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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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diesen Gewässern müsste es die Nanyang Navy sein.«
    Ein chinesisches Luftschiff? Über Goa? »Er sagt, dass es eines ihrer Schiffe ist«, sagte sie zum Bootsmann.
    »Die fliegen hier keine Einsätze«, sagte al-Wazir nur knapp. »Nicht im Normalfall. Es ist viel zu gefährlich für sie, entlang der indischen Küste zu fliegen.«
    »Nun, jetzt fliegen sie einen Einsatz.« Childress kehrte an das Fenster zurück, um hinauszusehen, als das Motorengeräusch an Lautstärke zunahm.
    »Es wendet«, flüsterte Fong. »Lu sagt, ein weiteres nähert sich aus dem Westen.«
    Es ist wesentlich wahrscheinlicher, dass sie auf U-Boot-Jagd sind, als die Unerhörtheit zu besitzen, Britisch-Indien anzugreifen, dachte sie.
    Dann flogen zwei Luftschiffe in ihr Sichtfeld, Kurs Panaji. Es waren definitiv chinesische Schiffe, die lange Flaggen aus schwarzer Seide gehisst hatten. Da draußen fuhr jemand auf den Flügeln der Wolken in den Krieg.
    Der Bootsmann schob die Tür ein Stück auf und sah ihnen aus dem Schatten nach. »Verdammt seien meine Augen, aber werden die Panaji bombardieren?«
    »Wer würde denn Panaji bombardieren?«, fragte sie.
    »Jemand, der der Royal Navy zeigen möchte, wie überbelastet wir sind.« Al-Wazir hatte sich fast vor Lachen verschluckt. »Jedes einzelne Schiff unserer ostafrikanischen Flotte könnte hier sein, und wir wären nicht mal in der Lage, diese Küstenlinie ansatzweise abzudecken. Die Chinesen lassen es darauf ankommen und fordern England heraus.«
    Childress trat neben ihn an die Tür. Rauch stieg von der Stadt auf. Sie konnte Schüsse hören, aber es gab keine Luftschiffe, die den Ort verteidigt hätten.
    Der Tod war für alle dasselbe, egal, in welcher Verkleidung er kam. Childress hatte das von Anneke gelernt, damals an Bord der Mute Swan , vor vielen, vielen Monaten. Das war Teil eines Lebens gewesen, das eine andere Frau geführt hatte; ein unwirkliches Bühnenstück, in dem sie eine festgelegte Rolle hätte spielen sollen.
    »Die Briten werden darauf reagieren«, sagte sie. »Das ist Krieg, kein Scharmützel oder Probe oder Aufklärung. Das wird nicht von irgendwelchen betrunkenen Diplomaten am Kartentisch durchgewunken.«
    »Und welchen Nutzen soll das haben?«, fragte al-Wazir leise.
    »Haben Sie bisher einen Chinesen getroffen, der uns vertrauen würde?«
    »Nein«, antwortete er. »Und das nicht ohne Grund.«
    »Was immer sie hervorzulocken hoffen, es wird gut bewaffnet und gnadenlos sein.« Childress wandte sich an die Matrosen. »Geht zum Kapitän und sagt ihm, dass wir von unseren Freunden in der Stadt auf absehbare Zeit keinen Nachschub mehr bekommen werden.«
    Sie verspürte bei dem Gedanken, dass mit diesem Bombardement das Ende der Weltordnung eingeläutet werden könnte, eine widerwärtige Übelkeit in sich aufsteigen. »Ich werde die Maske sein«, sagte sie in die Leere des Gebäudes hinein. »Die Maske wird diesem Wahnsinn ein Ende setzen.«
    »Viel Glück, Madam«, knurrte al-Wazir. »Wir werden es alle brauchen.«

Sieben
    Und siehe, es kamen sechs Männer auf dem Wege vom
Obertor her, das gegen Mitternacht steht;
und ein jeglicher hatte eine schädliche Waffe in seiner Hand.
Aber es war einer unter ihnen, der hatte Leinwand an und
ein Schreibzeug an seiner Seite. Und sie gingen hinein und
traten neben den ehernen Altar.
    Hesekiel 9:2
    Boas
    Das LIKM Erinyes näherte sich mit kleiner Fahrt dem Tunnellager am Fuß der Mauer. Dichter, doch warmer Nebel über der Bucht von Benin begleitete sie. Leutnant Ostrander stand neben dem Steuermann und sah sich mit fiebrigen Augen um. Der einsame Seekadett hatte mit einer kleinen Gruppe Scharfschützen am Bug Position bezogen, während der Bootsmann mit einer Hand voll Männer mittschiffs auf den Befehl wartete, das Luftschiff zu verlassen und die Lage auszukundschaften.
    Die Abenddämmerung würde sich bald herabsenken, aber im Moment bestand die Welt aus einem einheitlichen, undurchschaubaren Grau. Der Ausguck am Bug murmelte eine kurze Warnung. Ostrander korrigierte die Geschwindigkeit am Maschinentelegraf; die Propellerblätter stellten erst auf Segelstellung, gingen dann auf kleine Fahrt zurück und ließen die unmerklich vorantreibende Erinyes anhalten.
    Wenig später kamen die Triebwerke leise keuchend zum Stillstand. Sie hingen schweigend in der Luft und lauschten der feuchten, toten Luft der Welt.
    »Da«, flüsterte McCurdy und deutete nach unten.
    Boas beugte sich über die Reling, um zu sehen, auf was der Mann zeigte. Der

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