Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)
einen Weg finden, auf dem wir zu Fuß fliehen können.«
»Nein.« Boas’ Stimme war teilnahmslos. »Es gibt eine bessere Lösung. Ich bin auf derartigen Luftschiffen schon einmal geflogen.«
»Ich auch«, murmelte Paolina.
Boas fuhrt fort. »Wir werden eines der ihren nehmen und können dann mit prall gefülltem Tragkörper und voller Kraft voraus entkommen. Du kannst die anderen eine Zeit lang stilllegen. Sie werden den Abstand zu uns nicht mehr aufholen können.«
»Und wohin dann?«, verlangte Kitchens zu wissen.
»Ist doch egal!«, brüllte Martins. »Irgendwohin, wo wir nicht gezwungen sind, als lebende Fackeln zu Tode zu stürzen.« Er atmete tief und zitternd durch, bevor er hinzufügte: »Sir.«
Kitchens nickte. »Sie haben Ihre Prioritäten absolut richtig gesetzt.« Er wandte sich an Boas und Paolina. »Wie genau beabsichtigen sie diesen Unglücksfall herbeizuführen?«
»Ich habe einen Plan«, sagte sie sanft.
Paolina
Sie hatte nicht die geringste Idee, aber Panik machte sich auf den erschöpften Gesichtern um sie herum breit. Die Erinyes und alle Menschen an Bord würden bodenloser Angst zum Opfer fallen, bevor die Chinesen sie töten konnten. Dies war nicht der Zeitpunkt für Unentschlossenheit.
Sie hatte sicherlich nicht vor, bei Sonnenaufgang zu sterben.
»Gashansunu, kommt mit mir zum Bug«, sagte sie. »Der Rest versammelt und bewaffnet alle Männer der Besatzung, die noch Waffen tragen können.«
Paolina hatte keine Ahnung, was sie mit irgendwelchen Waffen anstellen sollten, aber solche Dingen beruhigten Männer immer. Sich aufstellen zu müssen würde sie von ihrer Panik ablenken.
Die Hexenmeisterin folgte ihr zum Bug. »Geh jetzt«, sagte die fremde Frau ohne Einleitung. »Überlass diese Leute ihrem Schicksal. Sie sind nicht die deinen, und du gehörst nicht zu ihnen.«
»Ich werde nicht ohne Boas gehen«, sagte Paolina entschlossen. »Und ich werde diese Männer, die um unser Leben gekämpft haben, nicht einfach ihrem Schicksal überlassen.«
»Du kannst dieses Luftschiff nicht fortbewegen, das hast du selbst gesagt.«
»Ich habe einmal ein Unterseeboot über Hunderte von Kilometern an meine Seite gerufen.«
»Ein was?«
»Ein Schiff, das unter dem Wasser fahren kann.«
»Wie hast du das gemacht?«
Paolina hätte beinahe geschrien. »Ich weiß es nicht! «
»Aber selbst wenn«, sagte Gashansunu zu ihr, »damals hattest du etwas, gegen das du dich hast stemmen können.«
»Ja. Ich habe ein Erdbeben ausgelöst, das viele Leben gekostet hat.«
»Hier hast du nichts, gegen das du dich stemmen könntest. Wir sind in der Luft.«
»Ich habe mich gegen diese furchtbaren Engel geworfen«, sagte sie zur Hexenmeisterin. »Ihr Gewicht machte unseren Aufstieg möglich. Ich könnte eins dieser Luftschiffe für mein Vorhaben verwenden.«
»Ohne das Luftschiff und seine Besatzung dadurch zu vernichten?«
»Ich werde sie nicht töten, aber für jede Aktion gibt es eine genau entgegengesetzte Reaktion.« Paolina überdachte diese Aussage. »Kann ich den Übergang dadurch ermöglichen, dass ich unsere Besatzung dorthin transportiere und im Gegenzug die chinesischen Matrosen auf unser Luftschiff bringe?«
Gashansunu sah aus, als ob sie ernstlich versuchte, nicht beeindruckt zu sein. »Wie willst du das wissen? «
»Ich kann mir ihr Schiff ansehen. Alles Leben glüht in der Schweigenden Welt. Was sonst kann sich in der Luft zwischen ihnen befinden, in dieser Welt oder der anderen?«
»Dann sieh mit meinen Augen«, sagte die Hexenmeisterin zu Paolina.« Die Frau hielt ihr das geflochtene Silberband hin. »Halt dich an meinem Handgelenk fest, und wir werden uns gemeinsam umschauen.«
»Du wirst nicht einfach mit mir fortgehen?«
»Du hast recht, mir zu misstrauen«, sagte Gashansunu. »Aber jetzt ist nicht der richtige Augenblick für einen Verrat. Jetzt gilt es zu handeln.«
Gemeinsam betraten sie die Schweigende Welt, ohne die wenigen Zentimeter des Decks, auf dem sie standen, zu verlassen.
Die Luftschiffe hingen wie Fliegen in der Luft, die sich in altem Kieferharz verfangen hatten. Selbst in der Schweigenden Welt flackerte der Wasserstoff ihrer Tragkörper wie ein Geist innerhalb eines Geists. Funken schwärmten unter jedem der brennenden Feuer.
Licht und Leben mitten in der Atmosphäre.
Sie sah hinter sich und zählte die Anwesenden. Vierundzwanzig waren an Bord der Erinyes, die noch lebten, und dann war da noch Boas, der nicht auf dieselbe Weise glühte wie die Männer. Sie
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