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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Schnauben. Der Mongole schien fast mit ihm Mitleid zu haben. »Wir werden nach unten gehen, und Sie werden erfahren, was es zu wissen gibt. Dann werden Sie in die Welt hinausfahren und sich auf die Suche nach der Five Lucky Winds machen, um diese Gefederte Maske und die Verräter an Bord dieses Schiffs zu uns zu bringen.«
    »Warum ich? Ich werde an der Goldenen Brücke benötigt, wie Sie eben selbst gesagt haben.«
    »Sie sind der Einzige von uns, mit dem sie gesprochen hat. Sie werden sich ihr vertrauensvoll nähern können, leichter als es irgendein anderer unserer Spione könnte.«
    »Und was soll ich dann machen? Sie wütend niederschlagen?«
    »Sie nach Hause bringen.« Ein fiebriges Funkeln glomm in den Augen des Mongolen. Er schien jeden Augenblick aufspringen und sich selbst auf die Suche machen zu wollen.
    Wang fragte sich, wie solcher Wahnsinn entstehen und irgendjemand glauben konnte, dass er Anteil daran haben wollte.
    Childress
    Die Maske Childress ging mit großen Schritten in die Stadt Panaji, ihren ungeschlachten Diener im Schlepptau. Sie trug ihr ramponiertes, hochgeschlossenes schwarzes Kleid würdevoll wie eine funkelnde Rüstung, dessen Helm die eisengraue Farbe ihrer festgesteckten Haare hatte. Nicht einmal Kugeln hätten solche Erhabenheit zu durchdringen vermocht.
    Der Diener war ein einhändiger Rohling mit schwindendem orangefarbenen Haar und einer Haut, die zu viele Tage unter der Sonne verbracht hatte. Er hatte sich unter beide Arme Geldschatullen fernöstlicher Bauart geklemmt.
    Die Maske war auf diese besondere, subtile Art gefährlich, die Hunde und Bettler das Weite suchen ließ. Man musste sie und ihr Selbstbewusstsein nur in Augenschein nehmen, um zu wissen, dass sie der Ausdruck einer viel größeren Macht war. Die einfachen Menschen Panajis, wie alle einfachen Menschen dieser Welt, verstanden die unterschwellige Bedrohung.
    Das zumindest war Childress’ Hoffnung. Sie ging entschlossen weiter. Außerdem hatte sie al-Wazir bei sich – einen Mann, der im wahrsten Sinne des Wortes bis aufs Blut kämpfen würde. Die Bettler brachten sich in Sicherheit, aber wohl eher vor seinem zornigen Blick als vor ihr.
    Ihr Plan war es, einen Schiffsausrüster zu finden oder eine Eisenwarenhandlung. Sie kannte indische Städte nicht, aber jeder Ort, der erst unter portugiesischer und anschließend britischer Herrschaft gestanden hatte, sollte über ein annehmbares Handelsviertel verfügen.
    Der Grundriss der Stadt war eindeutig europäisch. Stein- und Ziegelsteinfassaden säumten die Hauptstraßen, und in der Mitte befand sich der Kirchplatz. Ein kleiner, widerspenstig wirkender Palast sah von einem Hügel hinter der Kathedrale finster auf sie herab, weil ihm das gen Himmel gereckte Kreuz den freien Blick auf den Ozean versperrte. Childress bemerkte auf ihrem Weg, dass über den Geschäften häufig portugiesische Namen zu sehen waren, aber es gab auch mehrere britische und indische Namen.
    Sie hatte mehr Menschen erwartet, aber schließlich hatten sie diesen abgelegenen Hafen nicht umsonst ausgewählt.
    Kinder, deren Hautfarbe durchnässten Walnussschalen ähnelte, liefen kreischend durch die Straßen. Wie Kinder auf der gesamten Welt schossen sie Konservendosen durch die Gegend, spielten blinde Kuh oder Bockspringen.
    Arbeiter, die nur farblose, schmuddelige Lendenschurze trugen, wuchteten große Körbe mit flatternden Hühnern oder zusammengebundenem Gemüse auf ihre Rücken. Diener und jüngere Töchter aus besseren Verhältnissen gingen mit Krügen, Taschen und Paketen umher; alle trugen einen Umhang, der über eine Schulter gezogen wurde. Einige hatten einen roten Punkt auf ihrer Stirn. Auch die Männer kleideten sich auf unterschiedlichste Weise: Zwei von ihnen hätten Bankiers aus Boston sein können, andere hingegen eilten in langen, gerade herabfallenden Gewändern mit Knopfreihen daher.
    Schließlich landete ihr Blick auf eine Reihe britischer Soldaten unter einer Banyan-Feige. Die Jungs machten eine Pause, rauchten Zigaretten und schienen kein besonderes Interesse an ihrer Umgebung zu haben. Childress bemerkte allerdings, dass al-Wazir den Blick gesenkt hielt. Auch wenn Childress sich vorstellte, dass sie die Macht des von ihr usurpierten Amts wie eine Aura mit sich trug, wusste sie genau, dass sich von diesen Männern niemand für sie interessieren würde.
    »Ich bin nun noch froher, dass wir Kapitän Leung nicht mitgenommen haben«, sagte sie leise zu al-Wazir. »Diese Männer wären

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