Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)
wichtig.« Die Stimme des Schotten begann zu zittern. »Sie weiß, was sie ihr angetan haben.«
»Stewart? Lloyd George?« Die Frage nach der Schuld war nun plötzlich von großem Interesse für ihn, der sich immer mehr für das zu erreichende Ziel und weniger für die Mittel interessiert hatte.
»Sie. Und die wahren Herrscher ebenso.«
Kitchens wurde nicht erneut durchsucht, aber seine Besitztümer und seine Ausrüstung wurden ihm zurückgegeben. Darüber war er sehr froh, denn er hätte sein Leben dafür gegeben, das feuchte, blutige Andenken der Königin zu behalten.
Gashansunu
Der Kreis, in dem sie ihre Stunden mittlerweile verbrachte, war von Unruhe ergriffen. Ihre Stadt, diese gleichgültige Macht der Südlichen Hemisphäre, der Nabel der Schattenwelt, hatte ihre Unruhe in den letzten Tagen deutlich gemacht. Helle Gelb- und Grüntöne hatten den Sonnenaufgang begleitet, was nur selten geschah, während erschöpfte Vögel tot vom Himmel fielen; ihre Herzen in ihren regenbogenbunt gefiederten Brustkörben zerplatzt.
Diese Farben, diese Hinweise, brachten Bedauern zum Ausdruck. Sie fragte sich, welche Missetaten die Farben der Welt in ein Ungleichgewicht gebracht hatten. Die Musik der Kreise erhielt alles aufrecht. Wenn der eine oder andere nachließ, so verstummte auch ihre Musik und das Ergebnis war eine unerträgliche Kakofonie.
Baassiia befand sich in der Mitte des Treffens, und sein wa war ihm näher, als es üblicherweise der Fall war. Selbst die Schweigende Welt war unruhig, das wusste Gashansunu.
Er war ihr Mittelpunkt, denn er berief den Kreis ein; ein kräftiger Mann mit dunkler Haut, auf dessen Brustkorb das Feuer der Sonne in Schlangenform brannte. Seine langen Finger und die Rundung seiner Klinge vermittelten eine Sanftheit und Gnade, die die Opfer, wenn er sich dem Herzstein näherte, in ihrem Widerstand erlahmen und stattdessen lächeln ließ, bevor er sie auf ihren Weg in die leeren Gewölbe des Todes schickte.
»Wir versammeln uns«, sagte Baassiia. Seine Stimme wurde durch die Macht seines wa derart verstärkt, dass sie wie aus einem Brunnen zu ihnen heraufzukommen schien. »Wir hören zu. Wir suchen. Wir finden.«
»Wir finden«, antwortete der Kreis. Es handelte sich nicht um eine Berufung, sondern nur um eine Befragung, weswegen das Ritual abgekürzt wurde, um den Anhängern Trost zu spenden und ihr Bewusstsein zu schärfen.
Gashansunu betrachtete Baassiia mit der zeitlosen Geduld des Obsidian, obwohl sie innerlich wie Lava kochte. Sie konnte sich der Schönheit des Zentrums nicht entziehen, auch wenn sich eigentlich alle Initianten des Hauses des Westens solch weltlicher Gedankengänge zu enthalten hatten. Sein Blick huschte kurz über sie und hielt nur für einen Sekundenbruchteil inne.
Lange genug, um ihr geheimes Lächeln aufblitzen zu sehen.
»Wer von uns hat Kunde aus der Schweigenden Welt erhalten?«, fragte er. Sein wa regte sich wie Spinnfäden im Wind.
Niemand antwortete.
»Wer von uns hat sich des Vogelsterbens angenommen?«
Ninsunu meldete sich zu Wort. Sie ist ein kleines Luder, dachte Gashansunu und brachte sich im Haus des Westens etliche Jahre früher als es eigentlich üblich war für ein heiliges Amt in Stellung. »Ich nahm drei und drei von ihnen, um in ihren Eingeweiden zu lesen.«
Baassiia nickte mit langsamer, doch schonungsloser Macht. Es schien fast so, als ob ein Fels einen Baum der Aufmerksamkeit für würdig erachtete. »Haben sie dir etwas über die Not der Stadt mitteilen können?«
»Sie beweisen einen weiteren Übergang der Macht über die Mauer. Der unreine Norden entsendet wieder das, was er nicht sauber in seinem Kropf behalten kann.«
Ihr Mittelpunkt sah sich um. Acht Augenpaare erwiderten seinen Blick, drei und drei und drei waren die Zahlen einer Berufung. Gashansunu wusste, dass Ninsunu eine dreckige kleine Lügnerin war, aber ihre Worte schienen einen wahren Kern zu enthalten, selbst wenn sie diese sich aus den Fingern gesogen hatte.
»Wer von uns hat die Farben gelesen?«
Diesmal antwortete Gashansunu. »Die Grüntöne stehen für das, was uns entgegenwächst, unaufhaltsam wie Rittersporn in den stinkenden Gräben des Wucherers. Die Gelbtöne sind die Symbole der Engel, was bedeutet, dass ein fremder Gott seine Lakaien entsendet hat.«
»Wir werden nicht gegen diejenigen tanzen, die diese Melodien verlangen.«
Sie redeten noch eine Zeit lang in ihrem Kreis, wobei jeder Mund ein Wort beitrug, bis die Weisheiten der Stadt aus ihren
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