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Die Radleys

Titel: Die Radleys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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Gesellschaftskrüppel aus ihr machen. Sie versucht, den Schaden gering zu halten, indem sie ihm entgegengeht.
    Sie lächelt Toby entschuldigend zu. »Tut mir leid«, sagt sie und setzt sich rückwärts durchs Gras in Bewegung. »Ich muss gehen.«
    Jared starrt auf ihr Top und die nackte Haut, die es entblößt. Haut, die er einst mit Silicealotion eincremte, nachdem sie während eines Familienurlaubs in Northumberland in einen Brennnesselfleck gefallen war.
    Die Luft im Auto riecht nach Parfüm und Alkohol. Er weiß, jedes andere Elternteil würde dies als normalen Teenagerkram abtun, aber jedes andere Elternteil weiß nicht, was er weiß. Dass die Grenze zwischen Mythos undRealität von Leuten gezogen wird, denen man nicht trauen kann.
    »Du riechst nach Alkohol«, sagt er zu ihr und hört sich wütender an, als ihm lieb ist.
    »Dad, ich bin siebzehn. Heute ist Freitag. Ein bisschen Freiheit steht mir zu.«
    Er versucht, sich zu beruhigen. Er will, dass sie über die Vergangenheit nachdenkt. Wenn er sie dazu bewegen kann, über die Vergangenheit nachzudenken, wird dieser Anker dafür sorgen, dass sie in Sicherheit bleibt. »Eve, weißt du noch, als wir …«
    »Ich kann’s nicht glauben, dass du das getan hast«, sagt sie. »Es ist entwürdigend. Einfach wie im Mittelalt er. Du behandelst mich wie Rapunzel.«
    »Du hast elf Uhr gesagt, Eve.«
    Eve sieht auf ihre Uhr. »Mein Gott, dann bin ich eben eine halbe Stunde zu spät.« Ihr fällt auf, dass er das Haus um zehn nach elf verlassen haben muss.
    »Und dann sehe ich dich da, mit diesem Jungen, aufgedonnert wie …« Er schüttelt den Kopf.
    Eve starrt in die vorbeisausenden Hecken und wünscht sich, sie wäre als etwas anderes geboren worden, als kleine Drossel oder als Spatz, der einfach wegfliegen kann und nicht über alles nachdenken muss, was ihr in den Kopf kommt.
    »Der Junge ist Toby Felt«, sagt sie. »Sein Vater ist Mark Felt. Er will mit ihm reden. Wegen der Miete. Ich habe ihm gesagt, dass du jetzt einen Job hast und nächsten Monat das Doppelte zahlen kannst, und das wird er seinem Dad sagen und dass jetzt alles in Ordnung ist.«
    Jared hält es jetzt nicht mehr aus. Das ist zu viel für ihn. »Ach, und was hat er für diesen Gefallen verlangt? Hallo?«
    »Was?«
    »Ich lasse nicht zu, dass sich meine Tochter freitagnachts auf irgendeinem Acker prostituiert, damit uns der Vermieter einen Gefallen tut.«
    Das macht Eve vollends wütend. »Ich habe mich nicht prostituiert! Mein Gott! Durfte ich das nicht sagen?«
    »Nein, Eve, das durftest du nicht.«
    »Und dann? Dann können wir eben nicht mehr da wohnen und müssen umziehen und die ganze Scheiße fängt wieder von vorne an? Vielleicht sollten wir uns einfach gleich irgendeine verdreckte Pension suchen. Oder ein gemütliches Wartehäuschen und darin schlafen. Wenn du nämlich nicht aufwachst, Dad, und aufhörst zu grübeln über was auch immer für eine Scheiße du nachdenkst, werde ich mich prostituieren müssen, damit wir was zu essen haben.«
    Eve bedauert das alles bereits, während sie es sagt. Ihr Vater ist den Tränen nahe. Und für einen Augenblick sieht Eve in ihm nicht den Mann, der sie gerade vor ihren Freunden blamiert hat. Stattdessen sieht sie den Mann, der das Gleiche durchlitten hat wie sie, deshalb sagt sie nichts mehr und betrachtet seine Hände am Lenkrad und die unendliche Traurigkeit in dem Ehering, den er niemals von seinem Finger abziehen würde.

[Menü]
    ZEHN NACH ZWÖLF
    Rowan lehnt am Wäschetrockner, während seine Mutter Clara im Keller beim Duschen hilft.
    »Ich bin ziemlich irritiert«, sagt er durch die Tür.
    Er untertreibt. Vor Kurzem ist seine Mutter mit seiner Schwester zurückgekehrt, die mit etwas bedeckt war, was wie Blut aussah. Und sie war wirklich bedeckt , wie ein neugeborenes Baby, und kaum wiederzuerkennen. Sie wirkte total passiv und ausdruckslos. Beinahe wie hypnotisiert.
    »Rowan, ich bitte dich«, sagt seine Mutter, während sie die Dusche anstellt. »Wir werden gleich darüber reden. Wenn Dad wieder da ist.«
    »Wo ist er denn?«
    Seine Mutter ignoriert ihn, und er hört, wie sie mit seiner blutverschmierten Schwester redet. »Es ist noch ein bisschen kalt. Jetzt wird es besser. Du kannst einsteigen.«
    Er versucht es noch einmal. »Wo ist Dad?«
    »Er wird gleich da sein. Er … muss was erledigen.«
    »Was erledigen? Wer sind wir, die Cosa Nostra?«
    »Bitte, Rowan, später.«
    Seine Mutter klingt verärgert, aber er kann nicht aufhören zu

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