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Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Titel: Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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sondern auch wütend. Sie war keine Jungfrau. Er hatte mit einem gefallenen Mädchen geschlafen.
    Dann aber musste er lachen. Er dachte wie Pryce Bodean, so, als ob er sich wieder in New Haven befände. Er war kein Seemann, und Arellya war keine Hure, aber er war auf See und hatte einen besonderen Hafen angesteuert.
    Ein Gedanke durchzuckte ihn, der ihn ein wenig beschämte, zugleich aber erleichterte: Arellya ist nicht mal ein Mensch. Er wusste von Jungen an der Lateinschule in New Haven, die sich mit Schafen vergnügt hatten, und kannte sogar Grotty Matthews, von dem alle behaupteten, er habe die Stute seines Vaters bestiegen. Niemand hielt sie für Sünder. Sie hatten sich lächerlich gemacht, aber sie hatten sich nicht versündigt.
    Schluss damit, ermahnte er sich.
    »Also gut«, sagte er bestimmt. »Ich werde seichte Stellen ansteuern und das Boot nach unten bringen. Lass Salwoo und die anderen jungen Burschen nach Möglichkeiten suchen, wie sie uns Fische beschaffen können.«
***
    An diesem Nachmittag fuhren sie in Ufernähe etwa dreißig Meter über dem Wasser. Hethor wagte es nicht, tiefer zu gehen, denn er traute sich nicht zu, das Luftschiff zu landen, geschweige denn, es anschließend wieder in die Luft zu bekommen. Das magisch wirkende Kontrollpult war eine wundersame Erfindung, aber Hethor war sich nicht einmal über die Grundlagen dieser Konstruktion im Klaren.
    Salwoo und die anderen hatten sich Seile und Netze besorgt. Sie experimentierten mit großer Freude damit, um herauszufinden, wie sie Fische fangen konnten.
    »Zuhause benutzen wir Speere«, erklärte er Hethor. »Aber wir haben gesehen, wie die Stämme der Elfenbeinaugen Netze aus ihren kleinen Booten geworfen haben. Deshalb wissen wir, dass es funktioniert.«
    Im seichten Wasser blitzten immer wieder Fischschwärme auf. Die hellen Umrisse von Haien schwammen zwischen ihnen. Hethor kam zu dem Schluss, dass dieser Teil der afrikanischen Küste bisher kaum eine Fischflotte gesehen haben konnte. Von der Bassett aus hatte er jedenfalls noch nie solch riesige Schwärme erblickt, und sein Luftschiff hatte die meisten Gewässer der Nördlichen Welt bereist, die von Fischern und Händlern regelmäßig befahren wurden.
    Bald waren laute Rufe zu hören, Lachen, Geschrei und Gejohle. Hethor stürzte zur Reling, um nachzusehen, was der Lärm zu bedeuten hatte.
    Einer der jungen Männer, es war wohl Kikiowo, kämpfte mit einem Seil, das in seiner Hand wild hin und her tanzte. Ungefähr ein halbes Dutzend junger Burschen hatten ihn an Armen und Beinen gepackt oder zerrten mit ihm am Seil, während alle anderen an der Reling standen.
    »Bote, komm und sieh!«, riefen sie.
    Kikiowo hatte einen Hai gefangen, eine riesige, gefährliche Kreatur, die sich im Wasser umherwälzte. Der Hai war gigantisch, mindestens acht oder neun Meter lang.
    »Er hatte einen großen Fisch gefangen«, sagte der junge Mann neben Hethor, »und ein noch größerer Fisch hat den großen Fisch gefressen.«
    »Schneidet das Seil durch«, rief Hethor, »bevor er euch unter Wasser zieht.«
    Das vergessene Volk lachte. Die anderen jungen Burschen drängten sich um Kikiowo, zerrten an ihm und am Seil. Der Kampf war so heftig, dass das Deck zu schwanken begann und sich gegen die stabilisierenden Kräfte des gewaltigen Tragkörpers wehrte.
    »Lasst den Fisch los, bevor er euch unter Wasser zieht!«, rief Hethor noch einmal.
    »Es ist mein Großvaterfisch!«, übertönte Kikiowo die schreiende Meute. »Seine Seele gehört mir. Meine Seele gehört ihm.«
    »Er wird dich töten!«
    In diesem Augenblick senkte sich die Reling, und Kikiowo stürzte an seinem Seil nach unten und riss mehrere der jungen Männer mit sich. Hethor sprang auf den schreienden Berg aus haarigen Beinen und Armen und zog sie zurück nach oben. Selbst Kikiowo schaffte es wieder an Bord. Die jungen Männer kletterten übereinander, wie sie es an Malgus’ Säule getan hatten, damals in der großen Steinstadt der Hexenmeister.
    »Meine Seele ist in das tiefe Wasser geflohen«, sagte Kikiowo mit ernster Stimme, und seine blassen Augen blickten nachdenklich ins Leere.
    »He! Da sind noch zwei von uns im Großen Salzfluss«, rief jemand erschrocken.
    Hethor drehte das Luftschiff und kreuzte gegen den Wind, um in der Nähe der über Bord gegangen jungen Männer zu bleiben, während die anderen nach ihnen fischten. Hethor musste den jungen Burschen gut zureden, damit sie ihren Gefährten nicht hinterher sprangen, um ihnen zu helfen.

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