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Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Titel: Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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den Mauern einen flachen Burggraben überspannte.
    Als er sich umdrehte, sah er, wie hinter ihm Rauch aufstieg. Aber dieser Rauch war nicht schwarz, sondern schimmerte in den verschiedensten Farbtönen – in kräftigem Rot, Braun und Grün. In den wirbelnden Wolken waren Gesichter zu erkennen; Gestalten kämpften miteinander, nur um im wirbelnden Chaos wieder verschluckt zu werden. Das mühsam eingepferchte Chaos floh aus Williams Festung, nun, da es seine magischen Kräfte nicht mehr kontrollieren konnte.
    Hethor, der diesen Ort um jeden Preis verlassen wollte, stolperte rückwärts und stolperte dabei über einen Gegenstand.
    Eine dritte goldene Tafel.
    »Danke, Gott«, sagte er, auch wenn seine Worte nicht an seine Ohren drangen. Er floh Richtung Westen in den Dschungel, die Tafel an die Brust gepresst, und hoffte, das Meer zu erreichen – und vielleicht sogar das Ziel, das Simeon Malgus ursprünglich für sie beide geplant hatte.
***
    »Ich werde diese Worte ... nicht verlieren ... Ich werde diese Worte ... nicht verlieren ... Ich werde diese Worte ... nicht verlieren.« Hethor hatte diesen Satz seit drei Tagen immer wieder geflüstert, seitdem er aus Williams Festung geflohen war. Die mit reiner Magie erschaffenen Stiefel und die Kleidung des Hexenmeisters hatten zu seiner Erleichterung bisher gehalten, aber im Dschungel hatte er nur wenig zu essen finden können. Wahrscheinlich war die eine Hälfte der Dinge, die hier wuchsen, krabbelten und flogen, genießbar, die andere jedoch absolut tödlich. Das Problem war nur, dass Hethor sie nicht unterscheiden konnte.
    Ihm blieb nur die Möglichkeit, an den Wurzeln und Trieben kleiner, harmlos aussehender Wasserpflanzen zu saugen.
    »Ich werde diese Worte ... nicht verlieren ... Ich werde diese Worte ... nicht verlieren ...«
    Jeden Tag vor Sonnenuntergang suchte Hethor sich einen Baum, auf dem er schlafen und sich vor dem in Sicherheit bringen konnte, was nachts lautstark durch den Dschungel trampelte – aber erst, nachdem er den Baum gründlich nach Schlangen abgesucht hatte. Sobald er sich eingerichtet hatte, saugte er an den Trieben, die er an dem Tag hatte finden können, und starrte anschließend auf die Handschrift auf der goldenen Tafel, bis ihm das schwindende Licht die Sicht raubte.
    Malgus war bestimmt an der Küste, bei den Weisen der Südlichen Hemisphäre, von denen der Abt des Jade-Tempels gesprochen hatte, oder wenigstens in ihrer Nähe. Die Priester in diesem Teil der Welt würden in Städten leben, was hier im Süden mit Hafenstädten gleichzusetzen war. Es machte also wenig Sinn, sich ins Landesinnere zu begeben, in den weglosen Dschungel, wenn die einzige Siedlung Williams Festung war.
    Hethor wünschte sich, mehr Fragen gestellt zu haben, als der Abt des Jade-Tempels erwähnt hatte, die Reliquien Christi seien über die Äquatorialmauer gelangt.
    Warum war das so?
    Und wer hat sie hierher gebracht?
    Malgus kümmerte Hethor kein bisschen, auch wenn der Mann ihn damals in Boston gerettet hatte. Doch Malgus hatte ihn auf gewisse Weise ebenso betrogen wie Hethor, als er ihn beim Fallschirmsprung von der Mauer in die Irre geführt hatte. Dennoch hielt Hethor ihn nicht für so böse wie William, denn William hatte ihn zum Tode verurteilt und versuchte nichts weniger, als die Ordnung der Welt zu zerstören. Malgus hingegen versuchte lediglich, Hethor daran zu hindern, die ihm von Gabriel aufgetragene Mission zu erfüllen.
    Wo war der Mann nach seinem langen Sturz von der Mauer gelandet?
    »Ich werde diese Worte ... nicht verlieren ... Ich werde diese Worte ... nicht verlieren.«
    Am fünften Tag nach seiner Flucht aus der Festung erreichte Hethor einen breiten Fluss, der den Weg nach Westen versperrte. Wie tief er war, konnte Hethor unmöglich feststellen, denn das Wasser war sehr trübe, und der Fluss schien Hochwasser zu führen. Doch flussaufwärts, Richtung Süden, wirkte er schmaler. Hethor entschloss sich daher, in diese Richtung zu gehen, und kämpfte sich am Ufer entlang, ständig auf der Suche nach einem Baumstamm oder einer anderen Möglichkeit, den Strom zu überqueren. Das Hochwasser ließ eine Art tickendes Glucksen vernehmen, das Hethor noch bei keinem anderen Gewässer je gehört hatte.
    Gehört?
    Ja, er hatte es gehört!
    Hethor schrie auf, ließ die goldene Tafel zwischen ein paar Farnpflanzen fallen und strich zärtlich über seine Ohren.
    »Bin ich das? Kann ich wieder hören?«
    Seine eigenen Worte konnte er immer noch nicht

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