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Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Titel: Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Führer den Felsvorsprung hinter sich ließ, um seine eigenen Aufträge zu erledigen.
***
    Hethor erreichte sicheren Boden, als die ersten Sonnenstrahlen über dem östlichen Horizont aufblitzten. Die Welt um ihn her bot denselben Anblick wie auf der anderen Seite – eine verführerische Aussicht auf Länder und Königreich am Rande eines großen Ozeans, die ihm aber genauso auf den Magen schlug und seinen Blick verschwimmen ließ wie zuvor. Hethor hatte keine Zeit, sich ablenken zu lassen. Er musste Malgus finden.
    Ein schwach erkennbarer Weg führte durch dichte, wild wuchernde Sträucher, die früher zu einem Garten gehört haben mochten. Es gab Spuren und Hinweise darauf, dass vor nicht allzu langer Zeit hier jemand vorbeigekommen war. Natürlich – Malgus! Hethor folgte den Spuren und bewegte sich dabei so schnell, wie seine schmerzenden Füße es erlaubten.
    Nach einem langen Abstieg durch eine hügelige Landschaft kam Hethor direkt über einem riesigen Gebäude heraus – einem Zwilling des Jade-Tempels, wie er bemerkte. Mehrere Löcher klafften im Dach, und die Außenwände sahen an einigen Stellen baufällig aus, wo Stuck oder Mauerwerk abgebröckelt waren.
    Da Hethor davon ausging, Malgus in diesem Gebäude zu finden, humpelte er zum nahen Gebäudeende. Blumen und Obstgärten zogen sich bis an den Rand der Mauer. Sie wirkten genauso verwahrlost wie das Gebäude selbst. Kleingewachsene Gestalten in weißer Kleidung huschten zwischen den Bäumen umher. Vielleicht handelte es sich bei ihnen um die südliche Variante jener kleiner Mönche, die im Jade-Tempel auf der Nördlichen Seite lebten.
    Hethor entdeckte den Haupteingang und blickte zu den Türen hinauf, die nur lückenhaft, wie fehlende Zähne, vorhanden waren. Er drehte sich zum Fußweg um und schaute zum Rand. In der Finsternis war eine mannsgroße Gestalt auszumachen.
    Hethor versuchte, »Malgus!« zu rufen, brachte aber kein Wort heraus. Er rannte los. Stechender Schmerz jagte durch seine Beine bis in seinen Kopf.
    Die Gestalt drehte sich und erwies sich in der nahenden Morgendämmerung tatsächlich als der Navigator der Bassett . Malgus sagte irgendetwas und deutete mit einem Finger auf Hethor, als dieser auf ihn zu hinkte.
    Hethor deutete auf seine Ohren. »Kann nichts hören«, versuchten seine Lippen zu sagen. »Taub.«
    Malgus schaute ihn einen Augenblick verwirrt an und nickte schließlich. Dann stellte er pantomimisch einen fallenden, langen Gegenstand dar, wies zuerst nach oben und deutete dann auf Hethor.
    Er muss gesehen haben, wie die Bambusstäbe in die Tiefe gestürzt sind, dachte Hethor. Deshalb wusste er auch, dass ich noch am Leben bin.
    Malgus nahm eines der beiden schweren Bündel zu seinen Füßen auf und stieß das andere zu Hethor hinüber.
    Hethor deutete auf seine verletzten Füße. »Brauche Hilfe.«
    Der Navigator schüttelte den Kopf und schob das Bündel auf seinem Rücken zurecht. Er hatte es mit Riemen befestigt, die auch um Hüfte und Leistengegend verliefen und ihn in einem ledernen Spinnennetz gefangen zu halten schienen.
    Hethor nahm sein eigenes Bündel auf und brachte die Riemen auf dieselbe Weise an, obwohl er nicht verstand, warum. Als er von der Messingschiene heruntergeklettert war, hatte er den kleineren Beutel verloren, den Malgus ihm im Jade-Tempel gegeben hatte.
    Malgus deutete mit seiner Hand nach unten, bevor er loslief und dem grasüberwucherten, marmornen Fußweg bis an den Rand folgte. Hethor stolperte hinter ihm her und fragte sich, ob der Mann völlig den Verstand verloren hatte. Malgus breitete im Laufen die Arme aus, als wollte er sich in die Luft erheben und fliegen – und sprang vom kleinen Balkon am Ende des Fußwegs in den Abgrund.
    Hethor bremste vor dem Marmorgeländer ab und sah, wie Malgus stürzte. Arme und Beine des Navigators waren zu einem X geformt, genau wie beim Uhrwerk-Christus.
    Ein Fallschirm, dachte Hethor. Er trägt einen Fallschirm, genau wie die Matrosen auf der Bassett! Er erinnerte sich an das unangenehme Gefühl bei seinem Sprung in Hamilton und daran, wie der Schiffsarztassistent in die Dunkelheit gestürzt war.
    »Ich kann es nicht«, versuchte er zu sagen. Aber was sollte er sonst tun? Selbst wenn er die Spitze der Himmelsleiter nicht zerstört hätte – Hethor war nicht in der Verfassung, die Einöde der Erdumlaufschiene erneut zu durchqueren. Es könnte im wahrsten Sinne des Wortes sein ganzes Leben lang dauern, die unzähligen Meilen von hier bis zur Oberfläche der

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