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Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Titel: Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tyler Hamilton
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hätte. Aber genauso gut hätte man
von Lance verlangen können, zum Mond zu fliegen. Für Lance war Freundschaft
undenkbar. Floyd war ein Feind, und Feinde mussten vernichtet werden. Ganz
einfach. Diese Methode funktionierte bei den meisten Menschen. Aber nicht bei
einem zähen Mennoniten-Sohn, der die King-James-Bibel aus dem Gedächtnis
zitieren kann, vor allem 4. Mose 32,23: Seid
sicher, eure Sünde wird euch finden. Im April 2010 nahm Floyd Kontakt
mit USADA -Chef Travis Tygart auf und erzählte ihm
die Wahrheit über seine Zeit beim Postal-Team.
    Novitzky hatte die Szene bereits einige Monate zuvor betreten. Er
beschäftigte sich mit dem Fall, seit leistungssteigernde Drogen im Kühlschrank
einer Wohnung in Calabasas, Kalifornien, gefunden worden waren, die von einem
Rock-Racing-Fahrer namens Kayle Leogrande angemietet worden war. Der Vermieter
hatte den Drogenvorrat entdeckt und die zuständige Food and Drug Administration
( FDA ) informiert, für die Novitzky seit Kurzem
arbeitete. Novitzky hatte daraufhin einen alten Bekannten kontaktiert, Tygart
von der USADA . So kam es, dass Floyd kurze Zeit,
nachdem er mit der USADA geredet hatte, auch eine
Unterhaltung mit Novitzky führte.
    Floyd erzählte Tygart und Novitzky die Wahrheit, und er hatte
offensichtlich auch seine juristischen Hausaufgaben gemacht. Der False Claims
Act ist ein US -amerikanisches Gesetz zum Schutz der
Regierung gegen Betrug. Nach diesem Gesetz stehen jedem, der einen Betrug
aufdeckt, 15 bis 30 Prozent der sichergestellten Gelder zu. Da die US -Postbehörde über 30   Millionen Dollar an
Sponsorengeldern an Tailwind Sports (die Managementfirma, deren Teilhaber Lance
war) für das Postal-Team bezahlt hatte, konnte das Gesetz unter Umständen
Anwendung finden – vor allem, wenn nachgewiesen wurde, dass Tailwind ein
organisiertes Dopingprogramm durchgeführt und damit gegen Anti-Doping-Klauseln
in den Verträgen verstoßen hatte. Floyd reichte nach seinen Unterhaltungen mit
der USADA und Novitzky eine Klage nach dem False
Claim Act gegen Tailwind Sports ein. Es war wie im Bilderbuch: Konnte bewiesen
werden, dass Lance und Tailwind die Regierung betrogen hatten, hatte Floyd die
Chance auf eine Rache biblischen Ausmaßes.
    Floyds endgültige Entscheidung fiel in den Wochen vor der
Kalifornien-Rundfahrt im Mai, der größten Rundfahrt im Land. Per E-Mail
informierte er den Rennleiter Andrew Messick, dass er mit der USADA über seine Zeit im Postal-Team gesprochen hatte.
(Typisch Floyd: Er hatte sogar Lance zu seinen Treffen mit der USADA eingeladen.) Als Floyd klar wurde, dass Lance und
Messick ihn weiterhin wie Luft behandeln würden, schrieb er die Bekennermails
an den US -Radsportverband, und die Lunte brannte.
    Novitzky und Miller walzten praktisch mit einem Bulldozer durch die
Welt des Radsports. Angst und böse Vorahnungen verbreiteten sich wie ein
Lauffeuer. Zeugen wurden kontaktiert: Hincapie, Livingston, Kristin Armstrong,
Frankie und Betsy Andreu, Greg LeMond und viele andere. Wie ich hörte, erhielt
Levi Leipheimer seine Vorladung am Zoll, als er von der Tour de France
zurückkehrte. Armstrongs Teamkollege Jaroslaw Popowytsch erhielt seine
Vorladung auf noch dramatischere Weise: von Agenten in einem schwarzen
Geländewagen, die ihm auflauerten, als er in jenem Herbst in Austin an einer
von Armstrongs Aufklärungsveranstaltungen über Krebs teilnahm.
    Dann kam der Abend, an dem Novitzkys Bulldozer in Form seiner SMS an meine Tür rumpelte. Ich verwies Novitzky an meinen
Anwalt, Chris Manderson. Als Novitzky Chris fragte, ob ich ihn aus freien
Stücken bei seinen Untersuchungen unterstützen würde, antwortete ich mit einem
entschiedenen Nein. Noch immer galten die alten Grundsätze: Warum sollte ich
freiwillig etwas aussagen, das ich so lange geleugnet hatte? Warum sollte ich
auch den letzten Rest meines guten Rufes noch aufs Spiel setzen? Ich wollte
mein Leben weiterführen und die Vergangenheit hinter mir lassen. Novitzkys
Antwort erreichte mich wenige Tage später in Form einer gerichtlichen
Vorladung. Ich hatte am 21.   Juli 2010 um 9   Uhr morgens in Los Angeles vor
Gericht zu erscheinen.
    Je näher der 21.   Juli rückte, umso angespannter wurde ich. Ich lag
nächtelang wach und überlegte, was ich tun sollte. Manchmal dachte ich: Scheiß drauf, ich lüge einfach weiter, ich riskiere einen Meineid. Dann wollte ich lieber die »Ich erinnere mich nicht«-Schiene fahren, wie ich es
bei Wirtschaftsbossen und Regierungsbeamten

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