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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Schwarze angeklagt.
    »He, Louis«, sagte er.
    Baker versuchte mühsam, die Augen zu öffnen. Er war noch ein wenig betäubt, schien Hardy aber zu erkennen. Seine Augen, die braune Iris, auch das Weiße darum, hatten einen Stich ins Gelbliche. »Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt …« sagte er und schloß die Augen wieder.
    Hardy zog seinen Stuhl nah zu Baker heran. »Ich hoffe, Sie kriegen einen besseren Anwalt als das letztemal«, sagte er. Er wartete vergeblich auf eine Reaktion. Vielleicht war Baker wieder eingeschlafen. Unbeeindruckt fuhr Hardy fort: »Denn wenn Sie sich von diesem tragischen Unfall erholt haben, der Sie ins Krankenhaus gebracht hat, wandern Sie in ein kleines grünes Zimmer, wo die Luft wirklich schlecht ist. Das einzig Gute daran ist: Sie brauchen sie nicht sehr lange einzuatmen.«
    Baker schlug die Augen auf. »Da wir von schlechter Luft sprechen …«
    »Man sagt zwar, das Gas sei schmerzlos, aber es kursieren unangenehme Geschichten von Leuten, die es einatmen, und dann fliegt ihr Kopf zurück und die Augen treten heraus wie bei einer Rauchvergiftung. Klingt scheußlich, finden Sie nicht? Aber ich glaube, es dauert nicht lange.«
    »Für Einbruch komme ich nicht in die Gaskammer.«
    »Ich scheiße auf den Einbruch. Ich spreche von den Morden.«
    »Ich habe keinen Mord begangen.«
    »Sie haben Rusty Ingraham nicht ermordet? Sie brauchen einen verdammt guten Anwalt.«
    »Ich habe Rusty Ingraham überhaupt nicht gesehen. Das habe ich dem Polizisten schon gesagt.«
    »Und wie Sie wissen, hätte er Ihnen gerne geglaubt, aber als man Ihre Fingerabdrücke in Rustys Wohnung fand, wurde er skeptisch. Kennen Sie das Wort ›skeptisch‹, Louis? Es bedeutet, daß er glaubt, Sie stecken voll in der Scheiße.«
    Baker schloß die Augen wieder.
    »Sind Sie müde, Louis? Wollen Sie, daß ich gehe? Wir haben Sie auf Rustys Kahn erwischt, wir haben Sie in der Siedlung erwischt, wir haben drei Morde, die Ihre Unterschrift tragen.« Hardy bemerkte eine Bewegung unter Bakers Lidern. Er schien nachzudenken.
    Seit er seinen Job bei der Staatsanwaltschaft aufgegeben hatte, hatte Hardy niemanden mehr offiziell verhört, aber das Gespür dafür verlor man nicht. Auf gewisse Weise machte es ihm sogar Spaß, daß Louis vermutlich annahm, er sei noch immer Staatsanwalt.
    »Drei?« Baker öffnete die Augen und richtete sich ein wenig auf. »Wieso drei? Versuchen Sie, mir alle Morde der vergangenen Woche anzuhängen? Was ist los, haben Sie keinen anderen, der auf Bewährung draußen ist?«
    Das Sprechen bereitete Louis Mühe, er mußte sich wieder hinlegen und rang nach Atem.
    »Ich lasse mir nichts zuschulden kommen, aber Sie beschließen, daß ich zurück in den Knast komme …«
    »Woher haben Sie die Pistole, Louis? Sie haben auf Polizisten geschossen, haben einen Einbruch begangen – das nennen Sie ›nichts‹?«
    Louis winkte ab. »Ich habe niemanden getötet.«
    Hardy lehnte sich im Stuhl zurück. Natürlich leugneten die meisten Mörder anfangs ihre Morde. Deshalb mußte er mit Louis streiten, reden, benutzen, was er hatte, um das Gespräch in Gang zu halten.
    »Sie haben Rusty Ingraham getötet, Sie haben die Frau auf seinem Kahn getötet, und Sie haben den Jungen in der Siedlung getötet.«
    »Was für eine Frau auf Rustys Schlepper?«
    »Ihr Name war Maxine Weir.«
    »Da war keine Frau …« Louis brach abrupt ab, schloß die Augen, sank zurück.
    Hardy beugte sich vor. Er lächelte jetzt. »Aha«, sagte er.
    »Ich will meinen Anwalt.«
    Hardy beugte sich noch weiter über ihn und flüsterte ihm ins Ohr: »Scheiß drauf, Louis. Scheiß auf deinen Anwalt. Hier sind nur du und ich.«
    »Ich werde Sie anzeigen.«
    »Ich werde alles leugnen, und wer würde dir schon glauben?«
    Louis versuchte, sich im Bett aufzurichten, bekam einen Hustenanfall, und die Sauerstoffmaske rutschte von seiner Nase. Hardy stand auf und schob den Stuhl zurück, während der Wärter kam und einen Knopf am Bett drückte. Als die Krankenschwester erschien, hustete Louis nicht mehr. Er lag so still, als wäre er tot.
    Die Krankenschwester richtete die Sauerstoffmaske und prüfte die Verbände um Brust und Oberschenkel. Hardy sah Blut unter den Verbänden. Ein dünnes Rinnsal rann aus Bakers Mund, und Hardy vernahm ein leises, gurgelndes Geräusch. Bakers Atem.
    Die Schwester wandte sich an ihn. »Er sollte wirklich nicht sprechen.«
    Aber Hardy war fest entschlossen, den Vertreter der Anklage zu spielen, bis ihn jemand erwischte.

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