Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
Vom Netzwerk:
Nadelstich.
    Als sie ihre Hand öffnete, um den angerichteten Schaden zu begutachten, erkannte sie, dass sich an der Stelle, an der das Krokodil gestorben war, eine winzige Tätowierung abzeichnete. Es handelte sich dabei um eine Karte der Himmel, die den Ring-der-Erde und den Ring-des–Monds zeigte, wie beide die Sonne umkreisten. Sie starrte auf die Markierungen, bis ihr Wachstum ihr Blickfeld ausfüllte und sie durch sie hindurch in den Raum zwischen den Sternen trat, in dem das große Monster geschwommen hatte. Mit einem Tritt stellte sie ihren eigenen Rhythmus fest und passte sich ihm entschlossen an.
    Nach einiger Zeit bemerkte sie, dass ihr wa ihr sehr nahe war und Nervosität ausstrahlte. Vor ihr teilten sich die Sterne und gaben den Blick auf einen großen Wasserfall frei. Ein ganzer Ozean stürzte aus dem Himmel herab, aber ihr wa zog sich vor ihr zurück und wurde immer kleiner im Vergleich zu den riesigen Regentropfen. Dann tauchten zwei große gezahnte Scheren vor ihr auf und drohten sie zu zerquetschen.
    Sie wachte schweißgebadet auf.
    Ihre Hand tat weh.
    Gashansunu wandte erneut das Prinzip des Träumens an, diesmal, um sicherzustellen, ob sie wirklich wach war oder sich auf einer anderen Ebene der Schweigenden Welt befand.
    Diesmal war sie sie selbst. Draußen drohte der Sonnenaufgang, dessen wärmende Strahlen auf die eisig kalten Farben des Obstes trafen, die Welt mit ihrer Zukunft zu konfrontieren.
    Die Bedeutung des Traums war deutlich genug. Sie wurde in einen selbstverzehrenden Kreis hineingesogen. Gashansunu und ihr wa würden sich an den Fallen vorbeikämpfen müssen, um den Weg zu beschreiten, der das Bedauern in der Welt beenden und sie wieder in Einklang zu bringen vermochte.
    Sie stand auf und zog einen Musselinrock mit einem verzierten Gürtel und eine perlenbesetzte Weste an, um ihre Brüste und ihren Rücken zu bedecken. Sie sammelte ihre Umhängetaschen ein – eine für das Versprechen, eine für die Angst und eine für den schlichten Dreck, aus dem der Körper selbst bestand.
    Sie ging die lange Wendeltreppe hinunter, die in diesen Turm hineingeschnitten worden war, und machte sich auf die Suche nach Baassiia oder einen anderen der Kreismagier des Hauses des Westens.
    Gashansunu schloss aus dem Winkel der Kreisbewegungen des träumenden Krokodils, dass sie nach Osten gezogen wurde, in das Inland. Etwa die Richtung, in der sich die Festung dieses bleichen Zauberers befand, obwohl man davon ausging, dass die schon vor langer Zeit zerstört worden war.
    Vögel folgten ihr, als sie die morgendlichen Straßen entlangschritt. Obwohl Gashansunu nicht darauf achtete, so wirbelten doch die Morgennebel hinter ihr auf, erregt und zornig, und sammelten sich auf dem Boden.
    Sie würde Baassiia von ihrem Traum erzählen, und vom Ruf dieser besonderen Stimme. Was immer auch die Welt heimsuchte, es war da draußen. Gashansunu würde es finden und die Dinge in Ordnung bringen.
    Childress
    Sie blickten aus dem Fenster des Lagerhauses, in dem die Paradewagen der Stadt untergebracht waren. Auf den Feldern stand nicht einmal mehr das Vieh. Die Straße nach Panaji war menschenleer. Maschinen waren in der Nähe zu hören, aber sie konnten nichts sehen.
    Al-Wazir stand an der Tür, vier Matrosen bei ihm. Er lauschte angestrengt nach draußen.
    »Können Sie anhand der Geräusche irgendetwas erkennen, Bootsmann?«, fragte sie flüsternd.
    Er wirkte gequält, sprach allerdings in normaler Lautstärke. »Wenn ich draußen wäre schon, Madam. Dieses verdammte Gebäude dämpft sie zu sehr. Ich wage es nicht, nach draußen zu schauen, bevor ich nicht weiß, was hier vor sich geht. Lohnt sich nicht, meinen einzigen Kopf zu riskieren.«
    Einer der Matrosen sah sie an. »Ich kann versuchen, unter das Dach zu klettern«, sagte er auf Chinesisch.
    Childress nickte. »Dann los.«
    Der Bootsmann sah ihm zu, wie er auf der Suche nach einer Leiter durch das Lager rannte. »Jetzt verfügen Sie schon frei über meine Männer.«
    »Unsere Männer.« Sie zwang sich zu einem Lächeln.
    »Es gibt immer nur einen Kapitän auf dem Schiff, Madam.«
    »Er ist unten in der Dunkelheit bei seinem Schiff.«
    Von oben wurden chinesische Worte gezischt, aber zu schnell für Childress, um sie verstehen zu können. Fong, einer der Matrosen, sah zwischen ihr und al-Wazir hin und her – einmal, zweimal, dreimal –, gab dann auf und wandte sich an sie.
    »Es stammt aus dem Himmlischen Königreich. Lu erkennt die Flotte nicht, aber in

Weitere Kostenlose Bücher