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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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was sie natürlich auch waren, aber in Frannies Fall hatte er nie daran gedacht. Cindy mit ihrer aufgeworfenen kleinen Nase und ihrem Gitarrenspiel schien eher eine Altersgenossin der Teenager zu sein, die auf dem Rasen Frisbee spielten, als eine fünfundzwanzigjährige Frau.
    Hardy legte den Kopf wieder in Frannies Schoß. »Du hast recht«, sagte er. »Seht euch um.«
    Cindy spielte ein anderes Lied, und Hardy schloß schläfrig die Augen. Er spürte, wie Frannie ihm die Hand auf die Brust legte, dort, wo das Yosemite-Logo aufgedruckt war. Vielleicht dachte sie an Eddie. Er vertrieb den Gedanken. Jetzt war er hier, und Cindy hatte recht: Auf Originalität kam es nicht an. Que sera sera , dachte Hardy, aber für ihn hatte es eine andere Bedeutung. Mit Sicherheit hielten Cindy und vielleicht auch Frannie Jackson Browne für einen Oldie. Wie wäre es mit Patience and Prudence , die Que sera sera in der Hitparade sangen? Hardy war höchstens vier gewesen, aber er konnte sich daran erinnern …
    Als er die Augen aufschlug, war Cindy fort. Das Frisbee-Spiel war zu Ende, der Wind hatte sich gelegt.
    »Na?« sagte Frannie.
    »Hab’ ich geschlafen?«
    »Ungefähr eine Stunde.«
    »Wo ist Cindy?«
    »Nach Hause gegangen. Sie läßt dich grüßen.« Sie schob die Hände unter seinen Kopf und hob ihn an. »Kannst du aufstehen? Ich bin ein bißchen steif.«
    »Du hättest mich wecken sollen.«
    Frannie stand auf und dehnte ihren Rücken. »Ich nehme nicht an, daß du in den letzten Nächten viel Schlaf bekommen hast. Es konnte nicht schaden, ein wenig nachzuholen.«
    »Ich kann’s kaum glauben. Passiert mir sonst nie.«
    Frannie zuckte die Achseln und begann, die Reste auf der Decke einzusammeln. »Jetzt ist es dir passiert.«
    »Ich hoffe, Cindy war nicht beleidigt.«
    »Sie findet dich sympathisch.«
    »Warum? Was habe ich gemacht? Ich bin eingeschlafen, habe dummes Zeug über ihre Lieder geredet.«
    Frannie richtete sich auf und sah ihn an. »Dismas. Du bist einfach du, ohne Verstellung. Du tust, was du tust, und versuchst nicht, Eindruck zu schinden. Du bist du. Und ich finde, du bist großartig. Das solltest du wissen.«
    »Okay.«
    »Und jetzt bist du verlegen.«
    Hardy lehnte sich gegen den Baum. Unter dem schimmernden roten Haar leuchteten Frannies Augen hellgrün. Auch wenn niemand, der sie ansah, darauf kommen würde, daß sie schwanger war, hatte sie doch zugenommen. Hardy konnte das zerbrechliche Mädchen kaum wiedererkennen, das er aufgefangen hatte, als es an Eddies Grab zusammengebrochen war.
    »Du bist fantastisch«, sagte er. »Ich bin sehr stolz auf dich.«
    Sie wußte, wovon er sprach. Tränen stiegen ihr in die Augen, aber sie hielt sie zurück, schniefte und rang sich ein Lächeln ab. Sie kam zu ihm, legte die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich. »Geh und pack deine Sorgen zusammen«, sagte sie. »Morgen kommt die Müllabfuhr.«
    Er spürte, wie etwas in ihm geschah. Er sah zwischen den Bäumen hindurch und versuchte zu erkennen, was es war.
     
    »Eine Leiche?«
    »Nun, etwas, das einer Leiche sehr ähnlich ist.«
    »Etwas Totes.«
    »Ja.«
    Pico Morales schüttelte den Kopf. Pico war Kurator des Steinhart-Aquariums im Golden-Gate-Park. Hardy hatte Frannie im Japanischen Teegarten abgesetzt und war hinübergegangen, um seinen Freund zu treffen, der außer sonntags jeden Tag hier arbeitete. Sie standen im Dämmerlicht der Abteilung für Tropenfische, hinter den Becken, in denen leuchtend rote, blaue, grüne und gelbe Fische schwammen, zur Glaswand kamen, von Stein zu Stein schossen. Auf der anderen Seite schob sich ein nicht endender Menschenstrom vorbei, und man sah den Besuchern an, wie beeindruckt sie waren.
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte Pico.
    »Ach komm, Peek, Meerwasser ist dein Leben.«
    »Aber Leichen nicht.«
    Sie gingen ein paar Becken weiter. »Ich brauche etwas, das wie eine menschliche Leiche im Meerwasser reagiert. Das fortgeschwemmt werden würde wie die Leiche eines Menschen.«
    »Eine Gummimatte oder so was?«
    »Ich weiß nicht. Die würde an der Oberfläche treiben und Wind abbekommen, oder? Das würde die Wirkung verändern.«
    Pico notierte etwas auf dem Klemmbrett, das an einem der Becken befestigt war.
    »Was ist los?« fragte Hardy. Sie starrten in das Becken.
    »Der Engelfisch … Siehst du den kleinen Fleck unter seinem Auge? Er muß beobachtet werden, das ist alles. Wir hatten diese Geschwüre häufig in der letzten Zeit, vermutlich ein Pilz. Ich weiß nicht, was es

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