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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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wie kann ich es jetzt tun?«
    »Wie meinst du das?«
    »Wenn er wegen der Morde verurteilt wird, kommt er in die Gaskammer.«
    »Aber sogar Abe hat eingesehen …«
    »Sicher. Das Problem ist: Abes Instinkt ist nicht immer falsch, meistens hat er sogar recht … Ich hatte in den letzten Tagen so große Angst, daß ich nur daran interessiert war, meine Haut zu retten, und deswegen auf Baker fixiert war.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt glaube ich, daß Abe vielleicht recht hatte. Ich bin nicht sicher, ob ich an seiner Stelle – bei allem, was er wußte oder auch nicht wußte – Baker einfach so verhaftet hätte.«
    »Aber als Abe wußte, was er jetzt weiß, hat er Baker verhaftet, oder?«
    »Nicht direkt. Baker wurde vor Janes Haus gestellt.«
    »Aber hat Abe nicht gesagt, er würde weiter gegen ihn vorgehen?«
    »Nein. Für mich klang es, als würde er aufgeben. Vielleicht läßt er die Ingraham-Sache fallen und gibt sich damit zufrieden, Baker wegen des Mordes an der Frau oder wegen des Einbruchs dranzukriegen, oder vielleicht nur dafür, daß er gegen die Bewährungsauflagen verstoßen hat. Abe hat genug, das ist alles.«
    »Aber Baker wollte dich töten!«
    »Versteh mich nicht falsch, Frannie. Was einem Mann wie Louis Baker geschieht, interessiert mich nicht besonders. Aber er sollte nur für das verurteilt werden, was er wirklich getan hat.«
    »Laß das die Jury entscheiden. Oder Abe.«
    »Jurys können irren, und Abe hat in seiner momentanen Stimmung nicht viel Lust, der Angelegenheit weiter nachzugehen.« Hardy schlug ein paar Seiten in Abes Akte um und beugte sich dann über den Tisch. »Da ist noch was«, sagte er.
    Frannie setzte sich auf, legte ihm die Hand auf den Rücken. »Was?«
    »Wie ich es auch drehe und wende – ich stecke bis zum Hals mit drin. Angenommen, Baker hat Rusty nicht umgebracht. Laß uns, nur so zum Spaß, weiter annehmen, Rusty ist überhaupt nicht tot. Wenn nun das eine oder das andere oder sogar beides zutrifft, frage ich mich: Was habe ich, Dismas Hardy, eigentlich mit der ganzen Sache zu tun … es sei denn, man hat mich benutzt?«
    »Und wofür?«
    Hardy ließ die Akte sinken und lehnte sich in der Couch zurück. »Das ist die Frage.«
     
    Hardy war überzeugt davon, daß es mit Frannies zärtlichen Gefühlen für ihn erst einmal vorbei war, denn daß er Louis Baker im Krankenhaus besuchen wollte, hatte sie wirklich wütend gemacht. Er solle die Sache auf sich beruhen lassen, sagte sie. Aber er fühlte sich noch in Gefahr, denn sollte er tatsächlich benutzt worden sein … Vielleicht brauchte er auch nur eine Ausrede, um länger in Frannies Wohnung bleiben zu können, oder er fuhr zu Louis, weil er jetzt, da sein Leben allem Anschein nach nicht mehr direkt bedroht wurde, sein Gewissen beruhigen wollte, nachdem er sich nicht gerade sehr ehrenhaft benommen hatte.
    Alles war durcheinander und gleichzeitig irgendwie miteinander verbunden.
    Er und Frannie hatten ihren ersten Streit gehabt. Sie hatte gesagt, dieses unstillbare Bedürfnis, die Wahrheit zu finden, das Richtige zu tun, habe ihren Mann das Leben gekostet, und sie werde nicht zulassen, daß Hardy das gleiche widerfahre.
    Aber Hardy wußte, daß nicht Idealismus Eddie Cochran vor vier Monaten getötet hatte, sondern ein Kopfschuß, und er wußte auch, daß Eddie auf den Mann, der geschossen hatte, sowenig Einfluß gehabt hatte wie auf den Wind. Eddie war von dem Wunsch beseelt gewesen, etwas aus seinem Leben zu machen, und jemand hatte es abrupt und völlig sinnlos beendet. Wenn es Frannie half zu glauben, daß Eddies Idealismus ihn in Dinge verwickelt hatte, die ihn schließlich in der Dunkelheit der Nacht zu jenem einsamen Parkplatz geführt hatten, akzeptierte Hardy das. Doch er wußte, daß es der Wille eines anderen Menschen gewesen war, Eddies Leben zu beenden, nicht sein eigener.
    Hardy verdrängte diese Gedanken, als der Wärter ihn ins Krankenzimmer von Louis führte. Er hatte Abe von Frannie aus angerufen, und Abe hatte ein Gespräch mit Baker für ihn vereinbart, obwohl er nicht einverstanden war. Hardy hatte ihm versprechen müssen, die Waffe nicht mitzunehmen.
    Selbst mit den Schläuchen in den Armen und der Sauerstoffmaske über der Nase wirkte Baker noch furchterregend. Hardy trat ein Stück vom Bett zurück und vergewisserte sich, daß der Beamte an der Tür stand.
    Er konnte Baker nicht einordnen, erinnerte sich nicht mehr, wie er vor neun Jahren ausgesehen hatte. Ein großer Schwarzer. Er hatte viele große

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