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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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mit Flaschendeckeln, Bierdosen und zerbrochenem Glas. Es war ein stiller, heißer Nachmittag, erfüllt von dem Benzingeruch. Die vier Bäume in der Straße hatten ihre Blätter verloren. Ein liegengebliebener gelber Schulbus mit zerbrochenen Scheiben stand auf Felgen an der Ecke. Das trübe Weißblau des Himmels schien tief über der Straße zu hängen.
    Medina trug ein schmutziges weißes Trikot über weiten Khakihosen und wusch auf dem Vorplatz zusammen mit einem Mädchen im Teenageralter ein Auto. Vor einem Jahrzehnt mochten die einstöckige Bruchbude einmal grün, die Fensterrahmen gelb gewesen sein, zaghaft bunt, jetzt war die Farbe abgestumpft.
    Als Glitsky ausstieg, trocknete Medina die Hände an einem ledernen Lappen ab. Das Mädchen blickte nicht einmal auf, fuhr einfach fort, mit einem seifigen Schwamm über die Windschutzscheibe zu wischen. Medina ging über die Auffahrt zu Glitsky.
    »Es wäre mir lieber, wenn wir nicht vor Melanie über die Sache reden würden«, sagte er. Er reichte Glitsky nicht die Hand.
    Glitsky lehnte sich gegen den Kotflügel seines Autos. »Sie verblüffen mich«, sagte er.
    Medina, vierschrötig und plattfüßig, bewegte das Fensterleder von einer Hand in die andere. »Mit mir brauchen Sie keine Spiele zu spielen. Ich war mal Polizist.«
    »Ja, ich erinnere mich an Sie. Ich weiß, daß man Sie sehr ungerecht behandelt hat. Was glauben Sie, welche Spiele ich spielen könnte?«
    »Der gute Junge und der böse Junge?«
    Glitsky sah sich um. »Von beiden kann ich hier keine Spur entdecken.«
    Das Mädchen rief: »Daddy, ich brauch’ mehr Seife!«
    Medina wandte sich zu ihr um. »Im Eimer, mein Schatz. Sieh einfach im Eimer nach.« Zu Glitsky sagte er: »Meine Tochter. Sie ist nicht immer hier.«
    Glitsky sah, wie sie zum Eimer ging, ihren Schwamm ausdrückte und dann zurück zum Auto lief. Er holte tief Luft. »Ich bin hier, weil Sie mit einem Freund von mir gesprochen haben, Dismas Hardy. Sie haben ihm erzählt, Sie hätten in den letzten Wochen Kontakt mit Rusty Ingraham gehabt. Ingraham wird vermißt, und so fragte ich mich, ob Sie vielleicht eine Idee haben, wo er sich aufhalten könnte.«
    »Hardy hat mir gesagt, Ingraham sei tot.«
    »Hardy zieht übereilte Schlüsse. Dort, wo er wohnt, ist irgend etwas passiert – wir fanden Blutspuren, die seiner Blutgruppe entsprechen. Aber keine Leiche. Er kann also ebensogut noch am Leben sein.«
    »Verdammt«, sagte Medina.
    »Verdammt?«
    »Verdammt, daß er nicht tot ist.«
    »Nun, vielleicht ist er ja tot. Wir wissen es noch nicht. Aber wie auch immer, als Sie mit ihm gesprochen haben …«
    »Ich habe nicht mit ihm gesprochen. Das habe ich schon Ihrem Freund gesagt.«
    »Er hat mir erzählt, Sie hätten ihn angerufen.«
    Abe wartete ab.
    Medina drehte sich um und rief den Namen seiner Tochter: »Melanie.« Sie unterbrach folgsam die Säuberung der Windschutzscheibe. »Würdest du uns ein paar Bier holen?«
    Er machte eine Kopfbewegung, ging zu den Zementstufen vor der Tür und setzte sich dort im Schatten nieder. Glitsky folgte ihm, froh, der Hitze zu entkommen. Kurz darauf kam Melanie aus dem Haus, Medina klopfte auf den Platz neben sich, und sie setzte sich. Er öffnete eine Dose Lucky Lager und gab sie Glitsky, dann öffnete er eine für sich selbst und ließ Melanie kurz nippen.
    »Ich habe nicht mit ihm gesprochen, ob Sie mir glauben oder nicht.«
    Glitsky trank.
    »Ich habe ihn angerufen, aber einfach wieder aufgelegt. Wozu auch? Was hätte ich sagen sollen? Es hätte keinen Sinn gehabt nach all den Jahren.«
    »Okay.« Glitsky hatte keine Ahnung, wie er weitermachen sollte.
    »Ich meine, Ingraham wäre das falsche Ziel gewesen. Wenn ich etwas tun will, wenn ich mich nicht mehr so verdammt …« Er unterbrach sich und suchte nach dem passenden Wort. »… nicht mehr so verdammt ohnmächtig fühlen will, gibt es bessere Fische zu fangen.«
    Als Abe keine Antwort gab, fügte er hinzu: »Treadwell.«
    »Wer ist Treadwell?«
    »Treadwell. Der Dürre, der versucht, Valenti und Raines kaputtzumachen.«
    »Treadwell«, wiederholte Glitsky. »Gibt es da eine Verbindung, die mir entgangen ist?«
    Medina wischte sich mit dem Fensterleder den Schweiß von der Stirn. »Was Ingraham mir angetan hat, geschieht jetzt wieder. Ich mache meine Arbeit, kümmere mich um Melanie, so gut ich kann. Seit Joan mich nach den … nach den Schwierigkeiten verlassen hat, hängt alles an mir.«
    Die Aluminiumdose in seiner Hand gab ein knirschendes

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