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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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antwortete. Sie standen dicht beisammen, sprachen leise miteinander und warfen mehrere Seitenblicke auf Paolina. Sie lächelte erneut.
    Sayeed zupfte an ihrem Ärmel. Paolina folgte ihm in eine Gasse neben der Kathedrale. Ein Mann in einer langen schwarzen Tracht öffnete auf das gleichmäßige Klopfen des Zwiebelverkäufers eine Seitentür. Er sagte etwas zu Sayeed in einer Sprache, die Paolina nicht kannte, und streckte ihr dann seine Hand entgegen.
    Das Letzte, was sie von Kapitän Sayeed sah, war die Tür, die sich vor seinem offensichtlich enttäuschten Gesicht schloss.
    »Du bist das Mädchen, das wegen der Uhr hier ist«, sagte der Priester.
    Das muss ein Priester sein, dachte sie sich. »Woher wussten Sie das?«
    »Wir sind der Schweigsame Orden. Ich könnte es dir nicht sagen, selbst wenn ich es wollte.«
    »Sie sind nicht sonderlich schweigsam«, merkte sie an.
    Der Priester lachte. »Nein, nicht wirklich.«
    Sie durchquerten ein schlichtes kleines Gelass und traten hinaus in einen großen Raum. Das Innere der Kathedrale war noch irrsinniger, noch aufwendiger in seiner Verzierung. Die Mauern erhoben sich gen Himmel und wurden von einer einzelnen großen Säule getragen. Die seltsamen Schnitzereien auf der Außenseite wurden hier wiederholt, aber zuweilen durch farbenfrohe Bleiglasfenster, geflügelte Statuen sowie Kerzen und Fahnen unterbrochen. Der Gesamteindruck musste ein jedes Auge überfordern. Am Boden standen reihenweise Bänke, die stark nach Weihrauch dufteten.
    Sie würde Stunden benötigen, um all diese Eindrücke in sich aufzunehmen – es war in etwa so, als ob sie sich an einem wirklich klaren Tag a Muralha ansah und dabei mehr Details entdeckte, als ein Mensch in seinem Leben jemals verstehen konnte. Paolina fühlte sich überwältigt.
    »Die Uhr ist dort drüben.« Die trockene Hand des Priesters griff nach der ihren.
    Sie folgte ihm. Der Schimmer lag so schwer in ihrer Tasche, dass sie glaubte, er müsse ein Felsbrocken sein, der sie zu Boden zerrte.
    Al-Wazir
    Am zweiten Tag bestand er darauf, selbst zu gehen. Er ging nicht sonderlich schnell, und seine Fußgelenke schmerzten fürchterlich, aber er hatte kein Interesse daran, sich wie ein großes wimmerndes Kind quer durch Afrika tragen zu lassen.
    Der Messing hatte nichts einzuwenden. Stattdessen erklärte er ihm, was vor ihnen lag. »Wir müssen etwa achtzig bis hundert Kilometer Richtung Westen durch den dichten Dschungel gehen«, sagte er, »bevor wir uns nach Süden wenden und den Mitémélé schneller und sicherer überqueren werden, als es uns sonst in diesem rostigen Elend möglich ist.«
    Rostiges Elend. Eher stinkendes Elend, aber er wollte sich deswegen nicht streiten. »Ja«, murmelte er, »Chinesen auf dem Wasser und in der Luft. Die Wege sind für England nicht sicher, solange Ihre Kaiserliche Majestät nicht mehr Männer ausschickt, um diese asiatischen Scheißhaufen wegzufegen. Dein Plan, uns auf den Weg zum Horn zu machen, ist besser, als die Fieberküste an der Bucht von Benin entlang zu laufen.«
    »Und so werden wir es machen.« Boas sah auf al-Wazirs Füße. »Sie geben die Marschgeschwindigkeit vor, Sir.«
    Der Anfang ihrer Reise bestand aus verwirrenden Rankpflanzen, Schlamm und der mehrfachen Notwendigkeit zurückzukehren, um Hindernisse zu umgehen und dabei freiem Land auszuweichen. Am zweiten Tag hatten sie Wasser zu ihrer Rechten, aber der Dschungel folgte dem Wasser in das Landesinnere. Al-Wazir hielt es für einen Segen, denn das dichte Blätterdach schützte sie vor den Luftschiffen, die sie zweimal über sie hinwegfahren hörten.
    »Ich kann nicht bestimmen, ob sie uns jagen«, sagte Boas an diesem Abend zu ihm. Al-Wazir aß einige saure Früchte, die Boas gefunden hatte, und versuchte, seinen Wunsch nach einem Feuer zu ignorieren, das er sogar in dieser Hitze hätte haben wollen. »Aber auf jeden Fall findet eine Jagd statt. Wir sollten uns nicht in ihren hinterhältigen Fallen fangen lassen.«
    »Wo steckt denn bei dieser Geschichte die Royal Navy?«
    »Das können wir beide nicht wissen.« Also gingen sie weiter.
    Nachdem sie den Mitémélé überquert hatten, richteten sie ihre Schritten nach Südosten, vor ihnen die wuchtige Mauer. Al-Wazir sah im Westen Rauch aufsteigen. Es konnte sich um Ottweills Lager handeln, aber er verspürte keine Lust, das zu untersuchen. Das Einzige, was er tun konnte, um diese Menschen zu retten, war weiterzumachen. Er versuchte, nicht an die Entfernung bis nach Mogadischu zu

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