer mir etwas mitzuteilen hat, kann persönlich zu mir kommen, jeder von Ihnen, oder es mir schriftlich mitteilen, das ist genauso gut. Aber das hier, das hier …«
    Er hielt inne. Glitsky sah eine Ader an seinem Hals hervortreten. »Diese beleidigenden, sinnlosen, kindischen Vorfälle werden nicht nur nicht toleriert, sondern mit Unterstützung der gesamten Abteilung untersucht, und die Schuldigen werden strafrechtlich verfolgt, strafrechtlich verurteilt …« Das Wort ›strafrechtlich‹ klang wie ein Hammerschlag. »Zerstörung von städtischem Eigentum, Vandalismus … Alles, was mir und meinen Leuten sonst noch einfällt.«
    Rigby hörte auf zu sprechen. Hinter Abe war eine Gruppe Männer eingetreten und hatte nur noch die letzten Worte aufgeschnappt. »Was ist los?« erkundigte sich einer von ihnen, aber er wurde ignoriert. Mehrere Leute im Raum rauchten, doch selbst durch den Rauch konnte Abe den Geruch schwitzender Männer wahrnehmen, der aufzusteigen begann. Die Leute waren nervös, rutschten auf den wenigen Stühlen hin und her, traten von einem Fuß auf den anderen.
    Rigby sah sich im Raum um und jedem in die Augen, der den Mut hatte, seinem Blick zu begegnen. Das nahm einige Zeit in Anspruch, doch niemand sagte auch nur ein Wort.
    »So«, sagte Rigby endlich. »Ich gebe den Tätern – und ich weiß, daß sie sich in diesem Raum befinden – eine Chance, sich heute morgen zu stellen. Kommen Sie zu mir, in mein Büro …« Bei diesen Worten kicherten einige Leute unterdrückt. »Finden Sie das lustig?« bellte Rigby. Sogar Glitsky fuhr zusammen. Das Gekicher erstarb.
    Rigby sprach leise, fast stimmlos weiter. »Kommen Sie bis zwölf Uhr zu mir, wo immer ich gerade bin. Ersparen Sie der Abteilung die Zeit und die Kosten, Sie aufspüren zu müssen, und retten Sie Ihre Pension. Wenn wir gezwungen sind, eine Untersuchung einzuleiten, um Sie zu finden, fliegen Sie aus der Abteilung, verlieren Ihre Pension und werden – wenn ich bei der Staatsanwaltschaft auch nur den geringsten Einfluß habe, und den habe ich! – sitzen.«
    Wieder wisperte der Mann hinter Glitsky etwas. »Ist jemand umgebracht worden? Was habe ich verpaßt?«
    Rigby schob sich hinter einem seiner Mitarbeiter durch die dichtgedrängten Leiber. Glitsky trat zur Seite, um ihn durchzulassen. Nach Rigby verließen alle den Raum.
    Frank Batiste hatte hinter Rigby gestanden und kam jetzt auf Glitsky zu. Er ging an der Wand entlang und überhörte die bissigen Bemerkungen der Männer. »Versteht der Mensch denn keinen Spaß?«
    Jemand äffte Rigbys Flüsterstimme nach: »Strafrechtlich verfolgt, strafrechtlich verurteilt …«
    »Wenigstens kommt er mal für eine Weile aus seinem Büro und merkt vielleicht, was hier los ist.«
    »… kommen Sie bis zwölf Uhr in mein Büro. Natürlich. Vielleicht bis zwölf Uhr irgendwann im nächsten Monat.«
    Gelächter. Einige der Männer machten unterdrückte Geräusche, während sie den Raum verließen. Es klang wie Gack, gack, gack …
    »Gott im Himmel. Was ist passiert, Frank?«
    Batiste zog Abe in sein Büro und schloß die Tür hinter ihnen. »Sag mir nur schnell, daß nicht du es getan hast, Abe. Bitte sag mir das!«
    »Was getan?«
    »Komm, Abe.«
    »Ich schwöre bei Gott, Frank, ich bin hier reingeplatzt und habe keine Ahnung, was los ist.«
    Batiste suchte in Glitskys Gesicht nach Anzeichen dafür, daß er log. Dann ging er, offensichtlich erleichtert, um seinen Schreibtisch herum und setzte sich erschöpft. »Vergangene Nacht hat sich jemand mit vier Hühnern in Rigbys Büro geschlichen.«
    Glitsky war ein paarmal in Rigbys Büro gewesen. Auf dem Fußboden lag eine Brücke, die der Stadt als Geschenk des Schahs von Persien überreicht worden war. Ein

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